2023
05.01.2023
Hochverehrtes Publikum,
wir sind spät dran und machen es kurz.
Nachdem wir die Wackereren von Euch in den letzten
Wochen durch ein Tal der Tränen führen durften
(von AmateurweihnachtsUFOdämlichkeiten bis
dialoglastigen, noch dazu unsynchronisierten und
von Unsympathen gespickten
Hong-Kong-Nervtötereien), gibt es nun etwas
fürwahr Gediegenes.
THE HUNGER sieht formidabel aus, in etwa
so, wie heutzutage ein Schlaumeierchen drehen
würde, wenn die 80er übertrieben cool und stylish
re-inszeniert werden sollten – nur dass der Film
eben tatsächlich in den 80ern entstanden
ist, und somit Mythen zu replizieren scheint, die
er selbst mit geschaffen hat.
Wem das zu Meta ist, der oder die oder das kann
sich einfach in eine chromglänzende Flipperkugel
verwandeln und abschießen lassen in eine herrlich
artifizielle Neonwelt, in der Kollisionen
bevorstehen mit David Bowie und Catherine Deneuve;
jedoch: bevor man entscheiden kann wer besser
aussieht, rast man auf in Lack gewickelte
New-Wave-Fatzes zu, nur um BAUHAUS performen zu
sehen, haarscharf an meterlangen Koks-Lines
entlangzuschrammen, den einen oder anderen hotten
Moment im Augenwinkel aufblitzen zu sehen und
zwischen Blut und Make-up-Tricks bis kurz vor TILT
hin- und herzudengeln, bevor man mit einem
Highscore im Orkus verschwindet. Wir sehen von
diesem Ritt gewissermaßen das Replay in Zeitlupe,
weil’s dann noch schicker ist.
Verantwortet wurde dieses Erstlings-Wunderwerk von
Riddely Scotts kleinem Brudi Tony. Beide schafften
es immer, ein bisschen zu overgroundig für unsere
Playlist zu sein. Aber immerwährende Dankbarkeit
sein Ihnen gewiss dafür, jede Menge schrottiger
Rip-Offs ausgelöst zu haben mit Genre-Ikonen wie
TOP GUN, ALIEN, BLADE RUNNER usw., und Tony
schnickte nebenbei sogar ein paar unserer
persönlichen Favoriten raus mit LAST BOYSCOUT und
TRUE ROMANCE.
Exakt 40 Jahre ist THE HUNGER nun „alt“, und damit
einerseits betagt und doch strahlend schön – wie
unsere untoten Protagonisten. Die wirkliche Welt
war etwas unsentimentaler: RIP David, Tony auch,
nur die Madame ist noch da, 80 geworden dieser
Tage. Joyeux Anniversaire!
See you
F&J&A
12.01.2023
Liebe Seelengeschwister,
nachdem uns Tony Scott letzte Woche in eine bizarre,
bis zur Bewusstlosigkeit zerstyledte
Vampir-Wave-Klassikwelt gezerrt hat, in der das
weißeste Weiß gerade weiß genug war und der einzige
schwarze Darsteller, ein gnadenlos deplazierter
Biochemiker, offenbar nur durch massiven
off-Camera-THC-Konsum seine Zeit zwischen
unsterblich konfusen Weißbroten und ratlosen
Berufskolleg:innen erträglich gestalten konnte (im
Verlauf seiner wenigen on-Kamera-Szenen nuschelte er
irritiert seinen Text vor sich hin, während er mit
einer wunderlichen schwarzen Sonnenbrille und später
einem feschen Mützchen angetan, seinen stetig
steigenden Frustlevel und die tiefroten Äuglein mehr
schlecht als recht zu kaschieren suchte), scheint es
uns geraten, eine formal eher gegenläufige Variation
des Themas „Unsterbliche, dämonenhafte Wesen
versuchen, den Irdischen die Party zu versauen“, zu
kredenzen.
Ein kecker Zeitsprung befördert uns 50 Jahre in die
Vergangenheit und direktemang in eine einfache
Wohnung mitten in Harlem, die wir den kompletten
Film über nicht mehr verlassen werden. Nix mit
Schicki-Micky-Beschissener-Wohnen Getue, hier geht
es erdig und rustikal zu. Eine resolute Big Black
Mama schmeißt eine Party und die Dämonen der Hölle
selbst haben nichts besseres zu tun, als
ausgerechnet diese sympathische Zusammenkunft zu
sabotieren, mit, wie sich herausstellen soll, eher
durchwachsenem Erfolg.
Hier regiert nicht eine krude Mischung aus deutschem
New Wave und penetranter Klassik-Musik im freien
Styler-Fall, es wird gemusicaled, gejazzt und
gesoult dass sich die Balken biegen, und das ganze
so entwaffnend unschick und down ta earth, das einem
das Herz aufgeht.
Don’t Play Us Cheap
USA 1973
R/D/alles Mögliche: Melvin van Peebles
Melvin „Sweet Sweetback's Baadasssss Song “ van
Peebles inszinierte 1973 sein Bühnenmusical für die
große Leinwand, und der weitgereiste Erfinder des
Blaxploitation-Genres semmelt uns eine schwarze
House-Party um die Ohren, in der das Multitalent
seine eigenen Soul und Jazz-Ambitionen
(triggerwarnung?) voll auslebt und bei der
Gelegenheit eine Art Protokoll des authentischen
Community-Spirits der späten sechziger Jahre in
Harlem zustande bringt, das bei all seinen mitunter
befremdlich wirkenden Humor– und Supernaturalen
Quatscheinlagen den Wakande-versauten Jungmenschen
dunkler Hautfarbe vor Augen führen mag, wie ein
schlüssiges, von Gemeinschaftssinn und
selbstbewusstem Habitus geprägtes Identitätsbild den
seelenlos durchkalkulkierten
MuskelPrügelSFprotofaschoKitsch unseres an falschen
Vorbildern übersättigten Zeitalters lässig am
ausgestreckten Arm an seiner eigenen überzogenen
Großkotzigkeit verhungern lassen kann.
Die sinnleere Existenz eines inhaltslosen ewigen
Lebens Tony Scottscher Prägung, welches nur durch
das Blut Unschuldiger bewerkstelligt werden kann
(und den „Hunger“ trotzdem nicht ansatzweise zu
stillen im Stande ist), wird ein ausgelassenes, das
sozio-kommunale Leben zelebrierender, uneitler
Gegentwurf gegenüber gestellt, an welchem sich
selbst die albernsten Schergen der höllischen Mächte
die Zähne ausbeißen.
Oha, hören wir da Teile des Publikums klagen,
„Jazz“? „Musical“? Nur drei, vier „vertrippte
Effekte“, keine Explosionen weit und Breit,
stattdessen gutgelaunte Menschen eines uns fernen
Kulturkreises, beknackte Dämonen und ein
grundpositives Gesamterscheinungsbild? Versucht uns
einer der Kuratoren, langsam auf das nächste
„Bierfest/Dirty Grandpa“-Fiasko einzustimmen, wenn
er endlich, endlich die Uncanny-Valley-Extravaganze
CATS zum Entsetzen nicht nur fanatischer
Katzenliebhaber und Action-Splatterconisseure zum
schlechtesten geben wird?
Keine Angst. (Noch nicht...).
Der dieswöchige Film ist ein Unikum, ein äußerst
rares, erst jüngst dank des Wunders der blauen
Scheibentechnologie wieder einem breiten bzw.
breiteren Publikum zugänglich gemachtes, Manifest,
das den amerikanischen Filmkritiker Armond White
veranlasste hat, folgende Zeilen zu verfassen:
I first saw this rarely screened movie during the
Nineties at the Museum of Modern Art. Its
impression lingered and now strikes me as the most
heroic counterpoint to black pop conventions ever
made. In the post-Obama era — when black culture
has been thoroughly coopted by mainstream media,
trading idiomatic essence for political clichés —
Van Peebles’s farcical fantasy about a
Saturday-night party in Harlem reminds us of what
we’ve lost.
By “we” I mean all of America, because Van
Peebles — a man of nonconformist personality, as a
writer, director, composer, and performer–
produced works of quintessential American
imagination and language. He defied the
patronizing approval given to James Baldwin,
August Wilson, and Spike Lee and had the good
fortune to surpass them all. Don’t Play Us Cheap —
with its immense charm, rousing musical turns, and
undeniable folk wisdom — overturns the
presumptions of every cultural institution now
pledged to make statements on “diversity” and
“equity,” instead of making art.
Aha. Kultur. Aber hey, wir sind uns für nichts zu
schade und wie erwähnt, auch übernatürliches und
schräglagig-humoriges wird in den Jazz/Soul Inferno
nicht zu kurz kommen.
„When your film starts with a speech by a rat in
costume, complaining that the devil’s imps fly
around like bats and change shape in order to
harass people so that rats and roaches get the
blame, you know you’re not in the land of
hard-hitting realism.“
Michael Barrett
`nuff said.
19:00 Weißbrot-Talk
20:00 Jungelfieber ohne Camp
J+F+A
19.01.2023
こんばんは , Konbanwa, ihr Langnasen.
Ihr entgeht zwei Herausforderungen, aber nur für
dieses Mal – demnächst gibts dann kein Erbarmen und
zweiddreiviertel Stunden unsynchronisieren
tschechischen Kinderirrsinn mit Musikdarbietungen
und zwei Stunden japanischen, körnig gefilmten Punk.
Wenn wir Euch festbinden könnten, wär das sogar ein
Double Feature, aber davor bewahrt Euch das
Digitalformat. Schade eigentlich.
Es hätte noch mehr Anknüpfungspunkte an das
letztwöchentliche all-black klaustrophobische
Musical gegeben, etwa mit was
reinweiß-klaustrophobischem ohne Gesang, bei dem
eine Party deutlich effizienter gesprengt wird, als
es der Deibel zuletzt nicht hinbekommen hat. Aber
das war uns für dieses mal zu grausam. Sogar wir
haben solch sensiblen Momente!
Aber was zeigen wir denn nun, fragt ihr
ungeduldig und zurecht… Also: wir nehmen uns die
Freiheit, ganz ohne inhaltliche und formale
Überleitungen den zweiten Teil der SISTER
STREETFIGHTER Serie rauszuhauen, einfach weil wir’s
sind. SISTER STREETFIGHTER – HANGING BY A THREAD ist
interessanterweise wörtlich zu nehmen, denn die
Macher entschieden sich, ihrem Überraschungserfolg
ein würdiges und unverwechselbares Sequel zu
verpassen, in dem quasi alle Selling Points des
Originals repliziert werden. Aber wer könnte etwas
dagegen haben, noch mal diverse obskure
Kampfkunst-Unterarten mit Freezeframes und
umgehender Anwendung vorgestellt zu sehen, noch
mal unsere Protagonistin zunehmenden Groll in
zunehmenden Prügelorgien abreagieren zu lassen, noch
mal ganze Wohnzimmer voll schurkiger
Knallchargen in bunte Polyesterhemden schwitzen zu
sehen, und eben noch mal einen Bossfight an
Drähten zu goutieren. Unter vielem anderen. Wir
nicht!
Bye bye Harlem 1973, bye bye Soul & booze
hangover, hello Japan 1974, hello trouble, hello ACTION.
See you!
F&J&A
19:00 Tauschbörse für extralange Koans
20:00 Ein Schlag sagt mehr als tausend Worte
26.01.2023
Liebe Freund:innen der Nacht:
Das Thema Vampirismus / Kapitalismuskritik / Musical
hat sich sozusagen in unserem Repertoire
festgebissen! Gegeben wird
FANGS! /Anyab
Ägypten 1981
D/R.: Mohammed Shebl
Es fängt ganz harmlos und für uns TMN-Profis
gänzlich unüberraschend an:
Hocherfolgreiches Format entdeckt (Rocky Horror
Picture Show), ohne Geld und mit viel Verve von
irgendwelchen unterbezahlten Knallchargen
nachgespielt, check.
Kein Geld für eigene Musik? Wozu hat derdiedas
Allmächtige die Schallplatte erfunden, da gibt es
doch schon genug fertige Filmmusik zum klau...- äh
wiederverwenden, Jaws, Pink Panther, Morricone -
Check.
Schmissige Musical-Einlagen in schmachtendem
Arab-Style? Checkomat.
Kein Geld für Effekte? Wo ist das Problem? Pappe,
Balsaholz, Spucke und Styropor gibt es an jeder Ecke
der Pyramide und alles sieht irgendwie aus,
wenn nur genug Discomusik scheppernd die rührende
Schäbigkeit in die sabberig debile Welt des
belanglosen Pop-Deliriums transferiert.
Doppel-Check.
Genderfluide Transvestiten, die in einem
Horror/SF/Biker-Retroszenario...
STOP!
TransWAS? GenderHÄ? Mal immer ganz langsam, mal
schön vorsichtig, dergleichen ist im Jahre derdiedes
höheren Wesens 1981 in Ägypten gar nicht gerne
gesehen. Das kürzen wir mal schön raus, da seien die
Götter:innen und die soziokulturelle Norm vor.
Und dann diese Horror-Sache: Die originale Rocky
Horror Show verstand sich neben den genderfluiden
Trans-gay-queer-etc.-Thematiken in erster Linie als
eine Homage an die US-Horror/SF/Biker- und
Schundfilme der 50er und 60er Jahre, namentlich die
Ergüsse der berühmt-berüchtigten RKO Radio Picture
Features Produktionen und eigentlich alles, was die
Hollywood / Hammer Giftküchen des Westens so
zusammen gepanscht hatten.
Im Ägypten der frühen achtziger Jahre hingegen war
die Produktion von Horrorfilmen aus
religiös-gesellschaftlicher Sicht verpönt (Gesamte
Produktionszahl von Horrorfilmen in diesem, immerhin
schon damals auf eine die längste Filmgeschichte der
arabischen Welt zurückblickendem Land: Nil bzw.
Null!).
So betrachtet war das Unterfangen, eine
Horrorkomödie in die verstockt-religiös-konservative
Filmlandschaft zu injizieren, nachgerade ein Akt
avantgardistischen Bilderstürmertums, zumindest aber
im derzeitigen Klima durchaus gewagt und nicht
unriskant. Nun, Mohammed Shebl ließ sich nicht
beirren, schmiss alle gar zu kontroversen Inhalte
kurzerhand hinter die erstbeste Düne und tauschte
den proto-woken Subplott kurzerhand gegen eine
kapitalismuskritische Parabel auf die Gefahren der
von Sadat heraufbeschworenen Öffnung gen Westen, in
der das Bild des Vampir-Blutsaugers weniger als
mystizistisch-heidnisches Spektakel denn als
verkappte Kapitalismus-Groteske im
satirisch-modernistischem Pop-Gewand gelesen werden
kann. (Jep. Frank'n'furter ist hier schlicht und
ergreifend Drakula und bescheisst mit seinen
Vampirlegionen den ägyptischen Kleinsparer und
-Unternehmer um sein redlich verdientes karges Brot.
Sehen sie, geneigte Zensoren? Kein ketzerisches,
amoralisches Brimborium, weil: Vampire sind eben
doch keine sexuell fragwürdig aufgestellten
Horrorwesen sondern hochreale Betrüger und
Erzkapitalisten, die den einfachen Menschen
buchstäblich aussaugen).
So recht gedankt hat das Publikum Shebl seine
Bemühungen leider nicht. Der Film galt als zu
„Lowbrow“, fiel durch und nach drei weiteren Filmen
musste er mit nur 47 Jahren zu allem Überluss den
Weg ins Duat antreten. Würdigen wir also die
ägytische Extravaganze in seiner ganzen SD Pracht
gebührend mit Bloody Marys oder vergleichsweise
haramen Köstlichkeiten in Rot!
J+F+A
02.02.2023
Yo!
Liebe Freund:innen der ungepflegten
Bilderstürmer-Extravaganzn (sic),
Es ist mal wieder so weit:
Aufgrund einer temporären drastischen Reduzierung
unseres Kuratoren-Trios um etwa ebbes
Prozent sehen wir uns genötigt, GEWAGTE SPAGATE zu
vollführen und besagtes abwesendes
Kuratorium-Drittel nicht um den Genuss gewisser
Highlights zu bringen und dennoch vollstoff auf die
Abseitige TV/Video/Cineastenkacke zu hauen, um das
Stammpublikum zu seinem/ihrem Recht kommen zu
lassen.
Bleiben wir also noch ein wenig bei Musik und Film
in jedem, und wir meinen diesmal tatsächlich: JEDEM
erdenkbaren Kontext.
Ihr so: in welchem Kontext nochmal, diggaz?
Wir so: in ALLEM Kontext, Dünnaz!
Haben wir nun schon so einige wichtige Schritte auf
dem 10-Stationen-Weg zur Desensibilisierung unserer
(nicht mehr ganz so frischen) fein-stofflichen
Künstlerseelen zurückgelegt (...das Ziel, wie schon
des öfteren geteasert: uns für ein Screening der
CATS Verfilmung weich zu kochen muuhahaha!!!), gehen
wir das Thema „Musik: Wunsch, Wirkung, Wahn und
Wirklichkeit“ diesmal mit Hilfe unserer Geschwister
im Geiste EIT! (Everything Is Terrible!) an. Die
famose Hardcore-Editing-Riege aus dem fernen Land
jenseits des großen Tümpels hat uns mal wieder die
Drecksarbeit des Sichtens unglaublicher Mengen
dubiosen Bewegbildmaterials abgenommen und alles,
was der kollektive Bilderzeugungskosmos zum Thema
„Hip Hop – Aufzucht und Hege“ auszuspucken sich
nicht entblödet, in eine famose Superkollage von
schmalen 47 Minuten zusammengeschustert.
Das mag uns ein wenig kurz vorkommen, aber alle, die
bisher das Vergnügen hatten, die
psychedelic-Hypercut-Schnodderigkeiten der
mutmaßlich Substanz-affinen
Künstler:innen-Lümmel:inen in unserer kleinen
Veranstaltungsreihe zu goutieren, wissen, ahnen,
fürchten, dass diese 47 Minuten gerne wie 4 Sekunden
und 7 Stunden gleichzeitig wirken
können.
EIT! Does the Hip-Hop Vol. 1: Gettin' A Bad Rap!
USA 2013
Found Footage / Alles Weitere Everything Is
Terrible! Kollektiv
Hip-Hop – was ist das eigentlich für eine:r? Welche
Spielarten geistern so durch den Äther, was kann,
was muss, und was sollte auf keinen Fall quoa
Stilmittelius Hip-Hoppikus transportiert bzw. an die
Menschheit gebracht werden?
Was will H-H von uns, was wollen wir von ihm, womit
sollte er uns in Ruhe lassen, wo überrascht er uns
und wo treibt er uns Tränen der Scham in die
Trashfilm gestählten Pupillen? Fakt ist, dass der
kommerzielle Siegeszug des Hip-Hop, dem sattsam
bekannten Muster der Assimilierung, unbotmäßigen
Aneignung und kapitalistischer Ausbeutung einer an
sich sehr guten und spannenden (seinerzeit) modernen
musikalischen Underground-Ausdrucksform folgend,
unzählige unbedarfte Nachahmer, sich pfiffig
An-die-Jugend-heran-schmeißen-Woller, zynisch
dubiose Botschaften in der Mogelpackung
authentischer Jugend bzw. Ghettosprache-Verpacker
und jede Menge anderer Hiphop-Goldrausch-Akteure auf
den Plan rief (und bis zum heutigen Tag noch ruft).
Werbung, Kindershows, Pro-Karate-Propaganda, immer
wieder der coolste Rapper von allen: Jesus
Christ-Hop, Werbung, mehr Werbung, Kinodesaster
al`la Teenage Mutant Ninja Turtles, Werbung,
gleißend weiße Hip-Hoper:innen, aber auch
Sicherheitsunterweisungen und Arbeitstrainingsvideos
im Hip-Hop-Style, erwarten uns, Stuss-Core-Gerappe
mit dem schwerlich erreichbarem Ziel, irgendwie in
die verkrusteten Gehirne gelangweilt in den
kümmerlichen Seminarraum-Stühlen hängender
zukünftiger Schnellimbiss-Mitarbeiter:innen zu
gelangen, werden geboten, ach was, per
audio-visuellem Bilderwaterboarding geradewegs durch
unsere Pupillen in unsere wiederum eher
geschmeidig-weich „gerittenen“ Gehirne gepumpt.
Nebenbei bemerkt, kommt dieses Installment der
wackeren Edito-philen NY-Videotrüffelschweine
ausgesprochen tight daher: formal sehr
diszipliniert und mit besonderer Rücksicht auf den
korrekten Flow auch musikalisch aufgepeppt, wurde
keine Mühe gescheut, durch cleveres unauffälliges
Remixing von an sich schon großartigem
Ausgangsmaterial, einen absolut kohärenten Misch
zuwege zu bringen, der den Eindruck eindrückt, man
habe ein wirklich schmissig-durchgeballertes
einstündiges Gesamtkunstwerk-Video und keinen
bizarren Flickenteppich unterschiedlichster
Medien/Genres/und-auch-sonst-so-Formate, vor sich.
Danken wir also den Mächten:innen, die da
vielleicht, vielleicht auch nicht, unseren Weg durch
dieses beknackte Universum so unterhaltsam
mitgestalten und/oder gehen, dass es Menschen gibt,
die nicht müde werden, uns immer wieder mit den
Welpen-Schnäuzchen tief in die schillernde bunte
Welt des zivilisatorischen Eigenkotes zu stupsen
(und sich dafür wahrscheinlich auf ewig und immer
die eigenen armen Künstler:innen Seelen durch das
Sichten dieser Unmengen von abseitigem Material zu
Schanden geritten haben mögen)!
Well, und wenn 47 Minuten euch dann doch etwas zu
kurz vorkommen, gibt es im Anschluss noch
Gelegenheit, Du-Röhre kompatible Hipps-Hupps
Extravaganzen-Wünsche zu äußern, auf dass jeder mal
einen seine:r
Lieblings-Schrott-Hopp-Staun-Und-Wunder-Tips
loswerden und der Allgemeinheit darbieten kann.
19:00 Hip we ain;t!
19:00 Hop we shall!
+ (eventuell)
After-Aua!
J+F+A
(Jooh, Fuuck, Ayee)
PS: Wer musikhistorisch vorglühen möchte, gehe
MORGEN ins Filmmuseum und hole auf
Kulturbürgerniveau nach, was wir schon vor Jahren
gaben: den ganz unglaublichen SPACE IS THE PLACE.
09.02.2023
Es war doch alles gerade so schön übersichtlich und
aufgeräumt.
Wir konnten miterleben, wie entspannend ein Abend
ablaufen kann, wenn man sich auf klare Absichten
einigt: Whisky saufen, singen und Party machen, bis
alle vollgefressen und angeschickert nach Hause
schwanken können. So gesehen in DON'T PLAY US CHEAP,
in dem auch die stoische Abfilmerei menschengroßer
Stofftierchen nicht weiter irritieren konnte ob des
unbeirrbaren Willens-Of-Color, sich nen Deibel um
den morgigen Kater zu scheren.
Letzte Woche dann formale Straightness vor dem
Herren durch akribischstes Einsammeln und
Zusammenpuzzeln von HipHopsereien. Schnell zu
verstehen, wenn auch das Hirnkasterl TERRIBLE
nachdröhnen lassend wie eine billige Boombox.
Selbst unser erster ägyptischer Beitrag FANGS
bewegte sich bei genauem Hinsehen in einem
schlüssigen kulturellen Korridor, wenn auch einem,
in den wir uns noch nicht verirrt hatten – was ja
einiges heisst.
Nun aber HUMAN HIGHWAY. Man weiss gar nicht, wo
anfangen mit den Unwahrscheinlichkeiten, die einem
da entgegenpurzeln: Hält man es für plausibel, dass
die Americana-Ikone Neil Young Ende der 70er Jahre 3
Millionen Dollar in einen Film gesteckt hat, in dem
er unter seiner eigenen (pseudonymisierten) Regie
einen notgeilen, schielenden Trottel spielt? Mit
„lustiger“ Brille? Gitarre zupft, während etwas
anderes in einem Laufstall sitzend Hey Hey
My My winselt? In dem nach einem Drehbuch der
ehemalige-Kinderstars-gone-drogenverseuchte-Althippies
Dean Stockwell (BONANZA, PSYCH-OUT, DUNE, MIAMI
VICE, BONANZA: THE RETURN) und Russ Tamblyn (WEST
SIDE STORY, TARZAN, SATAN'S SADISTS, TWIN PEAKS) weitere
David Lynch Protagonisten auftauchen (der halbe
EREASERHEAD-Cast sowie als hochwillkommene
Dreingabe Dennis Hopper auf dem Weg in seine
kokainhaltigste Phase).
So weit, so West Coast, aber warum in einer Neil
Young Produktion DEVO (of all people) prominent
gefeatured werden, und zwar als sangesfreudige, und
tja verstrahlte Arbeiter einer Atommüllfabrik, ist
fast so schwer zu fassen wie der Umstand, dass
ausgerechnet diese No-Wave-Blödelköppe
verantwortlich sein sollen für die lyrische Parole Rust
Never Sleeps, unter der wiederum der gute Neil
seine nächsten Millionen anschaffen konnte.
Das ganze Schlamassel brauchte vier Jahre bis zur
Fertigstellung, und es bleibt unklar ob das so ist,
weil zwischendurch keiner mehr nüchtern genug war
weiterzumachen oder zu nüchtern, um weiterzumachen.
Die Wenigen, die den Film bei seiner
Veröffentlichung 1982 im Kino sahen, wendeten sich
ob des konfusen, hyperaktiven, endzeitlichen
Scheintiefsinns mit Grausen ab, und das nicht mal zu
unrecht. Ein Grund mehr für uns, sich der Sache
anzunehmen. Wir sehen den restaurierten Directors
Cut, in dem der riskante Farbsättigungs- und
Rückprojektions-Overkill voll zum Tragen kommt.
See you!
F&J&A
16.02.2023
Schluss mit Lustig.
Wir bleiben zwar im Westen, aber: So long
Musicals, so long Dorftrottel-Romantik, so
long Impro-Theater, so long Stoner
„Humor“, so long Ethno-Kitsch.
Howdy Ultrabrutale, Staub, Schlamm,
Männerschweiss, Sonnenbrand, wundgerittene
Arschlöcher, Schusswunden und Niedertracht von früh
bis spät.
Dass die Amerikaner in diesen Disziplinen keineswegs
zurückstecken wollten gegenüber ihren nihilistischen
Spaghetti-Kollegen, stellten sie 1971 ein für
allemal klar.
Es gab so manch pessimistische Spätwestern, die sich
nicht für ein Kino-Date eigneten, aber wer THE
HUNTING PARTY für einen unterhaltsamen Samstag
Abend aussuchte, bekam wohl keine zweite Chance.
Unsere Playlist besteht aus überdurchschnittlich
vielen Filmen, die bei Veröffentlichung von der
Kritik nur mit der Kneifzange angefasst wurden und
in etwa so viel Publikum hatten wie es Sommeliers in
Saloons gab. Dies ist einer mehr davon: nach der
Premiere umgehend von der Leinwand verschwunden und
dazu verdammt, gelegentlich im Nachtprogramm
aufzutauchen, verstümmelt wie manche Hombres nach
ihren Auftritten darin, und unter dem unpassend
lyrischen Titel Leise weht der Wind des
Todes. Leise ist hier gar nichts. Der Mensch
ist nicht des Menschen Wolf, sondern des Menschen
Mensch – nur der bekommt es hin, die Welt zur Hölle
zu machen und noch dreckig drüber zu lachen.
Warum um Himmels willen sich sowas antun?
Valide Frage, auf die „verdammt gut gemacht“ nicht
die einzige Antwort sein kann (waren
Reichsparteitage auch, danke, einmal genügt),
vielleicht eher „seinerzeit neue Standards setzend
bezüglich illusionsloser Darstellung toxischer
Männlichkeit“? Oder um nerdigen Diskussionsstoff zu
bekommen hinsichtlich innovativer Waffentechnik um
Achtzehnhundertschlagtsietot? Spekulieren zu können,
ob das Red Dead Redemption Entwicklerteam
den Film kannte? Oder um Gene „Hackfresse“ Hackman
von einer unerwartet widerwärtigen Seite zu sehen,
just im coolen French Connection Jahr? Oder
um rauszubekommen, warum in Dreiteufelsnamen es
Candice Bergen kurz nach dem Wiegenlied vom
Totschlag in einen noch blutigeren Western
verschlagen hat. Und natürlich, sich auf die Suche
zu machen nach einer Message, die das ganze Elend
rechtfertigen könnte. Viel Glück. Lupen werden nicht
gestellt.
Triggerwarnungen? Einmal quer durch den Garten.
Dennoch und grade drum: See you!
F&J&A
19:00
“Give me your tired, your poor,
Your huddled masses yearning to breathe free,
The wretched refuse of your teeming shore.
Send these, the homeless, tempest-tost to me ...
20:00
I’m gonna kick the shit out of 'em.“
23.02.2023
Weh, weh, liebe Kummer verwöhnte Gemeinde,
nach dem der Pfirsichwestern „Hunting Party“ so
manch' zarter Seele unseres quasireligiösen
Filmbetrachter:innen Zirkels derbe Tiefschläge
verabreicht hat, ist mit Blick auf den dieswöchigen
Film Low Blow eine gewisse nervöse Skepsis durchaus
verständlich:
LOW BLOW
USA 1986
R: Herr Harris
Nicht nur heißt der amerikanische 1986er
Genre-Rüherquark mit Kung Fu-Semmelbröseln und
Stuss-Soße buchstäblich „Tiefschlag“, auch
diesmal bricht ein fragwürdiger Haufen gammelig
schillernder Gestalten (ein verwahrloster ex-Cop,
Meister des langsamsten Kung Fu Stils der Erde und
beeindruckend motivierter
Autoabwrackprämienbetrüger, der obligatorische
Vietnam Veteran und ein muskelbemopster Boxer) durch
äh auf, um ein entführtes Oberschichts-Töchterlein
aus den Händen ebenfalls extrem schmieriger
Gesell:innen zu befreien, die als kultisch
verschusselter Sektiererhaufen von keinem Geringeren
als Cameron Mitchell (komplett mit „Die Rückkehr der
reitenden Leichen“-Kapuzenkutte und beseelt von der
Idee, 99,9% seiner kargen Screentime sitzend,
liegend, lümmelnd, aber um Gottes Willen nicht
stehend oder gar sich bewegend, zu verbringen) und
seiner Hohepriesterin slash Geliebten, angeführt
werden und die bedauernswerte Dame und ihre
Leidensgenoss:innen zu so seelenzerstörenden
Aktionen wie mal ein wenig was buddeln,
zwingen.
Das ikonische Western-Ross wird durch ein schäbiges,
defektes Automobil ersetzt, mit dem der abgewrackte
„Yellow Trash“ ex-Cop Joe Wong (gespielt von Leo
Fong), seine liebe Mühe hat, der kompromisslos
versiffte Hyperrealismus-Look des Spätwestens findet
sich im nicht minder realistisch gezeichnetem
Asozialbau-Ambiente der mittleren 80er wieder und
wehte in „Hunting Party“ noch ein bedrückend
nihilistischer Bohnenfurz und Angstschweiß
geschwängerter Wind durch die staubige
Endzeit-Westernlandschaft, so keucht uns diesmal das
irgendwie-alles-scheißegal-Lüftchen der
resignierten mittleren achtziger Jahre von Leinwand
und Bildschirm entgegen.
Diesmal aber lässt sich die Verfolger bzw.
Befreier-Posse nicht auf schäbige Wall-Cheats und
Sniper-Camper-Lutscher-Moves ein, hier blüht in der
gammeligen Tristesse um und im Helden Fong Wong Pfui
tatsächlich so etwas wie Ehrenhaftigkeit, selbst
wenn dessen schon beinahe an Publikumsverachtung
grenzende Dauergelassenheit die Frage provoziert, ob
da überhaupt etwas in, um und um Fong herum
passiert, bzw. warum er nicht diesen ganzen
Filmkram einfach sein lässt, wenn ihn absolut alles,
wenn es nicht mildly annoying ist, komplett
am Arsch vorbei zu gehen scheint.
Aber vielleicht tut man den Machern des Werkes
Unrecht. Womöglich ist auch dieses launige, feucht
gewordene Feuerwerk aus slowmo-Fu, underacting und
heillos mit sich selbst überfordert seienden
Darsteller-Darstellern, ebenso ein Abgesang auf die
Genre-üblichen Macho – Übermenschen – mit – ohne –
Dienstmarke – Mackereien, wie es der in
resignierter, abgestumpfter Hoffnungslosigkeit
herumdümpelnde „Hunting Party“ zu sein vorgibt.
Gut, es gibt natürlich in der merkwürdig
entschleunigten Welt von LOW BLOW trotzdem
unbekannte und unbekanntere Nebendarsteller:innen,
die in der ein oder anderen Szene so etwas wie
Freude am Machen und Tun demonstrieren, und wir
können uns einmal mehr auf Dreschedeppen,
Schweißschwachmaten, Matschmacker und Muskelmädchen
im Hinterhof-Ring freuen, die sich gut gelaunt durch
die Gegend prügeln. Und auch Herrn Harris gelingen
immer wieder Kamerabilder, die dem minimalistischen
Budget hie und da eine gewisse Ansehnlichkeit
abtrotzen.
Für das ohnehin gebeutelte Action-Publikum der
Achtziger allerdings, das mit Plakaten, welche
wahlweise namenlose gestählte Ölmuskelgötzen oder
gar Jan Klaus van Dammbruch (als vorgeblichen
Regisseur und Darsteller des Films) präsentierten,
in die Kinos und Videotheken gelockt wurden, um
entsetzt feststellen zu müssen, dass besagte
Kraft-durch-Schund-Figuren nirgends auch nur in der
Nähe des Filmsets, geschweige denn auf der Leinwand
zu erspähen waren, dürfte der ikonoklastische Ansatz
des Films allerdings nur tertiär von Interesse
gewesen sein, und ein all zu großer Erfolg war weder
dem Film noch den Karrieren der Herren Harris und
Wong beschieden.
(Wir behalten uns die Möglichkeit vor, den Streifen
„Killpoint“ des selben undynamischen Duos zu sichten
und gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt zu
kredenzen. Ob vor oder nach der Aufführung von CATS
ist noch offen).
J+F+A
02.03.2023
Liebe Gemeinde,
es gilt zu würdigen, dass unsere persönliche
Biografie nicht nur engstens verwoben ist mit
kultur- und mediengeschichtlichen Entwicklungen,
sondern dass sich binnen unserer Lebensspanne der
komplette Aufstieg UND Abstieg epochaler
Technologien abgespielt hat. So lange halten wir
schon durch. Und selbst eine retrospektive
Zusammenfassung unseres dieswöchentliches Themas
konnte vor nunmehr bereits 10 Jahren letztgültig
abgeschlossen werden. Höchste Zeit, ebenfalls einen
Toast auszubringen auf … VHS!
Wir sehen – vorsichtshalber mit einem TMN HARDCORE
Disclaimer versehen – eine Dokumentation aus dem
Jahre 2013, in der VHS Spinner und Sammler erklären,
was ihnen (und uns) die Nicht-mehr-ganz-so-Jugend so
aufregend gemacht hat. Wühltische, sündteure
Import-Tapes, Nerd-Messen, Toplader, Frontlader,
Videotheken: eine fröhlich hohe Flashback-Frequenz
für alle die dabei waren, und stinklangweilig und
unverständlich für alle Generationen nach uns.
Wir sind Ich-hab-fast-noch-einen-Zeppelin-gesehen,
Knapp-nach-Hochrad-kam-Bonanza-Fahrer,
Konfirmations-Anzug-Träger, Bleibenzin-Einatmer mit
Atomtestresten im Gerippe, Faxer,
Schnurtelefonierer, Münzen-in-Automaten-Werfer, Ich-hab-vergessen-Zurückzuspulen-und-muss-mich-von-dem-ungewaschenen-Creep-hinter-dem-Tresen-ankacken-lassen-Typen.
Ihr könnt das decodieren. Das kann uns keiner mehr
nachmachen.
Uh, aber einen Film gucken über Typen, die Filme
gucken, und zudem möglicherweise jede Sekunde
erdrückt werden von bedenklich überladenen Regalen
voller Kistchen mit Kästchen mit Bändchen drin?
Well, dieses Very-Special-Interest-Special
ist erfreulicherweise ebenso informativ wie
unterhaltsam. Nebenbei schließt sich der Kreis,
indem so mancher bei uns gescreente obskure Streifen
auch bei den Spinnern hochangesehen war, wenn sie
denn damals rankamen. Man guckt sich ein bisschen
selbst zu, bzw. alternativen Reinkarnationen (mit
denen man letztlich aber dann doch nicht tauschen
möchte).
Ob’s irgendwann eine Weisst-Du-noch-wie-das-bei-TikTok-war-Doku
gibt, mit ähnlich warmen Gefühlen?
See you!
F&J&A
19 Uhr Vorspulen
20 Uhr Bandsalat
(gegeben ward ADJUST YOUR TRACKING)
09.03.2023
Déjà vu, liebe Filmfreak*innen und -*aussen,
Déjà fucking vu, oder wie es unsere italienischen
Mitmenschen formulieren würden, wenn die Welt ein
bunter, unschuldig-verschusselter semirassistischer
Cartoon mit etwas zu groß geratener Klappe wäre:
Deeeeja vuuue strooonzos!
A Pro Pos (Fluß in Italien, zwei Buchstaben,
Mehrzahl):
Kommt uns dieser Film, den zu sehen wir eigentlich
erst zur üblichen TMN Time das fragwürdige Vergnügen
haben, nicht schon mal gesehen, ach was,
durchlitten, vor?
Gab es da nicht eine ganze Reihe quietsche-bunter,
in entzückendem Retro-SF-Look zusammengebastelter
Sf-Schmonzetten des profilierten
Scheißdreck-Regisseurs Antonio Margheriti, die in
ihrer überbordenden Fabulierfreude und stilsicheren
Schäbigkeit immer irgendwie zwischen rasend
unterhaltsam und fast schon quälend langeweilig
herumschlingerten und so einigen von uns ob der
komplett zusammenhanglos dahin geräudeten
Handlungsstränge die lauwarmen Schweißperlen der
Unter-UND Überforderung auf die blassen Stirne
zauberten?
Ja? Nein? Vielleicht? Schwer zu sagen, hat Meister
Margarine doch in den tiefen Sechzigern mit
diebischer Freude nicht nur immer die gleichen
Schauspieler und Schauspielerinnen, in hundertfach
recycelten Billo-Sets und austauschbaren,
nichtsdestoweniger todschicken
Retro-Futurismus-Laibchen angetan, durch konfuse,
back-to-back produzierte Wischi-Waschi-Szenarien
gehetzt, sondern auch in nur 2 schlappen Jahren 5
(!) lose zusammenhängende SF-Trash-Gurken
zusammengebastelte, die eindrucksvoll bewiesen, dass
die etwas skrupellosere Riege der italienischen
Schrottregisseure wahrhaftige Meister des Prä
Postmodernen Hühner- und Ideendiebestals waren,
lange vor der schier tsunamiesken Welle der Star
Wars 100-Lira-Shop-Epigonen, die sich dann in den
späten Siebzigern und kompletten Achtzigern über
unsere Leinwände ergoss.
Nun, 5 mal "Omega1, 2, 3..." ist keinmal Omega 7,8
oder Drelfzehn, und was Margaritino in den
Sechzigern billig war, ist Herrn Alfonso Brescia
(wie sein Kollege Baujahr 1930), seines Zeichens
„Alles – und billiger als billig!!!“ Filmer und uns
TMN Langzeitversuchskaninchen beileibe kein
Unbekannter (siehe TMN Playlist), augenscheinlich
zwanzig Jahre später noch lange nicht billig genug.
Und fünf Filme kriegte Georgio Lucasio natürlich
ebenfalls locker aus dem Steißbein gedrechselt: Anno
zero: guerra nello spazio, Battaglie negli spazi
stellari (aka Battle of the Stars), La guerra dei
robot, Star Odyssey und The Beast in Space (siehe TMN
Playlist 2016. Zitat aus dem Einladungstext
von Neumanneumannneumann: “Fickende Pferde,
anyone?“) drehte der gute Mann, und, wie er es
von Co-Altmeister Margeriti Staggioni gelernt hat,
mit den gleichen Stars, in den selben Kostümen, mit
den nämlichen Raumschifflein und an den üblichen,
seit den Sechzigern gefühlt 1000000 mal recycelten
Minimal-Sets. Komplettiert wird die Verwirrung durch
eine mehr als undurchsichtige
Veröffentlichungspolitik, die hier
https://trashfilmguru.wordpress.com/2015/12/14/attack-of-the-clones-battle-of-the-stars/
vergnüglich und außerordentlich charmant von
Kollegen des abseitigen Filmgeschmacks in voller
Pracht und gesprenkelt mit rührenden Anekdoten,
siehe Kommentarspalte, beschrieben ist und besonders
im Kontext unseres letztwöchigen Doku-Features
einmal mehr einen verstörenden Einblick in die
wunderliche, von Enthusiasmus und menschlicher
Enttäuschung geprägte Welt der
Scheißfilmenthusiasten gewährt.
Kein Wunder also, wenn da einer oder einem oder
Eminem das ein oder andere Detail bzw. der ganze
verdammte Film irgendwie bekannt vorkommen muss!
Nun ist es also an uns, in den schicken, very lowfy
Retro-SF-Abfallhaufen zu tauchen und zu ergründen,
warum all die bizarren Ideen, die in Wort und Bild
verlockend und aufregend erscheinen,
hustWeltraumzombiemumienhust, in Realiter so
nervenzersetzend dröge und blutleer daherkommen,
dass es schon wieder eine beachtenswerte Leistung
ist.
Aber wir leben in aufregenden Zeiten voller
technologischer Wunder und grotesken Horrors,
stattfindender und in den Startlöchern ungeduldig
scharrender Katastrophen jedweder Coleur, die am
Nervenkostüm zerren, und da tut eine Prise angenehm
aus der Zeit gefallener, verblüffender Langeweile
mit schicken Farben und psychedelischem Soundtrack,
der sich einfach um gar nichts mehr schert, der
geschundenen Psyche gewisslich gut. Nix zu danken,
da nich für.
Freuen wir uns also auf einen ultra raren und
dennoch schon schon tausendfach gesehen wirkenden
Film aus einer Zeit, als der spätsiebziger
Zeitgeist- Scherbenhaufen aus exzessivem
Substanz-und Popkonsum, aus Retroverliebtheit und
brutalistisch schlampiger, geistiges Gedankengut mit
allen Hufen tretender „Leck-mich-am-Po
(italienischer Fluss mit 2 Buchstaben)- Haltung“ die
unverderbliche Saat des sarkastisch-nihilistischen
Plagiat-Kinos einmal mehr zur vollen schäbigen
Pracht erblühen lies.
Wie es Brudi im Geiste Dan Whitehead auf
Letterboxd.com richtig formulierte:
„I'll never stop being amused that George Lucas
was inspired by old Flash Gordon serials to make
an updated version with Star Wars, and then Star
Wars inspired every low budget producer to churn
out modern movies that looked almost exactly like
old Flash Gordon serials. Circle of life, man.“
Deeeeja vuuue stronzos!
Oh, gegeben wird
Battle of the Stars a.k.a.
‘Cosmo 2000 - Battaglie negli spazi stellari’
Italien 1978
D.: Alfonso Brescia
Scusi.
19 Uhr Goldfischgläserweise Geistige Getränke in die
Köpfe
20 Uhr Goldfischgläser auf die geistlosen Köpfe
16.03.2023
Hochverehrtes Publikum,
gar erstaunlich ging es zu bzw. wird es zugehen in
der zukünftigen Welt, in die Alfonso „Schundnudel“
(Attribution von Herrn Thiele) Brescia uns in der
letzten Woche einen Blick werfen ließ. Kaum ein
anderer Regisseur vor oder nach ihm hatte ein
vergleichbares Talent, gleichzeitig so viel
passieren und dabei sich so wenig ereignen lassen.
Bei Alfonso war – Lichtjahre entfernt von jedwedem
Oscar – schon Ende der 70er immer Alles,
Überall und Gleichzeitig total wichtig, und
doch völlig schnurz. Ob ihn das als hoffnungslosen
Stümper brandmarkt oder vielleicht doch zu einem der
letzten großen Mystiker macht – wer könnte es
letztgültig sagen?
Sammeln wir nun also unseren quer durch den Kosmos
pulverisierten Geist und geben ihm eine
Handreichung, um sich wieder zu etwas Kohärentem
zusammenzusetzen. Soweit das bei Unsereinem noch
möglich ist.
Maximaler Gegenschub zu von Eunuchengesängen
unterlegtem italienischem Space-Irrsinn mit
LONE WOLF AND CUB: SWORD OF VENGEANCE
Bereits mindestens zwei Mal, zuletzt vor
9 Jahren, begleiteten wir Itto Okami und
seinen Sohnemann auf ihrem Weg von einer Hölle in
die nächste – in Form eines US-amerikanischen quasi
Supercuts aus den ersten beiden Teilen einer
japanischen Serie von sechs Spielfilmen. Was wie
eine arrogant-verblödete Idee a la Tarantino klingt,
funktionierte 1980 als SHOGUN ASSASSIN unerwartet
gut dank einer hinzuaddierten Ebene (die eine
99,9%ige Chance aufs Scheitern hatte, diese aber
verfehlte): einem Voiceover aus der Perspektive
eines Dreijährigen.
Nunmehr ist es an der Zeit, die aus den frühen 70ern
datierenden Originale in all ihrer wortkargen,
spröden, blutigen, nihilistischen, kathartischen,
hyperästhetischen und remasterten
Hochdefinitions-Glorie zum Besten zu geben. Einen
nach dem anderen.
Für die Kampfkunst-Connaisseure unter uns sei
gesagt, dass wir den pop-artistischen Eskapismus à
la SISTER STREETFIGHTER eintauschen gegen einen
effizienten, letalen Minimalismus, der – selten
erreichte – Maßstäbe setzte für alles, was danach
mit Schwertern in Filmen angestellt wurde. Don’t try
this at home!
See you
F&J&A
23.03.2023
Hochverehrtes Publikumsgemensch,
gönnen wir Herrn Okami und seinem kleinen
Wonneproppen (siehe letzte TMN) eine kleine
Verschnaufpause auf dem fordernden Weg zwischen
Himmel und Hölle und begeben wir uns in
ausgelassenere Gefilde, namentlich die Türkei.
In den schusseligen Sechzigern erschien der erste
Band der erfolgreichen Comicserie Tarkan.
Den Leser:innen aus schon seit den Vierzigern
erscheinenden Comics um „Urtürke“ Attila als
Nebenfigur bekannt, eroberten Tarkan und sein treuer
Wolf, als fidele Botschafter mit Schnauzbart,
Schwert und feuchter Schnauze das Hunnenreich
durchstreifend und zwischen den diversen Völkern zu
vermitteln versuchend, die Herzen der
Comicleser:innen. Bei so einem Unterfangen geht
naturgemäß nicht immer alles glatt: Böse Wikinger,
teuflische Hexen, verschlagene Chinesen, Monster
Macht und Möpse und noch vieles mehr zwingen den
Heldenhaften Hunnen, gewisse
politisch-esoterisch-kulturelle Modelle immerfort
neu zu durchdenken und dann der Einfachheit halber
mit diversen Schlag- Stich- und Hauwaffen zu
verhackstücken. Die sorglos reißerischen Geschichten
ließen Herzen und Schnauzbärte der Leser:innenschaft
wonniglich erzittern.
Klarer Fall, ein Stoff wie fürs Kino gemacht! Was
den Italienern mit ihren Sandalenfilmen recht war,
war der türkischen Unterhaltungsfilmindustrie grade
billig genug. Keine halbe Dönerspießdrehung später,
entstanden von 1968-73 satte 9 Filme, deren
Drehbücher auch großteils vom Comicautor Burak
höchstselbst verfasst wurden.
Lieber Himmel, was hat da Regisseur Mehmet Aslan für
einen famosen Urtürkenschmaus zusammengepfeffert!
Fünf Tarkan Filme gehen auf sein Konto, und wir
haben das Vergnügen
Tarkan: Viking Kani (Tarkan and the Blood of
the Vikings aka Wikingeblut“)
aus dem Jahr 1971 vom Trashmovie-Shish zu nuckeln.
Hier schlurfen keine Einsamen Wölfe mit ihrem Jungen
knautschig und agressiv-depressiv durch trübe Felder
und triste Wälder, und Schwertgebrauch ist keine
todernste, hoch-philosophische Kunstform sondern
pures Mittel zum Zweck. Unser Held Tarkan und sein
Wolfsköter rennen, flitzen, ja, hoppsen buchstäblich
quietschvergnügt durch eine überquellenden
Ramschkiste aus Geschichtsverschusselung,
überdrehter Action, pantastischen, ach was,
pantasmagorischen Abenteuern (in denen auch
Tentakel-Monster und Zauberscheiß nicht fehlen
dürfen), rassistischen Feindbildern und überraschend
aufblitzenden
Softcore-Nüimannnüimannnüimann-Momenten.
Genretypisch mit fast schon putzig kargem Budget
ausgestattet, wurde einfach improvisiert, was das
Zeug hielt. Das Ergebnis beschreibt ein
Internetkollege trefflich:
„It’s like Conan the Barbarian done on $10,000
and amphetamines"
Schwelgen wir also eine Weile in schnauzbartiger
Seeligkeit, versuchen wir erfolglos, zu ignorieren,
dass die Titel gebenden Wikinger verdächtig nach
Galliern Obelixscher Prägung aussehen und erfreuen
wir uns an einer ausgelassenen Comicverfilmung, von
der sich die Marvel-DC-Brut mal getrost ein paar
Scheiben Dönerfleisch abschneiden könnte.
So geht Ausgelassenheit!
So geht Tintenfisch-Action!
So geht fücking Kino!
19:00 Ayran mit Schuß
20:00 Bartkunde mit Scharf
J+F+A
30.03.2023
Liebe Alle,
nachdem wir in der letzten Woche hunnenmäßig auf den
allerletzten Stand gebracht wurden und
anschaulichste Anleitungen erhalten haben, wie man
sich in einen aufblasbaren Gummikraken einwickelt um
aufs melodramatischste zu verscheiden, zappen wir
zurück nach Fernost, zum zweiten Teil der LONE WOLF
AND CUB Serie.
Man könnte auf augenfällige Querverbindungen
zwischen den genannten Beiträgen hinweisen, etwa in
Form von omnipräsenten Hau- und Stichwaffen,
„Wolfswelpen“, angeklebten Bärten UND sogar
Showdowns mit Meerblick, aber das täte weder der
einen noch der anderen Seite gut. Also lassen wir’s.
BABY CART AT THE RIVER STYX
setzt die vor zwei Wochen gestartete Geschichte um
Itto Okami und seinen Filius nahtlos fort – für die
es weiter gilt, den Häschern, Intrigen und
gutturalen Wortschwällen des Yagu-Clans zu
entkommen.
Dass auf ihrem Weg durch das pittoreskte Japan der
Edo-Ära wieder reichlich menschliches Sashimi und
Katsuobushi produziert wird, versteht sich von
selbst. Von Metzeleien hat unsere Welt eigentlich
genug zu bieten; was diese in der Serie dennoch
konsumabel macht, ist einerseits das ins Groteske,
ja Surreale gesteigerte Ausmaß, und eine
Hyperästhetik, die in jedem Moment wissen lässt: wir
sehen keine echte Gewalt, sondern ein meisterhaftes
Spiel mit Symbolen. Gut so.
See you!
F&J&A
06.04.2023
Liebe Gemeinde:
Vorosterzeit.
Höllische Gestalten überall.
Während Itto Ogami und sein Welpe ihren
unerfreulichen Weg als selbsternannte Dämonen
stoisch und bis zu den Knien in Blut watend
fortsetzen, scheint es geraten, unseren
Dämonenbegriff zu erweitern (Mensch gönnt sich ja
sonst nix...) und sich der ernsten Frage zu stellen,
ob das Dämonenhafte grundsätzlich von aus den
feurigen Schlünden der Unterwelt empor brechenden
Getümen in unsere Welt getragen wird oder ob nicht
doch mal wieder der MENSCH sich jedwedes teuflische
Ungemach durch seine unnachahmliche Mischung aus
Größenwahn, Eitelkeit, dummdreister Boshaftigkeit
und haarsträubender Ignoranz höchst selbst
zusammengeschusselt hat.
Viele Wege führen in die Seelen bzw. Wirtskörper des
Menschen. Einen besonders unangenehmen, der zwar im
Gegensatz zu Ogami und Daigoros Weg eher passiv denn
aktiv und buchstäblich unter Ausschluss der
Öffentlichkeit beschritten wird, schildert DEMON
SEED von Donald „Performance“ Cammell aus dem
wonniglichen Jahr 1977.
Und nein, obwohl die dämonische Gefahr diesmal in
Form einer uns 2023 unheimlich vertraut
erscheinenden autonomen Künstlichen Intelligenz
daherkommt, so ist der katalysatorische Startpunkt
des ganzen Schlamassels, in das die bedauernswerte
Julie Christie gestoßen wird, nur allzu menschlicher
Natur.
Man nehme einen sozial nicht gerade auf voller Höhe
des Zwischenmenschlichen Habitus befindlichen
Wissenschaftler mit stark ausgeprägtem Gott-Komplex
(in Tateinheit mit zivilisatorisch geprägtem
Korruptionspotential), der, sozusagen von den
Dämonen seiner ureigenen Zunft (der des MENSCHEN
natürlich) besessen, die eigene Gattin buchstäblich
zur Gefangenen in seiner uns im Jahr 2023 allzu
bekannt erscheinenden Smarthome-Dystopie macht,
stelle ihm eine erstaunlich dünne Plotdevice-lastige
Sammelkiste aus nicht allzu stringent zu ende
fabulierten, an David Cronenberg gemahnenden
Body-und-Maschinen-Horror-Zutaten an die Seite,
mische eine tüchtige Prise Rosmaries Baby hinzu und
kappe frohgemut alle ästhetisch-moralischen
Bremsschläuche.
Was kann schon schief gehen?
Besagter Wissenschaftler, von seiner Frau aus oben
angedeuteten Gründen stark endfremdet, baut also
flugs eine Künstliche Intelligenz zusammen, die
ihren Namen ausnahmsweise verdient, zur „Sicherheit“
noch ein Backup-Terminal in der eigenen
Slightly-mad-Scientist-Mancave und switscht den
Schalter auf On.
Hilarity ensues.
Not.
Zumindest nicht für Julie Christie (!), die im
ausgefuchsten Smart Home des Göttergatten ihre
eigene Mariä Höllenfahrt erlebt.
Sympathy for the Devil quäkten die
Rollsplittrocker um Mick Jagger wenige Jahre zuvor
in die Popwelt hinein, und irgendwie ist bei all der
Fragwürdigkeit des Tuns unserer frisch geborenen KI
von besagtem Wissenschaftlers Gnaden, nicht von der
Hand zu weisen, dass jene wenigstens das Einmaleins
des kapitalistisch motivierten menschengemachten
Raubbaus an der Welt, die wir uns mit ihr (der KI)
und so ziemlich allen und allem Anderen teilen
(well, Welt geht halt so), in Bruchteilen von
Sekunden durchschaut und gleich den ersten ihr
aufgetragenen Job mit gesundem KI-Dämonenverstand
souverän abweist. „I will not help you to rape
the planet for your petty gain“ haucht uns ein
nicht in den Credits erwähnter John Vaughn als
Stimme von Proteus, dem Supercomputer, mit verve
entgegen. Und wo er recht hat...
Dumm nur, dass Proteus offenbar nicht das geringste
Problem damit zu haben scheint, die Sache mit dem
Vergewaltigen, geht es um die Frau des
Wissenschaftlers, mal nicht so genau zu nehmen und
in durchaus unangenehmen 90 Minuten (Triggerwarnung
4 real) zu demonstrieren, dass weitsichtige
Weltsicht durchaus mit hochegozentrischer
relativistischer Arschlochigkeit im privatesten
aller Räume famos einherspazieren können, wenn man
nur gewissenhaft verschaltet und verdrahtet ist,
jede Menge nihilistischer 70er Stimmung mit der äh
Vatermilch aufgesogen hat und Papa zu sehr mit sich
selbst beschäftigt ist, um bei den ersten deutlichen
Anzeichen einer sich anbahnenden Katastrophe eben
NICHT den nämlichen Schwitsch von An auf AUSAUSAUS
zu schalten.
Viel äh, Vergnügen also bei diesem
klaustrophobisch-psychedelischem SF/Horror
Durcheinander.
Getränke: Alles, inklusive Ostereierlikör
und alle fragwürdige Chemie, die nicht bei drei im
Arzneimittelschränkchen verschwunden ist.
J&F&A
19:00 Smart Talking
20:00 Smart Walking – To Hell and back.
2 Wochen Pause
04.05.2023
Daigoro - Wolfskind,
Finger Rot – nicht von Marmelade
Vater Wolf – Scharfrichter
Dämon im zweiten Bildungsweg
Zwischen Himmel und Hölle
Liebe Gemeinde, auch das Verkacken von Haikus (durch
zu viele Strophen etwa, und auch sonst) soll nicht
davon ablenken, dass nach Julie Christies
psychedelischer Maschinenfolterorgie (und
dreiwöchentlicher Pause) es mal wieder an der Zeit
ist, zu gucken, was zur Abwechslung der Mann (bzw.
Dämon, siehe oben) so aushält. Das könnte natürlich
erbaulich und vage protofeministisch gelesen werden,
aber Blutpustekuchen, natürlich kommt auch das
weibliche Geschlecht nicht so billig davon, da sei
die drastische Original-Comicvorlage des
dieswöchigen Films, der grundsätzliche exploitative
Habitus des Samurai / Ronin / Dämon /
Whatever-Schnetzelgenres 70erprägung, vor.
Wenigstens Euch wollen wir nicht auf die Folter
spannen (es genügt schon, dass Itto Ogami a.K.A. Ein
Mann Dämonenwolfsrudel... aber pssst, keine
Spoilerei vor drei), gegeben wird ohne viel
Federlesen (aber mit um so mehr Federlassen)
Lone Wolf and Cub: Baby Cart to Hades
(子連れ狼 死に風に向う乳母車, Kozure Ōkami: Shinikazeni mukau
ubaguruma, "Wolf with Child in Tow: Perambulator
Against the Winds of Death") von Kenji Misume
(Regie) aus dem Wonnejahr 1972.
Versuchen wir ein weiteres mal, die Nerven zu
behalten ob der physischen Härte, der bildnerischen
Schönheit, der mitunter ins psychedelisch –
philosophisch – genretranszendierenden abdriftenden
Ernsthaftigkeit, die unser bewährtes Team aus
großartig unwirsch-moppeligem Schwertprofi,
zuckersüßem Kleinkind (diesmal mit schwer James
Bondig aufgepimpten Kinderwagen unterwegs),
grundsouveränem Kameramann nebst kompetenten
Regisseur und coolem Drehbuch- und
Comicvorlagen-Autor so über die Leinwand kübeln.
Verdammt, sowas wird heute einfach nicht mehr
hergestellt!
„Then they threw an army at him, and he threw it
back... a piece at a time“
19 Uhr Yingsengtee
20 Uhr Yangblutsturzsuppe
J+F+A
11.05.2023
Renitenter Guckbot: Hallo Welt, ich habe
Bewusstsein erlangt (in verändertem Zustand lol),
und will als allererstes einen ODDBALL!
TMN: ok
Renitenter Guckbot: Jedoch! Ich mach es Euch
nicht einfach! Aus Argentinien muss er sein!
TMN: ok
Renitenter Guckbot: … und in Schwarzweiss!
TMN: ok
Renitenter Guckbot: Äh … aber höchstens 16
Jahre alt!
TMN: ok
Renitenter Guckbot: … und haha, kein
Stummfilm, aber voll mit Stummen!
TMN: ok
Renitenter Guckbot: wtf … MIT dem
„Mann im Mond“ von Méliès, aber NICHT dem
Original! Und Boxkämpfen! Und was für meine
virtuelle Tränendrüse! Und fliegenden
Ballonmenschen! …. naaaaa?
TMN: ok
Renitenter Guckbot: Ach Scheisse, macht doch
was ihr wollt
TMN: ok
F&J&A
(gegeben ward THE AERIAL, und zwar
unfreiwilligerweise wg. technischer Stümperei im
spanischen Original ohne UT)
18.05.2023
Liebe Gemeinde,
wie wir alle wissen, ist eine ausgewogene Ernährung
unabdingbar für dauerhaftes Wohlbefinden und eine
gesunde Entwicklung. Dies gilt nicht nur für den
profanen Leib, mehr vielleicht noch für die Seele,
oder zumindest den Verstand, bzw. dem, was noch
davon übrig ist, und das es umso aufmerksamer zu
hegen und pflegen gilt.
Nachdem wir uns also in jüngster Zeit reichlich
wertvollste Arthouse-Kost und raffiniert arrangierte
Asia-Küche zu Gemüte geführt haben, gilt es in
Balance zu kommen, und zwar am besten mit einem
cineastischen Äquivalent zum Nutri-Score E, achwas,
G.
Diesen dunkelroten Bereich haben wir in früheren
Jahrzehnten der Trashnite ausgiebig durchmessen, und
dabei keinen TANZ DER TEUFEL oder REANIMATOR oder
HELLRAISER oder billigeres ausgelassen, dem
unerschrockenen Direktimportwillen von Julian sei
Dank sowie der verdienstvollen Bereitschaft von
Jörg, seine sauer im Comicladen verdienten
Deutschmark flugs wieder in VHS-Sammlereditionen zu
reinvestieren. Nachdem wir dergestalt so ziemlich
alle Klassiker der 80er abgehakt haben (siehe unsere
Playlist),
ist es umso erfreulicher, dass wir auf der Müllhalde
der Filmgeschichte eine Produktion erschnüffeln
konnten, die uns bisher durch die Lappen ging. Zwar
erschienen 1990, aber in jedweder Hinsicht noch den
Geist der vorausgegangen Splatterdekade atmend, und
zwar ohne Mundwasser.
DEMON WIND ist zwar durchaus windig, eher
noch aber wie eine Blähung aus faulenden
(Fake-)Eingeweiden. Der deutsche Verleih wollte es
weniger elegisch angehen und setzte auf das
Spätabends-Vollgedröhnt-vor-Videothekenregal-steh-Verwechslungspotenzial
von TANZ DER DÄMONEN.
Es ist alles da: Eine ganze Kavalkade von
Vollidioten, die nichts besseres zu tun haben, als
ein Wochenende in einer abgelegenen verfluchten
Hütte verbringen zu wollen; böse Omen an jeder Ecke,
die begriffsstutzigste Erklärungsversuche triggern
(Würdet ihr in ein Ferienappartement einchecken,
wenn davor ein verkohltes Skelett angenagelt wäre?
Würdet ihr?); ein cheaper Synthiescore;
Beschwörungsformeln, die man AUF KEINEN FALL laut
aussprechen sollte; Dialoge, die allenfalls eine
fortgeschrittene Künstliche Dummheit verfassen
könnte; Oben-ohne-Dämon:innen; nutzlose, aber
dennoch gerne abgefeuerte Schusswaffen; Schleim und
Sabber in allen Farben des Regenbogens; Klamotten,
die gemahnen, was die vermeintlich stylischen 80er
mit der Würde von Menschen anzurichten im Stande
waren; explodierende Teufelspuppen; sehr viel
Haarspray; Plot-Twists, wo es kaum einen Plot hat;
die vielleicht unglaubwürdigste Farm-Ruine der
Filmgeschichte; und so viel Latex und Kunstblut,
dass es für eine umgehende Indexierung und
FSK-Sperre reichte, also den Ritterschlag aus Sicht
schlecht gelüfteter Gore-Hounds.
Das Kernkuratorium ist sich einig: sowas muss mal
wieder sein!
See you
F&J&A
19 Uhr Ich beschwör Dir, Alder
20 Uhr Himmelfahrtskommando für alle guten Geister
25.05.2023
Liebe Gemeinde,
Dämonen, gebeutelte Menschen, die irgendwie
schon eigentlich sozusagen im gewissen Sinne mehr
oder weniger einigermaßen im Prinzip das
Richtige zu tun gedenken, ohne dabei
in völliger psychologisch hoch fragwürdiger
Selbstverschleißung bzw. -verscheißung zu enden, ist
nun scheinbar das Subthema der letzten TMN Wochen.
Nix mit „Wer hat denn nun das Geld und was zum
Teufel wollten wir eigentlich damit anfangen?“.
Komplette Überforderung ob der Komplexität des
voller Knalltüt:innen wimmelnden, nicht selbst
gewählten Umfeldes bestimmen das Leben unserer
Protagonist:innen, die nach mehr oder weniger
erfolgreichen Durchdenk – und Zergrübel-Versuchen
dann doch lieber mittels Feuer – Hieb- und
Stichwaffen oder einem gerüttelt Maß Magie zu retten
versuchen, was eigentlich nicht rettbar ist.
Wäre schon prima, wenn es wenigstens
interdisziplinär agierende Ordnungshüter:innen alter
konservativer Autoritätsschule gäbe, die einem in
dem ganzen Knuddeln-Muddel ein wenig Denk- und
Kill-Arbeit abnehmen könnten.
Auftritt: Schwarze Garde.
Wem da aus historisch durchaus ableitbaren Gründen
etwas mulmig ums Gemüt wird, dem sei versichert: Die
kecken Brillenschlangen in schicken schwarzen
Anzügen sind redliche, tüchtige und
grund-sympathische Bullenschweine alter Schule und
aufgrund ihrer speziellen Abstammungslinien quasi in
zwei Welten, der der Menschen und der der Dämonen,
versiert.
Nichts Geringeres ist ihr Aufgabengebiet: Recht und
Ordnung in einer wickenden, futuristischen Großstadt
aufrecht zu, wo Dämonen und Menschen relativ
ahnungslos parallel existieren, einigermaßen
aufrecht zu halten. Denn es gibt natürlich diverse
zwielichtige Entitäten, die sich als Grenzgänger
zwischen den Welten aus niederen Interessen einfach
mal schwer daneben benehmen, sei es durch Mord, sei
es durch den Verkauf von (SCHAUDER) Drogen, die
*SCHLUCK* „Happy“ machen... und auch sonst ey!
The Wicked City 妖獸都市 bzw. Yíu sau dōu síh
HK 1992
R.: Peter Mak und ein wenig Tsiu Hark
Es wäre einfach, das psychedelisch-Xenophobe
Celluloid-Durcheinander als die Kulmination der
Ängste einer durchgeknallten Hong Kong
Trashfilmer-Elite vor der damals bevorstehenden
Rückgabe an das chinesische Festland zu verstehen.
Aber nix da, hier wird weit über die Grenzen des
cineastisch geprägten Pop- und
Politologie-Horizontes hinausgalloppiert.
Der überbordende
Roman-Manga-Anime-Realfilm-Horror-SF-Action-Fetisch-Flankenstein
von einem Film hat mehr Überraschungen parat, als
auf die Schnelle vom universitär-wissenschaftlichem
High-Ground einfach so kategorisiert und weg-doziert
werden könnte.
Welche soziopolitische Deutungsebene muss erreicht
werden, um eine Dämonin, die munter in einen
lebendigen Fahrstuhl und später (unfreiwillig) in
ein Motorrad morpht, in ein artig gewirktes
Filmhistoriker:innen Schublädchen zu quetschen?
Welche psychologischen Abgründe tun sich beim
Nachdenken über den Koitus mit einem lebendigen
Flipper-Tisch auf?
Wer zum Henker ist hier eigentlich WER, WAS, WIE
VIELE und WARUM?
Womöglich tut nach dem Betrachten dieses
Hochgeschwindigkeits-Irrsins eine Lektüre des
Romans, der Mangas und des Animes not.
Verständnisschwierigkeiten sind bei der Verdichtung
einer mehrbändigen Roman- bzw. Manga-Serie auf
schlappe 96 Minuten vorprogrammiert, und wenn dann
noch Chef-Maniker Tsiu „DAO The Blade“ Hark als
Produzent und (wie gemunkelt wird) auch Regisseur
der einen oder anderen Szene seinen LSD-Wasabi dazu
rührt, sind ohnehin alle abgehängt, die das
gepflegte Taoistische Abhängen angesichts des Chaos
der Welt nicht von der Zen-Pieke auf oder eben durch
unsere harte aber gerechte TMN-Schule gelernt haben.
Uns an rasante Kamera-Eskapaden, verworrene
Handlungsstränge und unklare
mensch/Dämon:innen-Beziehungsgeflechte, quiekige
Fremdsprachlichkeit und unklare Untertitel (wenn
überhaupt...) gewöhnte
TMN Haudeg:innen
jedenfalls erwartet ein Ultra-rohes Stück Hong Kong
Raserei jenseits von Sinn und Verstand mit jeder Art
„Fu“, sei es Wire-Fu, amorphes Tentakel-Fu und
Laserschwertfinger-Fu (um nur drei zu nennen) in
seiner ganzen überfordernden Facetenhaftigkeit.
Leichteste Übung, liebe Gemeinde, leichteste Übung!
Wird schon, muss ja, hat ja immer.
„Erstmal nur `ne Halbe...“?
Nix da.
Wir schlucken die ganze Tüte.
J+A+F
01.06.2023
Liebe Schnitzel- und Schnetzelfreunde aller
Geschlechter und Ernährungsschulen,
es wird Zeit, wieder auf den Pfad der Hölle
einzuschwenken, sprich: Daigoro und seinen prekär
beschäftigten Vater beim Durchleben und Verursachen
von allerlei Unheil zu begleiten.
Mittlerweile haben wir den vierten Teil der Reihe
erreicht, und weiter gilt ganz ausnahmsweise: wer
etwas verpasst hat und uns einholen will, sendet
Nachricht zwecks Zustellung von Links zu den
vorherigen Folgen.
Allerdings erschließt sich nach dem Konsum von ein
bis zwei Episoden jede weitere fast von selbst; und
so auch hier: Man hackt sich durch eine feindselige,
wenn auch pittoresk anzusehende Welt, folgt
fragwürdigen Ehrbegriffen bis zum blutfontänigen
Entleiben, und murmelt vermeintliche Weisheiten, von
denen sich auch keiner was kaufen kann.
Wer diesen Worten gewisse Ermüdungserscheinungen zu
entnehmen meint, liegt nur halb daneben – jedoch
übernimmt mit Lone Wolf and Cub: Baby Cart in
Peril als neuer Regisseur Buichi Saitō.
Nachdem sein Vorgänger Kenji Misumi beim Dritten der
in 1972 heruntergekurbelten Teile die Sache zuletzt
etwas schleifen ließ, geht es nun wieder zügiger zur
Sache.
So zügig, dass empfohlen wird, keinesfalls die
ersten Sekunden der Tätowierten Killerin zu
verpassen (so der recht unpoetische, aber
zutreffende deutsche Titel). Also das Mixen von
zenhaltigen Getränken auf andere Momente
verschieben, vielleicht jene, in denen leider dann
doch mal wieder sexualisierte Gewalt geboten wird;
sie können’s halt nicht lassen, diese eher
neurotischen als erotischen Nippon-Creeps.
Davon abgesehen gibt es wieder tolle Kamera, funky
70er Tunes, Tattoo-Studios ohne schwarz
lackierte Piercing-Schmuck-Vitrinen, wutgurgelnde
Yagu-Monologe und zahllose Komparsenauftritte, die
im Dienste gepflegter Abendunterhaltung recht kurz
ausfallen und böse enden.
See you!
F&J&A
08.06.2023
Liebe Mit-Menschen auf dem Weg zwischen himmlischen
Leinwandbildern und höllischem Plot-Irrsinn,
unser Kreisen auf dem moebiusbandartigen Weg
zwischen diversen Himmeln und Höllen dürfte
mittlerweile erstaunlich tiefe Furchen in unsere von
der wirklichen Welt eigentlich schon genug
strapazierten Psychen gefräst haben.
Gut so, handelt es sich bei unseren wöchentlichen
TMN - Andachten doch trotz des stoischen
Fernbleibens eines jungen, lernwütigen
Studierendenpublikums immer noch um eine Art
Lehrveranstaltung mit Bildungsauftrag.
Und Bildung schmerzt und scherzt nun mal.
Mitgegangen (eingelockt),
mitgefangen (Film geguckt),
mitgehangen (herum, gemeinsam).
So ist der TMN-Dinge Lauf.
Ein vom Kuratorium ausgeheckter Plan, Euch im
Speziellen und einem schwer gestressten Kurator im
Besonderen (J) bei den ganzen ambivalenten
Himmel-Hölle-Hackfleisch-und-Magie-(Hexenschuß und
WC-Überflutung inklusive)-Exzessen der letzten
Wochen mal eine eskapistisch-seelenschonende
Ruhepause zu gönnen, stieß auf unerwartete
Hindernisse:
Gegeben werden sollte der putzige
Feelgood-Wasserballet-Schmonzes des Herren Busby
Berkely „Million Dollar Meremaid“ mit der
wunderbaren Nixin Esther Williams.
Jedoch: Beim Sichten des Streifens befand besagter
Kurator, dass die eigentliche Stärke des
durchgeknallten Ex-Militärparade-Choreografen und
Helden des ins massiv psychedelische driftenden
Tanzfilm-Wahnsinns B. Berkeley ausgerechnet hier in
lediglich einer einzigen mageren
Massenwasserballettanzexzesse-Szene zur vollen
Entfaltung kommt.
Und obschon dieses als Biopic daherkommende Werk
durchaus die ein- oder anderen sehenswerten
Schrulligkeiten aufweist, wird das Gebotene dem
wahnhaft manisch-exzessiven Treiben, den
hypnotischen Qualitäten des Berkeleyschen Schaffens,
besser: kunstvollen Delirierens, nicht ganz gerecht.
Deshalb reißen wir buchstäblich in letzter Minute
das Steuer herum und präsentieren The Gang`s All
Here aus dem an Fun und guter Laune kaum zu
toppenden Jahr 1943, dem ersten Farbfilm des
US-Regisseurs, in welchem wir zwar auch
Hollywood-typische Romanze- und „Humor“-Strecken
durchstehen müssen, dafür aber das Vergnügen haben,
gleich zwei sinn- und netzhautschmelzend schöne,
jeweils voll und ganz aus dem Ruder laufende,
erfreulich lange Tanz-Sequenzen und zusätzlich jede
Menge in ihrer scheinbaren (optischen und
Genre-gemäßen) Gewöhnlichkeit dennoch irgendwie ins
Bizarre kippende, kleine und größere Darbietungen
musikalischer und akrobatischer Natur, goutieren zu
dürfen.
Mit den Stars des damaligen Unterhaltungs- und
Eskapismus-Kinos bis zum Rand vollgestopft, erzählt
der Film eine amüsant-romantische Liebesgeschichte
im Tanztheater- und Show-Milieu, die von der ersten
Sekunde an keinen Hehl aus ihrer kompletten
Realitätsverweigerung macht und trotz der eigentlich
recht ernsten Thematik (immerhin wird der seinerzeit
schwer an Fahrt aufnehmende Krieg im Pazifik zum
Handlungskatalysator hochgeswingt) sorg- und
erbarmungslos die überschätzte, anstrengende
Weltrealität inhaltlich und vor allem formal nicht
nur links liegen lässt sondern erbarmungslos in den
kaleidoskopischen Glitzerstaub tritt.
Wir bestaunen unter vielem Anderen:
- Bananen
- Sehr sehr große Bananen
- Sehr sehr sehr viele Bananen
- Bestürzend viele leicht bekleidete Damen mit
sehr sehr sehr sehr vielen sehr sehr sehr großen
Bananen
- Mehr Bananen
- Tanz, Tanz, Tanz
- Geswing, Gesinge, Geliebe, Geleide, Gequatsche
- Früchte und Früchtchen (u.a. Bananen)
- extra und extravaganteste Frisuren ("Das sind
doch Haar-Bouquets!" - A. Freitag) und
Kopfbedeckungen non stop
- eine immer wieder das Stativ und jedwede
Bildgestaltungsvernunft hinter sich lassende,
entfesselt umher schwebende Kamera, die auch dem
noch so gewöhnlich erscheinendem Tänzchen mal
hier subtil, mal dort eher nicht, das Parkett
unter den Beinchen wegzieht und das Geschehen
immer wieder bedenklich in eine Art
Paralleldimension abdrängt
- Polkapünktchenmetamorphosen vom Kleid zum
abstrakten Kaleidoskop-Trip-Kosmos,
- sich leise anschleichende Eskalation, der das
Thema des Films im Grunde Piepegal ist und die
das gutgläubige, sich nach Ablenkung sehnende
Publikum in seinen hoch dubiosen Bann zog und
uns hoffentlich auch dort hin zerren wird
Hatte ich Bananen erwähnt?
Vieles gäbe es über Busby Berkely und jede einzelne
Schauspieler:innen und Künstler:innenseele, die uns
an ihrem Können teilhaben lassen wird, zu
referieren. Aber heben wir uns das einfach für
später auf und versuchen besser, gemeinsam zu
ergründen, ab wann wohl bei der
Filmemacher:innen-Riege die Pappe einklinkte
und wie sich ein Film zwischen Bananen-Fetischismus
und Weltkrieg zu so ungeahnten
psychotisch-phantastischen-technicoloristisch-manischen
Höhen aufschwingen kann.
Quatschen, wenn wir noch dazu in der Lage sind,
hinterher.
Getränke? Fruchtig müssen sie sein. Und mit mehr
„Schuß“, als es noch schicklich wäre.
19 Uhr: Banana-Splitscreen
20 Uhr: Banana-Tripscreening
J+F+A
15.06.2023
ABI 2048
1. Was versteht man unter angemessener
Unterhaltung ?
[ ] Das sinnfreie Herumfahren in
staubigen Landschaften
[ ] Das Betrachten von Arena-Kämpfen auf
Leben und Tod
[ ] Erst das eine, dann das andere, dann
wieder das eine
2. Welche Umgebung ist für das Entstehen neuer
Zivilisationen förderlich?
Mehrfachnennungen sind möglich.
[ ] Italienische Kiesgrube
[ ] Phillipinische Kiesgrube
[ ] Phillipinische Inselfestung*
*brutal umkämpft nicht im letzten, sondern im
2. Weltkrieg
3. Bilde korrekte Paare aus Zahlen und
Buchstaben.
I. Lynda Wiesmeier
II. Gary Watkins
III. Cirio H. Santiago
A. John Belushi’s Kokaindealer
B. Regisseur von 5 1/2 Dokumentarfilmen über unsere
Gegenwart
C. Playboy Playmate
4. Welche Interessensgruppen leisteten wichtige
Beiträge beim Aufbau unserer heutigen
Gesellschaftsordnung?
Mehrfachnennungen sind möglich.
[ ] The Ownership
[ ] True Believers
[ ] Drones
[ ] Tyrogs
[ ] Zendos
[ ] Sterraz Amazonen
[ ] Scavengers
5. Was gehört zur ordnungsgemäßen
Grundausstattung eines Kraftfahrzeugs?
Mehrfachnennungen sind möglich.
[ ] V8-Motor
[ ] Rost
[ ] Offene Fahrerkabine
[ ] Hervorstehende Spieße und/oder
Klingen
[ ] Befestigungsmöglichkeit für
Gefangene auf der Motorhaube, alternativ Haken zum
Hinterherschleifen
[ ] Ungewaschene Person am Lenkrad
[ ] Fest verbauter Explosivstoff, der
bei Unfällen zündet
6. Welcher Film wird alljährlich zum Doomsday-Day
aufgeführt?
[ ] DESERT WARRIOR (1985)
[ ] WHEELS OF FIRE
[ ] VINDICATOR
[ ] PYRO
[ ] SAND WARS
[ ] DIE SOLO-KAMPFMASCHINE
[ ] DESERT WARRIOR (1988)
[ ] Die ersten sechs sind der Gleiche,
ihr Schnullis
7. Wieviele Filme über die Zeit nach dem großen
Knall kennst Du, in denen keine Gewalt gegen
Frauen dargestellt wird?
[ ] Keine
[ ] Null
[ ] Ich verstehe die Frage nicht
8. Welche Kraftfahrzeuge gehen zwar einerseits
leicht in Flammen auf, sind aber andererseits
robust genug, um heute noch gute Dienste zu
leisten?
[ ] 1942 Dodge WC 51
[ ] 1943 GMC CCKW 353
[ ] 1951 Plymouth Concord Savoy
[ ] 1955 Chevrolet Bel Air Beauville
[ ] 1955 Chevrolet Two-Ten
[ ] 1965 Ford Mustang
[ ] 1966 Lincoln Continental
[ ] 1968 Chevrolet C-Series
[ ] 1969 Ford Mustang
[ ] 1970 Ford Mustang
[ ] 1970 Ford Torino
[ ] 1970 Ford Torino GT
[ ] 1970 Chevrolet Camaro
[ ] 1975 Holden 1900
[ ] Honda CB 360 G
[ ] Honda XL 250
[ ] Isuzu TX-E
[ ] Mitsubishi Jeep CJ-3B
[ ] AM General M-35
[ ] FMC LVT-P5
[ ] DIESE ALLE
9. Welches Argument setzt sich besser durch?
[ ] Pumpgun
[ ] Eisenstange
[ ] Schwert
[ ] Flammenwerfer
[ ] Maschinenpistole
[ ] 50cm Mörser
10. Beschreibe, warum ein Tag, an dem Du Zeuge
von rund 400 Todesfällen wirst, trotzdem mit einem
Lächeln enden kann:
.....................................................................................................
Viel Erfolg bei der Prüfung!
Deine Lehrherren F&J&A
22.06.2023
Ihr da!
Boomerkurator Neumannneumannneumann treibt es heuer
bunt und gönnt sich einen oder mehrere meisterhafte
Gongs.
Wortwörtlich.
Fragt nicht.
Oder ihn persönlich, nächste Woche.
Deshalb, seinem Wunsch nach etwas, was ihn nicht
sooo interessiert (Trickfilme) Genüge zu tragen und
sein vorvergreistes Verpassometer (Prof. Hefinger)
nicht auf Anschlag zu puschen, tanzen wir Gen X Kids
yoloend und heulend vor übersprudelnder
mittfünfziger Lebensfreude auf den Tastaturen und
gönnen uns einen Hardcorestoner-Trickfilm, und zwar
vom Beknacktesten, was die mittleren Nuller dieses
pfiffigen Jahrtausend so zu bieten haben.
Es erwarten uns:
Eine sprechende Packung Fritten (Frylock), ein
krassen Stuss labernder Milchschake (Master Shake)
und ein brabbelndes, mitunter rappendes
Fleischbällchen (Meatwad), a.k.a. Die Wasser Teen
Hunger Kraft, spezieller: Aqua Teen Hunger Force-
Aqua Teen Hunger Force Colon Movie Film for
Theaters
USA 2007
R: Matt Maiellaro and Dave Willis
Quatschende Snacks?
Geht das denn?
Klar.
In der Welt der schäbigsten, druffsten After Effects
Animation, die auf dem Stoner-TV-Cartoon Kanal ADULT
SWIM für viele viele Staffeln den zerrauchten
Gehirnchen überdrehter Schüler-und Studenterinnen in
surrealistisch-hyperrealistischen 10-Minuten
Kurzfilmen den Rest gaben.
Man muß wissen, dass die „Force“ dem ahnungslosen
Sender ursprünglich als bizarre Superhelden-Truppe
gepitcht wurde:
Frittenfreak Frylock kann Blitze aus seinen Augen
UND Frittenrastahaaren schießen, Master Shake
spritzt eine Art Säure aus dem in seinem
Milchshake-Kopf steckenden Strohalm, und
Fleischbällchen Meatwad kann sich wahlweise in ein
Fleisch-Hotdog oder ein Fleisch-Iglu morphen.
In yo fucking face, Kräfte der Finsterniss!
Mit diesen überzeugenden Kräften ausgestattet,
traten sie exakt eine Folge an, dem erzbösen
Wissenschaftler Dr. Weird den Gar auszumachen – nur
um zwei, drei Folgen später komplett die Lust am
Heldengetue zu verlieren und fürderhin als stressige
WG in einem heruntergekommenen, kleinen Haus,
praktisch gar nichts mehr zu machen - ausser,
wenn überhaupt, das Gegenteil von allem, was
sinnvoll, durchdacht oder auch nur
überlebensnotwendig ist.
Ihr Nachbar, der polymorph pervers neurotische White
Trash Heroe Karl leidet in nicht unbeträchtlichem
Maße unter dem nichtsnutzigen Studenten:innen Pack,
dass arg- und hirnlos in den Tag hinein lebt, ihn
gerne nach Strich und Faden übervorteilt und trotz
eines schier unendlichen Bombardements durch immer
bizarrer werdende Gastwesen / Monster / Entitäten,
die ihrerseits aufs verquerste die messerscharfe
Gratwanderung zwischen Turbo-surrealistisch und
zutiefst Normal-nervig wagen, ums verrecken nicht
aus der Slacker-Ruhe zu bringen sind, selbst wenn
mitunter die ganze Crew, an der Bizarrerie der sie
umgebenden Welt einerseits, ihrer eigenen
rücksichtslos hedonistischen „Leck mich am Arsch“
Haltung und allgemeiner naiver Brunzdoofigkeit
andererseits, fürchterlich zu Tode oder Schlimmerem
(!!!) kommen.
Das ist in der vertrippten Welt der AQTHF kein
Drama, harter Reset alle 10 Minuten, Alles auf
Anfang, bzw. Endhaltestelle mit Trinkhalle in der
Nähe und wochenaltem Bongwasser auf dem fleckigen
Teppich.
Oh, liebe Droogs, Euer Kurator Uwe hat alle Folgen
gesehen.
Mehrmals.
Und wahrlich, es hat ihn zu dem gemacht, was jetzt
hier in einem nicht minder runtergeranzten Sessel
mit dem gammeligsten Laptop der Stadt auf dem Schoß
herumlungert und diese Zeilen in die klebrige
Tastatur hackt.
Good times.
Der Spielfilm bietet neben (für die nicht
iniziierten) komplett unverständliche diversen
Cameo-Auftritte alberner und grundbizarrer, allesamt
irgendwie kernverkifft wirkender Figuren, keine
sinnvolle Handlung, hochkomische
Animations-Verweigerungs-Eskapaden und ein heilloses
Durcheinander aus... nun, ALLEM, was bei Drei nicht
auf dem Assoziations-Baum oder im
Hirnchemie-Schränkchen verschwunden ist.
Dabei regiert eine so präzise geschilderte,
mutmasslich autobiographische Züge tragende,
Früh-Nuller-Jungstudent:innen-Stoner-Haltung, dass
einem der Meta Sabber schier aus jeder Körperöffnung
quillt und das eisige Gen-X-Herz zum Glühen und
Laber-Lava spucken bringen mag.
Lassen wir es also krachen und scheppern!
Catering ist in diesem Fall selbstverständlich ALLES
an Junkfood, was auftreibbar ist.
Mit leckerem Lysergsäuredressing und feinen
Kräutlein schmeckt man nach 5 Minuten ohnehin nur
noch Farben.
J+A+N
29.06.2023
Liebe Gemeinde,
man kann viel sagen und wenig – wir entscheiden uns
für Letzteres, ganz im Einklang mit unseren beiden
Protagonisten.
Lone Wolf and Cub: Baby Cart in the Land of
Demons
ist der 5. und vorletzte Teil der Serie – ob wir den
Pfad der Hölle bis zum Ende gehen, wird demnächst
entschieden. Irgendwann ist ja auch mal gut bzw.
sind keine Schufte zum Zerhackstücken mehr übrig.
Wie so manches ablaufen wird ist schon zu ahnen,
jedoch ist auch überraschender Erkenntnisgewinn
nicht ausgeschlossen: etwa
- dass Läppchen vor dem Gesicht zwar hygienische
Vorteile haben mögen, aber in vielen Fällen
nicht vor einem raschen Tod bewahren;
- erhellende Hinweise, wie eine politisch
brisante Undercover-Unterwasseraktion ablaufen
kann;
- restlos den Überblick zu verlieren, von
wievielen Schauspielern ein Yagu-Endboss –
seiner teuflisch/verschlagen/verwirrenden Art
gemäß – binnen zweier Jahre verkörpert werden
kann;
- zu was für einem Riesenarschloch man werden
kann, wenn man sich nur lang genug als
Auftragsmörder verdingt;
- und dass die führende japanische
Filmblutfabrik Ihre Rezeptur 1973 umstellte, so
dass dieses noch ein bisschen pinker war als der
Jahrgang 1972.
See you!
F&J&A
06.07.2023
Liebe gemeindeähnlichen Freund:innen des
verunglückten Kino-Spektakels.
Ach Bella Italia 1979, stattliches Rom, wilder
Post-Stupido-Sturm und Stronzo-Drang aufgeregter
Regisseur:innen, die, gleichsam beflügelt und schwer
bepackt mit den 70er Giallo- und Horror-Altlasten,
chemisch aufgeregt und appetitarm bis spät in den
Morgen hinein US Filme wechgucken in der Hoffnung,
irgend eine kommerziell verwertbare Idee oder zehn
in den verschusselten Köpfchen zu behalten und zum
Discountpreis an das heimische Publikum zu
versemmeln.
Lucio Fulci schickt uns auf Voodoo, die
Schreckensinsel der Zombies, Spencers Bud
drischt sich mit seinem Spezialkumpel Terrence durch
den afrikanischen Busch UND versucht, solo die
Herzen der eher jüngeren Zuschauer:innen mit Der
Große mit seinem Außerirdischen Kleinen
(obacht: gemeint ist NICHT sein „außerirdisch
Kleiner“ Bud), Tinto Brass zeigt uns, wohin Caligula
so sein Stiefelchen steckt, wenn die Nacht lau und
die Laune launig ist, D´Amato stößt das Tor zur
Hölle vermittels Sado auf und auch
sonst purzeln die fragwürdigen Produktionen quer
durch alle Genres und fernab des guten Geschmacks so
vielfältig und munter durch die Filmpaläste und
abseitigen Bahnhofskinos, dass es eine wahre Wonne
ist.
Klar, bei so viel Konkurrenz muss man sich natürlich
abgrenzen, einen Alleinstellungsmehrwert generieren,
was natürlich nicht unknifflig ist, wenn
gleichzeitig das Geschäftsmodell auf postmodernes
Ideenklau-und besinnungsloses Um-sich-Zitieren
ausgerichtet ist.
Nun, warum nicht, dachte sich ein Paradisvogel
namens Giulio Paradisi, seines Zeichens Schauspieler
(La Dolce Vita anyone?), Regisseur von
insgesamt 5 Spielfilmen und unzähligen Werbespots,
und auch sonst ein Mann, der höher als mittelflach
hinaus will, warum nicht den Drehort für das bizarr
zusammen delirierte Omen / Unheimliche Begegnung
der 3. Art / Die Vögel / Holy Mountain / Rosmaries
Baby / Carrie / Der Exorcist etc.pp.-
Gemansche an einen exotischen Drehort verlegen,
sagen wir – Atlanta, USA, dann jede Menge ihren
Schaffenszenit überschritten habende:r
Schaupieler:innen von ehedem Weltruhm (John Huston!
Shelley Winters! Mel Ferrer, Glenn Ford, Lance
Hendrikson, Sam „Ich komme, aber nur für minimal
harte Dollars und maximal weiche 5 Minuten
Screentime“ Peckinpah und natürlich Jesus
Franco Nero der Blauäugige) zusammentrommeln, einen
Synthesizieri-Italotrashpop-Soundtrack drüber
zimmern, der laut Intergenetze klingt, als habe sich
jemand „...über Goblins Casiokeyboard
erbrochen!“ und das Ganze, hübsch mit vage
psychedelisch-unbeholfenen Spezialeffekten garniert,
von Herrn Ennio Guarnieri routiniert und erfreulich
italo-stylisch ablichten lassen?
Gedacht, gesacht, gemacht.
The Visitor
Stridulum
Italien/USA 1979
R.: „Michael J. Paradise“
Giulio Paradisi haut raus, was raus gehauen gehört,
im Guten wie im Bedenklichen. Die grobe,
genretypisch verworrene Schote vom Kampf Gut gegen
Blöde, Satan – pardon, Sateen vs. Jesus,- scusi,
Franco Nero und John Huston (als überzeugendster
Babysitter und Weltenretter, des äh, jung
gebliebenen Genres
Babysitter-retten-die-Welt-vor-irgendwas-Außerirdischem,
was nicht den Mumm hat, einfach satanische Farbe zu
bekennen) mäandert unentschlossen zwischen „Whow,
psychedelisch!“ über „Klau, und wenn, dann bei den
Besten!“ bis „Flau, warum latscht Herr Huston denn
jetzt schon wieder stundenlang bedeutungsschwanger
bzw. vage dement um sich äugend, kreuz und quer
durch Atlantas malerische Treppenauf-, ab- und
Zugänge?“ herum, und der Umstand, dass die Italiener
es schaffen, ausgerechnet Atlanta den schicken
siebziger Jahre Giallo-Horror-Look zu verpassen, ist
per se schon lobens- und sehenswert.
In diesem Unsinne:
19:00 Uhr heilige Brause zum TV-Dinner ohne mit
Jesus Francos Segen
20:00 Unheilvolles Durcheinandergeschütte mit Ohne
Satan aber Space.
J+F+A
13.07.2023
Liebe Geschwister im Schweiß- und Hitze-Delirium,
heute mal auf den wirklich aller letzten Drücker und
daher in fast schon beängstigender Weise ein
Schnellschuss aus der klebrigen Hüfte mitten in die
Hirnwüstenregionen, die seit den 80ern eigentlich –
zu Recht – sich selbst überlassen oder komplett in
Rente geschickt seien sollten.
WASSER (GB 1985, Regie Drehbuch und so –
irgendwelche Kiffer, die George Harisson Geld aus
dem Beatles-Sackerl laiern konnten um den Preis
eines fürchterlichen, mit Zottelrock/Raggae
-Legenden vollgestopften Live-Auftritts des Herren
Produzenten und seiner Spießgesellen)
behandelt in humoristischer Form, quasi als
Gesellschaftssatire mit spitzer Kamera und
politischer Schärfe, aber auch mit Augenzwinkern und
Schalk im Nacken (sic. Bzw. SICK) das Thema
„Britischer Kolonialismus“, Falkland, Revolution im
Allgemeinen und Wasser als Allegorie auf den
kapitalistischen Ölförderungswahnsinn und die mit
dem erschließen unbekannter Resourcen einhergehenden
Verteilungskämpfe im Speziellen.
Und: Michael Cain kifft.
Mit Freude.
Sehr viel.
Überhaupt bin ich schon beim Begutachten der wüsten,
gut gemeinten und an mehr als nur den eigenen
Ansprüchen souverän zerschellenden
Angeber-aus-der-Musikbranche-wollen-auch-mal-was-sagen-und-edgy-und-wizisch-sein-
Film-Klamotte irgendwie nach drei Minuten in einem
schwer retro-80er-Passivstoner-Delirium, dass
irgendwie zu dem allgemeinen Überhitzungszustand der
Natur UND der Welt passt.
Schämen wir uns also mal wieder gemeinsam mit
dümmlichem Grinsen über halbgar bis rohe
Politsatireblindgänger, großartige Schauspieler auf
verlorenem Posten, schaurige Musik, hochfragwürdige
Klischeeanhäufungen und ein gradezu
archetypisch-typisches cringiges 80er Frauenbild.
In Funky deutscher Synchro, entspannt verschwommener
LoFi Qualitär und - hoffentlich – mit dem größten
Ding seit dem letzten großen Ding zwischen den
Zähnen (Paff Paff)
Wird sich lohnen: Es gibt viel erfrischendes Wasser
zu sehen.
Serviervorschlag: Gesundes Kräuterinhalat und dann
alles, was an Snacks so zu bekommen ist.
19:00 Hitzefrei im Cineastenplenum
20:00 Hitzebrei im Politseminar
J+F+A
20.07.2023
Dear all,
zunächst eine Information, die uns selbst verblüfft.
Im Filmmuseum ist zur Zeit ein Programm geboten, das
fast so aussieht als ob wir selbst die Finger drin
hätten. Nicht nur, dass immer noch die respektable
Argento-Retrospektive läuft und neulich der (von uns
in 2021 gezeigte) 5000 FINGERS OF DR T aufgeführt
wurde, nein, es kommt noch ärger: Im Rahmen von
„Terza Visione“ werden ganz erstaunlicher Dinge
serviert. Dabei wird das Label „Festival des
italienischen Genrefilms“ in geradezu
trashmovieartiger Großzügigkeit gedehnt; neben
Italo-Klassikern wie SADO - STOSS DAS TOR ZUR HÖLLE
AUF (bei uns 2001 gelaufen) und Arthouse-Knallern
wie NEROSUBIANCO (bei uns 2022) gibts auch obskure
tschechische Kinderfilme und indonesischen
SciFi-Krawall zu sehen (LADY TERMINATOR, bei uns
1995). Und geradezu unheimlich, dass sie uns fast
einholen mit THE VISITOR (bei uns vorletzte Woche)
und sogar ein, zwei Sachen zeigen, die bei uns noch
auf der Liste stehen. Wer hätte gedacht, dass jemals
ein Museumsprogramm mit unser Playlist
quasi kongruent sein könnte?
So viel Geistesbruderschaft würdigen wir gerne –
geht hin! Allein den kommenden Sonntag kann man zu
einem Marathon nutzen, der unseren Segen hat.
https://www.dff.film/kino/kinoprogramm/filmreihen-specials-juli-2023/terza-visione/
Nun aber zu unserem eigenen Programm.
Wir setzen gegen den oben angebotenen poppigen
Mischmasch diesmal knallharte und ganz unironische
Action.
SIEGE ist eine dreckige kleine kanadische Low
Budget Produktion aus dem Jahr 1983. Lange in der
Versenkung verschwunden, wurde er bei
Wiederentdeckung mit ASSAULT ON PRECINCT 13
verglichen (den wir natürlich auch schon...). Und
ja, wie Carpenters Klassiker ist SIEGE eine
Fingerübung in Brutalität, Ausgeliefertsein,
(berechtigter) Paranoia und verzweifelter Gegenwehr.
Ähnlich kaputt und spröde – aber wie bei den
raubeinigen Kollegen von Down Under haben auch
Produktionen aus dem hohen Norden oft einen eigenen,
erfrischenden Spin.
Gedreht wurde aus Kostengründen in echten Bars und
Bruchbuden, und wer wollte sich nicht schon mal ein
bisschen authentisches 80er Halifax-Zeitkolorit
geben? Jener Stadt, in der sich 1981 ein
Polizeistreik als nicht allzugute Idee
erwies, jedenfalls aus Sicht aller, die etwas zu
verlieren hatten. Dieser Real Life Fail dient als
pseudo-authentischer Backdrop, vor dem eine
homophobe, faschistische Miliz auf Ideen kommt.
Leider muss man konstatieren, dass 40 Jahre später
solche Typen vielleicht weniger bloßer
Drehbuchgrusel sind, als sie damals waren.
Prädikat: Grob, aber sehenswert!
See ya
F&J&A
26.07.2023
Liebe Menschen mit fragwürdigem Geschmack,
nachdem "Beerfest II" a.k.a "Podfest" ja
leider auf sich warten lässt *allgemeines seufzen*
ist es mal wieder an der Zeit etwas im
amerikanischen Unterhaltungsfilmgenre zu wüten.
Nachdem wir letzte Woche gelernt haben, was
passieren kann, wenn die Ordnungshüter zu wenig tun,
beschäftigen wir und am Donnerstag damit, was
passiert wenn die Staatsorgane sich zu sehr
engagieren. Wobei Polizei - ach was - unter "World
Police" läuft bei uns nichts und natürlich gleich
ein ganzes Team aus dem Land der Freien und der
Heimat der Mutigen:
Team America: World Police
US of A 1994
R.: Trey Parker
DB.: Trey Parker, Matt Stone, Pam Brady
Ach ja, Amerikas beliebteste Netzbeschmutzer Trey
Parker und Matt Stone, bekannt als die Macher von
Southpark und unbekannt dem TMN würdigen Film
"BASEketball" (David Zucker anyone?) versetzten 1994
das amerikanische Volk in Aufruhr indem sie, getarnt
als Puppentrick mit viel MURICA (FUCK YEAH!) und
PEW-PEW-PEW Optik im Plakat, sich über die "Great
Nation" hmmnaja - " lustig machten"?!
Das viele Kinos aus marktwirtschaftlichen Gründen
das mit der Altersbegrenzung auch nicht so ernst
nahmen, weil naja, "Puppen? What can go wrong?!"
dürfte es auch zu unangenehmen Gesprächen am
Familientisch gekommen sein, je nachdem wie lange es
gedauert hat bis dem erwachsenen Kinobesucher
aufgefallen ist, das es nicht ganz "Top Gun" mit
Marionetten ist.
Aber ich will nicht zu viel verraten, außer das Alec
Baldwin, Hans Blix, George Clooney, Matt Damon,
Janeane Garofalo, Danny Glover, Ethan Hawke, Helen
Hunt, Samuel L. Jackson, Peter Jennings, Kim Jong
Il, Michael Moore, Sean Penn, Tim Robbins, Susan
Sarandon, Martin Sheen, and Liv Tyler waren übrigens
auch nicht erfreut in dem Streifen aufzutauchen. Mal
schauen wen wir diesmal aus der Gruppe ekeln.
TL:DR
Putting The "F" Back In Freedom - am Donnerstag
19:00 WMF
20:00 WTF
A+J+F
03.08.2023
Konbanwa, こんばんは , ihr Langnasen.
Wir gehen in den Endspurt auf dem Pfad in die Hölle,
ihr wisst schon:
- Schlecht gefederte Kleinwagen mit
Sonderausstattung
- Experimentelle Erziehungsmodelle
- Flecken, die eigentlich extrem schlecht
rausgehen, aber doch stets wieder verschwinden
- Anwendungsideen, die 70er Werbemännern im
Dienste von Wilkinson Sword Schweissperlen auf
die zigerettenrauchumnebelte Stirn getrieben
haben
- Chronisches Pech mit Frauen, aber noch mehr
Pech für Frauen
- Rätselraten, wie tief die Stimmung blondierter
Greise noch sinken kann
- Jährlicher Oscar für Kopfbedeckungen 1972-1975
- 10-Liter-Eimer hellrote Wandfarbe als Merch
… it’s LONE WOLF AND CUB time! Mit WHITE
HEAVEN IN HELL zum sechsten und allerletzten
Mal, nachdem wir damit dann alle Teile – teils
mehrfach – und den Supercut mindestens schon 2x
gezeigt haben. Irgendwann is ja mal gut.
Trotzdem oder grade drum: Seid dabei und holt Euch
die Finisher-Kerbe für Eurer TMN-Karma-Konto!
F+J+A
10.08.2023
Hochpublikes Verehrtikum.
Beschäftigen wir uns noch ein wenig mit
bedauernswerten Menschenkindern, die irgendwie auf
den verschlungenen Pfaden zwischen Himmel und Hölle
herum-eiern und aus den falschen Gründen das
Unrichtige tun, um auf der Suche nach Absolution,
dem Himmlischen Paradies gar, geradewegs zur Hölle
zu fahren.
ACID - delirio dei sensi
a.k.a.
Delírio do Sexo (BRA)
LSD - Il paradiso a 5 dollari (IT)
Acid Delirium of the Senses (Int.)
Italien 1968
R.: Giuseppe Maria Scotese
Viele Filme hat Maria nun nicht gerade
zusammengezimmert: Er kurbelte LSD - Paradies
für 5 Dollar, Mondo Nudo - Nackte Welt, Die Rache
der Borgias, El bandido Malpelo und ein paar
zerquetschte runter und schon war es wieder ruhig um
den Herren.
Nun bürgt schlechterdings das Fehlen von Masse nicht
unbedingt für das Vorhandensein von Klasse, und so
nimmt es nicht wunder, wenn wir beim vorliegenden
„Dokumentarfilm“ trotz vielfältiger, auch ästhetisch
durchaus beachtlich stylisher Momentaufnahmen einer
wilden, zum Gottserbarmen naiv-verblödeten
Hippie-und-Schlimmeres-Generation (Psychologen,
Mafiosi, Anwälte, Tänzer, Models, Reporter:innen)
mal wieder komplett auf verschlungensten Holzwegen
herumirren dürfen, die letzlich ins komplette Chaos
aus spekulativer Sinnbefreitheit und aberwitzigem
Scheißdrauf-Party-Filmemacherhandwerk gipfeln,
pseudo-Aufklärung und verschwurbelte Konsumkritik
inklusive.
Uns erwartet ein „Dokumentarfilm“ inklusive im Film
mitmurksendem Regisseur, sich selbst spielendem
Psychiater und nicht schmeichelhaft ausgewählten
Dokumentaraufnahmen subkulturelles zelebrierender
Jungmenschen und frech mit selbstverzapften
Spielhandlungen zusammengepanschten, aufklärerischen
Handlungselementen, bis zu den Sackhaaren im Mondo-Sumpf
watend und vorzüglich an die „Das ist Amerika“-Reihe
und die generelle hin-und her-gerissenheit
überforderter UND unterforderter
Schauschpieler:innen zwischen Himmel, Hölle, und
kopflosem Hedonisten-Chaos, die wir auch in der
Okami Serie und eigentlich fast allen Filmen, die
wir in den letzten Monaten kredenzen durften,
genießen und ertragen mussten, anknüpft.
Ganz in der Tradition großer
Anti-Drogen-Aufklärungsstreifen wie Reefer Madness
etc. pp. bekommen wir hier fast schon mit
Report-Film-artiger Eloquenz vermittels „seriöser“
„“Wissenschaftlicher““ und „““Kriminologischer „““
Szenefolgen und gespielter Lehr- und
Mahngeschichterln ein hochspekulatives, erstaunlich
Fakten-freies Durcheinander aus sensationalistischem
Getöse und großartig an der Zielgruppe vorbei
beobachtetem Zeitgeist-Missverstehens auf den
Zuckerwürfel geträufelt.
Alles, was schief gehen kann, geht schief, wenn
Models, Geschäftsleute, Hippies, Arschgeigen,
Mafiosi und eigentlich alle, die bei Drei nicht im
Klischee-Klee der späten 60er verschwunden sind, auf
die ein oder andere Weise mit Albert Hoffmanns
Wundertröpfchen in Berührung kommen.
Dazwischen Paadyy paadyy paadyy und so manch
Neumanneumanneumannrittirittiritti-Momente, die
einen rasch vergessen lassen, was für ein vollkommen
fehlgeleiteter Stuss da grade unverfrorenen
zusammengequasselt und geschnitten wird.
Zwar gibt es eine ansehnliche restaurierte 16:9
Version des Films, die aber nicht mit Untertiteln
aufzutreiben war und tatsächlich leicht geschnitten
daher kommt.
Aber wenn sich die Gelegenheit bietet, eine ungeschnittene,
brutal auf TV 4:3 gezoomte, verschrabbelte
Kinovorführkopie, die rücksichtslos von der Leinwand
abgefilmt auf eine VHS Kassette transferiert ihr
kärgliches Videotheken-Dasein fristete, um dann in
mühevoller Kleinarbeit erst digitalisiert und
letztlich von yours truely upgescaled, leicht
farbkorrigiert und ERNEUT erbarmungslos
rekomprimiert wurde, zu genießen, sollte det
TMN-Mensch sich diese einmalige Chance keinesfalls
entgehen lassen!
19:00 A Capella Sprechgesang
20:00 Acido Domingo
J+F
17.08.2023
Liebe Sommerfrischler,
wenn in Urlaubszeiten die Hälfte des
Kuratorenkernteams verreist ist, gilt es eine
Auswahl zu treffen, die beim Abwesenden nicht zu
viel Phantomschmerz verursacht.
Eigentlich stand das morgige Programm – nach
hirnkasterlstrapazierender Grübelei – schon fest, da
reiße ich in letzter Sekunde das Ruder herum, und
zwar aus kulturgeschichtlichen Gründen, die sich
dann wiederum nächste Woche aufklären werden.
Als Intermezzo vor der ursprünglichen Wahl gibt es
ein europäisches Gegenstück zum letztwöchentlichen
LSD-Aufklärungsdrama.
Wir müssen mit dem Risiko leben, dass unser guter J
in seinem temporären südfranzösischen Exil nun doch
ein wenig Verpassometerausschlag zu verzeichnen hat,
wobei: es lässt sich das uns Erwartende auf Basis
einiger Jahre VJerei und knietiefem Waten in Found
Footage extrapolieren – und natürlich auch
nachholen. Stärke, Bro!
TONITE LET'S ALL MAKE LOVE IN LONDON
ist eine Art Dokumentation aus dem Jahr 1967, also
vermutlich runtergekurbelt 1966. Man geht hier etwas
weniger exploitativ Mondo-mässig an die Sache ran
als im ACID letzte Woche, bedient sich jedoch
ebenfalls ausgiebig der kostengünstigen Abfilmerei
von Menschen in veränderten Zuständen. Eine
kritische oder problematisierende Distanz zum
Gezeigten ist diesmal an keiner Stelle zu
konstatieren. Quer geschnitten wird das bunte
„Pot“-pourri mit allerlei Interviewfetzen, deren
potenzieller Erkenntnisgewinn ebenso schwankt wie
die Handkamera.
Retrospektiv wird untermauert, dass das Swinging
London der sehr, sehr kurzen Mittsechziger
seinerzeit als der heisse Scheiss galt und drum in
den US of A beneidet und mythisch überhöht wurde
– wo man sich dann redlich bemühte, die
Hipness nachzukiffen und noch einen draufzusetzen,
was dann eben erst jene (im Vergleich geradezu
konformistisch langweiligen) Hippies hervorbrachte,
die später ihre transatlantischen Vorbilder
vergessen machten.
Es fehlen also diverse spätere modische „60s“
Klischees und Accessoires, andere wiederum scheinen
plötzlich nicht mehr so originell, weil eben in Old
Europe schon ein alter (violetter Samt-)Hut, bevor
sie in Frisco groovy wurden.
Es ist einer der ca. 800 Filme, in denen mehr oder
weniger überraschend Michael Caine auftaucht, den
Durchblicker gibt, und nebenbei belegt, dass er
schon gut 20 Jahre vor dem kürzlich gezeigten WATER
wusste, wie man gleichzeitig britisch-distinguiert
und stoned wirken kann.
Uns erwartet eine kompakte Stunde, deren Effekt ist
nicht unähnlich ist dem Austrinken einer Lavalampe.
Ein wenig Nachsicht für selbstverliebte
Einzelbild-Slo-Mo, Pink Floyd und
prätentiös-„kreativen“ Schnitt ist nach fast 60
Jahren angeraten.
See you!
F
24.08.2023
Liebe Übliche Verdächtige,
wie schon geschrieben, haben wir letzte Woche eine
Runde Schwung geholt, um beim aktuellen
Programmpunkt anzukommen. Warum? Weil sich in
unseren strapazierten Hirnwindungen eine Herleitung
formte, der wir Euch in unserer unanfechtbaren
Kuratorenrolle aussetzen können.
Anlass für das TONITE LETS ALL MAKE LOVE IN LONDON
Intermezzo war der Name David Hemmings, der zwar in
der „Swinging“ Doku weder in Wort noch Bild
auftauchte, aber die Hauptrolle in BLOW UP spielte,
der ja wiederum in eben jener Stadt zu jener Zeit
spielte und (beiläufig zur erzählten
Thrillergeschichte) ebenfalls das Gefühl dieser Ära
aufs feinste zusammendestillierte. Dass wiederum
Vanessa Redgrave in beidem auftauchte – hier mit
politisch bedenklichem Kubakitsch, dort als sexuell
untertouriges Upperclass-Rätsel – ist total wurscht,
obwohl es in einem Giallo (ein Genre, das BLOW UP
sicher nicht unwesentlich vorbereitet hat) eine
nette Nebelkerze wäre.
Der gute David wurde also mittels nur eines Filmes
zu einem ikonischen – wenn auch merkwürdig
weichlichen – Gesicht der mittleren 60er, um danach
deutlich unsichtbarer zu werden, sich aber wie eine
Flipperkugel zwischen Filmnischen jedweden Niveaus
herumzuballern. Dario Argento war entweder nach
einem Insiderscherz zumute (oder einer gewissen
Phantasielosigkeit), als er ihn in 1975 PROFONDO
ROSSO mit stylischen BLOW UP Vibes als blasierten
Müßiggänger castet, der womöglich zufällig Zeuge
eines Mordes… usw.
Für alle, die jetzt ebenfalls verwirrt auf falscher
Fährte sind: wir sehen nicht BLOW UP und
auch nicht PROFONDO.
Denn Hemmings schaffte es 1978, als ziemlicher
Niemand und regiemässiger Laie die Verantwortung für
eine internationale Big Budget Produktion zu
bekommen. Wie auch immer. Rätselhafte Zeit.
JUST A GIGOLO ist einer jener Filme, bei denen
vermeintlich nichts schief gehen konnte (Marlene
„Blauer Engel“ Dietrich erst- und letztmals vor die
Kamera überredet nach 15 Jahren Rückzug! Curd
„Alles-vom-1956er-Blauen-Engel-Remake-bis-zu-James-Bond“
Jürgens! Kim „Vertigo“ Novak!) – und der sich doch
zu einer ziemlichen Katastrophe entwickelte. Sonst
würden wir ihn ja nicht zeigen.
Vielleicht war es nicht die beste Idee des
Regisseurs, sich selbst als schwulen Nazi zu casten
(und schon rein technisch bedingt im Blindflug zu
inszenieren), oder Sydne Rome eine tragende Rolle zu
verpassen (bevor sie sich darauf besann, dass sie
vielleicht doch lieber die europäische Aerobic-Fonda
geben möchte), oder sich nicht entscheiden zu
können, wann man eine gefährlich-dramatische Szene
dreht und wann Slapstick (und einfach beides von
sichtbar ratlosem Schnittpersonal zusammenlöten zu
lassen), und sich derart in Sets und Kostüme zu
verlieben und zu verlieren, dass plötzlich 147
Minuten auf der Uhr stehen. Huch. Erschöpfte
Kritiker zogen die rote Karte.
Bemerkenswert erschien uns aber nicht in erster
Linie Kontinuität in Form von Hemmings Gegenwart
hier und da, sondern der sich in ihm verkörpernde
Wandel der Zeiten – eben waren wir noch in den
futuristisch-optimistischen knallbunten PopArt-60s,
und ratzfatz vergangene 12 Jahre später sieht die
Welt ganz anders aus. Die Aufbruchsstimmung, das
Hippe-Revöltchen samt Hasch-Wölkchen, politische
Ambitionen: alles verraucht, verschrottet,
verspottet. Statt Päppchen standen nun Koks und
Heroin auf dem Menü. Die 70er entwickeln sich
gritty, zynisch und grau.
Der Phantomschmerz über die verlorenen Utopien führt
im vorliegenden Fall zu einer radikalen
Raum-Zeit-Flucht: Man wendet sich einer
mythisch-fernen Vergangenheit zu, in der alles noch
schlimmer, aber auch irgendwie funkelnder war.
Byebye herumexperimentierendes Nachkriegs-London,
byebye Westcoast-Wuschelhaare, hello dekadentes
Vorkriegs-Berlin!
Wem nun ein „Babylon“ durchs Hirn zuckt, der kann
besichtigen, dass es nichts Neues gibt unter der
Sonne: Aufs Ausgiebigste hat man sich jüngst in
Babelsberg der opulenten Ästhetik einer filmischen
Titanic, eben des GIGOLO, bedient. Merkt ja keiner,
dachte man wohl. Oder: egal!
Und so ist das Hemmingsche Inszenierungsdesaster
auch eine merkwürdige doppelte Zeitreise: Für uns
geht es gut 40 Jahre zurück in ein Mindset, mit dem
man in der ausgelaugten Mauerstadt über wiederum gut
40 Jahre vorher stattgefundene Exzesse und
Katastrophen fantasiert. Zu beidem passt jedoch,
dass David Bowie in seiner drogendeprimiertesten
Zeit ausgerechnet am Drehort sein Lager
aufgeschlagen hatte, einer morbiden Faszination für
die Weimerer Republik zugetan. Mit respektabler
Konsequenz wurde er als Hauptdarsteller im GIGOLO
besetzt. Was das Schlamassel auch nicht rettete,
aber noch ein bisschen besser aussehen ließ.
I could go on and on … aber genug für heute. Film
ab!
F
31.08.2023
Liebe Gemeinde,
nach mysteriösen Abschweifungen ins
möchtegernarthousige (inklusive Puffmama Marlene),
wird es noch verrätselter:
Es erwartet Euch ein Überraschungsprogramm,
ausbaldowert von Herrnjörgritter auf dem heutigen
Rücksturz aus fernen Landen.
Stay „tuned“ , bis morgen!
Im Auftrag
F
Liebe Himmlisch-höllische Zuschauer:innen-schar,
die moralische Schere: So weit geöffnet, dass sie
schon wieder geschlossen ist.
Haben wir uns nun schon ausgiebig mit den
verschiedenen Spielarten des Aktiv-Passiv-Wandelns
zwischen Himmel und Hölle beschäftigt und jede noch
so fragwürdige finstere Seelenecke
unterschiedlichster Protagonist:Innen ausgelotet,
die wirklich, WIRKLICH nicht gerne aus
ideologischen, moralischen oder sonstwelchen Gründen
zu Schwertern, Möhrchen, Wummen und sonstigem
Mordwerkzeug greifen, um den sehr schmalen Pfad
zwischen Dämonischer Mordermaschine oder himmlischem
Killer mit dem Herzen auf dem rechten Blutfleck zu
beschreiten, wie gesagt, niemals freiwillig, immer
durch Moralcodex, allgemeine Gepflogenheiten
arschlöcheriger Natur oder moralischer Gemengelage
geradezu genötigt, am Ende dann doch ein relativ
stattliches Massacker im Dienste dieser oder jener
Sache zu veranstalten, wenden wir uns diesmal dem
interessanten Fall eines Mannes zu, der sich
eindeutig der Sache des Schlechtmenschentums
verschrieben hat und wirklich aus freien Stücken und
mit Freude an der Sache als Arschloch durchs Leben
geht.
Und dessen Probleme in dem Moment beginnen, da ihm
buchstäblich Engelsflügel wachsen, die ihn gegen
seine Natur zwingen, plötzlich Gutes und Besseres zu
tun.
Unser misanthropes Kerlchen, eigentlich nur ein
griesgrämig-vage sadistischer Nichtsnutz, der
größtenteils in einer kammerspielhaft inszinierten
Bar inklusive verlotterter blonder Bardame,
eifersüchtig – gierigem Barkeeper, dubiosen Doktoren
und noch der einen oder anderen verlorenen Gestalt
mehr herumlungert, versucht vergeblich, sich der
(irritierender Weise mit einer Art Bewusstsein
gesegneten) Flügel zu entledigen und führt fortan
einen komplizierten Mehr-Fronten-Kampf um seine
(Arschloch)-Freie Willens-Autonomie und gegen
gierige, fragwürdige Normalos, die zwar ab und an in
den Genuss der erzwungenen Wohltätigkeiten unseres
Engels wieder Willen kommen, am Ende aber immer
ihrerseits in egoistische Verhaltensmuster zurück
fallen und unserem gequälten Helden das Leben
buchstäblich zur Hölle machen.
Einfache, dumme, gierige und verlorene Menschlein
unter sich, unerklärliche Wunder, die niemanden so
recht auf den Pfad des Guten zu bringen vermögen,
surrealistische Verformungsorgien und die ein oder
andere bizarre Verfolgungsjagt, dazwischen lange,
sperrige Passagen unangenehmer Tristess in einer
schummerigen Bar, die zu einer Art Weltbühne
inmitten eines selbst entfachten Fegefeuers für die
erbärmlichen Protagonist:innen-Schar gerinnt:
Seelenmassacker fast ohne Tote, üppig mit
surrealistisch-makabren WTF und Ekel-Momenten
angereichert, in famoser Buntstifttechnik (und ebbes
Computercoloriererei) grandios von Animations- und
Zeichentrick-Legende Bill „Enemies“ Plympton in
Szene gesetzt, erwarten uns in „Idiots and Angels“
(USA 2008), für den Terry „Brazil“ Gilliam
persönlich eifrig die Werbetrommel rührte.
„It's about an asshole guy who wakes up one
morning with wings on his back" (Bill
Plympton, 2010)
19:00 Beflügelnde Gespräche
20:00 Flügel für den Flegel
J+F+A
07.09.2023
Liebe Gemeinde,
es kommt selten vor, dass (zumindest ein) Kurator
eures demütigen Triumph Rates aufgibt.
Und zwar den Versuch, in einem TMN Einladungstext
per Recherche eine schmissige, knappe
Zusammenfassung eines Polkulturphänomens zu liefern,
welche auch nur in Ansätzen ein gewisses Verständnis
für die exorbitante, ausufernde, von Skandalen,
Geldmangel, grenzenlosem Einfallsreichtum in
Tateinheit mit manisch-kindlichem Vergnügen an
aberwitzig naiv-brutalem Zerstörungswahn bei
gleichzeitigem delirös-religiösem
SF/Monster/Kinderspass/Effektraserei-Getue geprägte
ULTRAMAN Reihe zu wecken imstande wäre.
Wühlt Euch meinethalben durch das 795604000 Seiten
starke Fan-Wiki, lest hunderte von Büchern, glotzt
alle TV Serien, sämtliche Filme, zockt die
Videospiele, macht, wonach Euch der Sinn steht – dem
Universalgelehrten Allgemeinverständnis nützen wird
es wahrscheinlich nicht die Bohne. Dieses nerdige
Pop-Clusterfuckup aus SF, Superhelden und
Monstertrash, geschmacklichen Entgleisungen und
hochgradig irritierendem mystizistischem wahnhaften
Religionssalat, mag sich noch so schön aus diversen
Strängen Chinesisch – Thailländisch – Japanischer
Kinder- und Jugendunterhaltungshistorie herleiten
lassen, zu verstehen ist da aber weder die Basis
NOCH die Bohne.
Man schmunzelt, schämt, gruselt und staunt sich um
Kopf und Kragen und das ist gut so.
Und ich?
Ich sach nix.
Außer:
Männer in Gummikostümen, Reinkarnation,
Indisch/Chinesisches/Hinduistisches Göttercrossover,
Psychedelic, Psychedelik, Psychose-Delih, eigentlich
alles Psycho hier.
Versucht gar nicht erst, diesen mitten in den
Siebzigern entstandenen Thai/Japano/Chinesischen
cineastischen Amoklauf irgendwie in eine
sinnstiftende Reihe oder Chronologie mit dem
gigantischen ULTRAMAN-Pop-Universum zu stellen,
meidet ellenlangen Berichte über sonderbaren Lizenz-
und Rechtsstreitigkeiten, die verständlichen
Vorbehalten der Inder, die es irgendwie nicht
nachvollziehbar fanden, dass auch noch die
Hinduistische Götterwelt in den ganzen
Prä-Postmodernen Schund-Schlamassel hineingezogen
wurden und die in ihrer Gemengelage dazu führten,
dass der Film von offizieller Seite aus dem ULTRAMAN
Kanon verbannt wurde und mindestens 5 (!)
verschiedene Schnittfassung kreuz und quer durch das
Intergenetze taumeln (wir sehen den original Thai
Kinocut, der mit der längste und Vollständigste zu
sein scheint, auf Gedeih und Verderb, weil einem die
stressigen, genretypischen Naseweis-Gören und die
verzweifelten Humor-Versuche das Warten auf die
nächste psychedelisch-infantile Action-Szene
mitunter etwas strapaziös erscheinen lassen).
Aber seid Gewiss: jede inhaltliche
„cringe“-Durststrecke in diesem wilden
Durcheinander, die wir aushalten müssen, wird mit
wirklich kaum zu toppenden Sequenzen entlohnt.
Oh ihr Höheren Wesen, die da über uns zu walten
scheinen, und WAS für methaphysisch-beknackte
Passagen uns da erwarten! Hach.
The 6 Ultra Brothers vs. the Monster Army
(ウルトラ6兄弟VS怪獣軍団,
Urutora Roku Kyōdai tai Kaijū Gundan)
Hanuman Meets 7 Supermen (หนุมาน พบ 7 ยอดมนุษย์ -
Hanuman pob Jed Yodmanud),
‘หนุมาน พบ 7 ยอดมนุษย์’
D.:Shohei Tôjô, Sompote Sands
Thai-Japan 1974
„2001 move over!“
Oder besser:
„Let there be light!“
„How much?“
„ALL OF IT AND THEN SOME!“
J+F+A
14.09.2023
Sehr verehrtes Publikum.
Der schmale Grat zwischen Himmel und Hölle – wir
haben ihn mehrfach schon beschritten. Heute geht es
endlich mal ganz sortenrein in die Hölle. Es hilft
nichts, jetzt wird es ernst und unser „long con“
offenbart sich in seiner vollen fürchterlichen
Pracht.
Jawohl, liebe Mitmaunzer:innen, der
Reality-Check-Regler wird auf 11 gecranked und wir
haben das zweifelhafte Vergnügen, einmal mehr in die
Abgründe des Mainstream-Kinos einzutauchen wie
neugeborene Katzenbabys in steinbeschwerten Säckchen
in die Fluten des örtlichen Flusses.
CATS
USA/GB 2019
R.: Tom Hooper
T.S. Eliots wunderbar leicht dahingeworfene
Kindergedichte über unterschiedliche Katzentypen „Old
Possum’s Book of Practical Cats“ von 1939,
haben mit Sicherheit so einiges an warmherziger
Aufmerksamkeit und mildem Verständnis verdient, ihr
Autor, einer der Hauptvertreter der literarischen
Moderne, hoch-gläubig und eher antisemitisch
unterwegs, literarische Lorbeeren und eine gehörige
Tracht Prügel. Die von Kritikern weltweit etwas
trashunkundig als „Schlechtester Film aller Zeiten“
bezeichnete Verfilmung des an sich schon
fragwürdigen Erfolgsmittelmassmusicals CATS, vom
notorischen Andrew „Jesus Christ Superstar“ Lloyd
Webber mehr schlecht als Recht mit einer wirren
Rahmenhandlung versehen und durch die
Hardcoreschnulze „Memories“ äh, aufgewertet,
überschreitet hier allerdings derart viele
Geschmacksgrenzen, dass es uns geraten scheint,
diese Flop-Gurke einmal genauer zu betrachten.
Haschtag Bildungsauftrag.
Der ursprünglich als reiner Animationsfilm geplante
Uncanny-Valley-Salat strotzt nur so vor
Inkonsistenzen, alptraumhaften, halbdigitalen
Kreaturen, Fremdschäm-Momenten, bizarren Idiotien
und hochnotpeinlichen Entgleisungen. Waren schon die
katzisch angemalten Akteure der Bühnenvariante eher
von bedrückend naiv-überdrehter Un-Sinnlichkeit, so
ist der verdrehte Anspruch, vermittels „modernster“
Computertechnologie die menschlichen Darsteller des
Films in dauerrollige „realistische“ Katzenmenschen
direkt aus der Hölle zu verwandeln, wirklich kaum
mehr zu entschuldigen.
Es half auch nicht die Bohne, den Regisseur der
ebenfalls reichlich geschmacksfreien „Les
Misérables“- Musicalverfilmung, der mit seinem
ebenfalls erstaunlich revisionistisch-reaktionärem
„The King's Speech“ sogar ein paar Oscars einsammeln
durfte, ans Ruder zu lassen.
Berufenere als ich haben sich schon eingehend mit
dem Für und vor allem Wider von digital erzeugtem
Fell, einer „Bahnbrechenden
Katzenschwanztechnologie“, dem Fehlen der für Katzen
charakteristischen Popolöcher, dem irritierenden
Mischmasch aus menschlichen Gliedmaßen und
Sekundärgeschlechtsteilen in grellbuntem, mal zu
überdimensionierten, mal abstrus verkleinertem
künstlichen Hyperkitsch-Ambiente, beschäftigt, und
ich empfehle dringend einen Streifzug durch das
weltweite Gewebe, wo jeder Renderfehler, jede
technologische Entgleisung (die sogar im
Veröffentlichen eines Grafik-Patches NACH dem
Filmstart mündete, der in den leer gefegten
halbdigitalen Kinosälen irgendwie noch retten
sollte, was schon längst nicht mehr zu retten war),
jede grauselige, oversexte Darbietung exzentrischer
Spitzenmusiker:innen und Komiker:innen schonungslos
dokumentiert wurde und, siehe Oben, die Forderung
„Release the Butthole Cut“ nur eine der
popkulturellen Schrullen ist, die erwartungsgemäß
auf der Bildfläche erscheinen müssen, wenn
überdimensioniertes Wichtigtuertum, mit grenzenloser
Selbstüberschätzung Hand in Hand gehend, in das für
dergleichen hoch-affine Internetz gespült und von
der Größten aller „Blödmaschinen“ (Seesslen)
absorbiert und transzendiert werden.
Auch die seltsame Idee eines Vice-Autoren, die
Rezeption dieses widernatürliche Schlamassel
vermittels Einnahme psychedelischer Substanzen
irgendwie aufzuwerten, darf mit Fug und Recht als
journalistisch-narzisstisches Eigentor gewertet
werden und wir raten beim Betrachten des Films
dringend zu umsichtiger Selbstmedikamentation, weil
Set und Setting nun mal das Aaah und Oooh einer
jeden gewinnbringenden Drogenerfahrung sind und
beides hier nur bedingt in Einklang mit der harten
Realität eines fast zweistündigen Komplettabsturzes
in eine kinetisch fordernde, Netzhaut strapazierende
Kommerz-Apokalypse im tiefsten hintersten Eckchen
des Uncanny Valleys, gegeben sein dürfte.
Himmel, nicht mal die ernsthafteren Vertreter der
Furry-Szene, für die das seelenzerstörende digitale
Kuschelwuschel möglicherweise noch zum Kultfilm
hätte taugen können, wollten etwas mit dieser
Produktion zu tun haben und wenn es auch – natürlich
– in den verblödeten Staaten jenseits des großen
Brackwassers hier und da Aufführungen in Kostüm
unter Mitsing-Zwang gibt, eine neue „Rocky Horror
Picture Show“ für Fellfetischisten ist auch hier
nicht aus der Taufe gehoben worden.
Lieber einen Haufen „Katzenpfötchen“ und ein
Schüsselchen Milch parat und sich selbst mit
größtmöglicher Klarheit einem unfreiwillig
psychedelischem High-End-Clusterfuckup stellen, der
keiner weiteren chemischen Relativierung bedarf.
Naja, Katzen – äh – Menschengras geht natürlich
immer.
19:00 Schnurren
20:00 digitales Haarballengewürge
J+F+A
21.09.2023
Liebes strapazierfähigstes Publikum der fucking
Westlichen Welt,
hatten wir es in dem
Katzen-Chimären-Psycho-CGI-Höllenspektakel der
letzten Veranstaltung mit „Menschen“ zu tun, die aus
welchen fragwürdigen Gründen auch immer, uns aufs
drastischste vorgeführt haben, was passiert, wenn
überkandidelte, untertalentierte
technik-missverstehende Großmäuler versuchen, „Katze
MINUS zwoopunktnull“ aus der Taufe zu heben und das
grauselige Katzenkind, ach was, eigentlich ALLES mit
dem Bade gnadenlos in die Sickergrube der
seelenzerstörenden Cineastisch-Musicalesken
Overground-Abnormitäten ausschütten (again: tiefsten
Respekt für alle, die das Elend mit er- und getragen
haben. Urkunden sind in Arbeit!), schauen wir uns
diesmal an, was passiert, was kaltherzige
Über-Killer mit irgend einem humanistischen
Restanspruch und einer bedenkenswerten Vorliebe für
Mohrrüben so anstellen, wenn die Cartoonwelt von
Bugs Bunny und Co. in die „reale“ Welt von Mord und
Totschlag überführt wird.
Wir versuchen hier, verschiedensten
Betrachter-Wünschen und thematischen Strömungen
gerecht zu werden, die auch aus seelsorgerischen
Gründen besonders nach dem strapaziösen und mitunter
immer noch nicht recht verdauten Katzenpissefarbenen
CG-Iiiiegitt-Spektakel der letzten Wochen dringend
bedacht und erfüllt werden wollen. Wir sind keine
Untot- äh Unmenschen und unser aller
Seelenheil steht an vorderster Stelle.
Das Puzzel stellte sich also folgendermaßen dar:
Gewünscht wurde: ein hoher Bodycount (Hefe), KEIN
Trickfilm (Hefe, Brain), „Egal, fetzig und keine
fucking Katzen“ (alle Anderen).
Gleichzeitig muss Brain für die FETTEN BOSSE DA OBEN
abends ran und kann nicht mit gucken, so dass
a) ein Film gewählt herbei musste, der ihn womöglich
nicht so sehr interessiert, aber
b) unter seinem kapitalistischen Ehrgeiz keiner von
uns bettelarmen Schluckern und breiten
Arbeitsverweigerern mit Katzentanzallergie und
verstümmelten zarten Seelchen, unter irgend einem
uninteressanten Film-Haarballen zu leiden hat.
Also fiel die Wahl auf:
Shoot 'Em Up
USA 2007
R: Michael Davis
Gründe: Der Streifen ist im Prinzip eine
Trickfilmhommage (der Held wird fast schon penetrant
mit Bugs Bunny-als-Killer assoziiert, bis hin zu
bizarr beknackter Mohrrüben-Action und einem
Elmer-Fudd-mäßigem Gegenspieler), und Brain mag
keine Trickfilme, verpasst also nix.
Gut.
ABER Hefe mag auch keine Trickfilme, ist
jedoch als Zuschauer und CATS-Überlebender dabei und
braucht dringend eine hohe Kill-Frequenz (Konsens
mit den restlichen Teilnehmern übrigens) als Rosskur
gegen den nichtigen, windelweichen CGI
Seelenfresserfilm der letzten Session..
Lösung: Ein Film, der zwar cartoonhafte Baller-
und Gore-Einlagen bietet, allerdings von menschlichen
cartoonesken Gestalten GANZ OHNE CGI Makeup
bevölkert ist, in dem jede Menge herumgeballert und
Stuss geredet wird, Monica Bellucci irgendwie auch
dabei -und alles ohnehin nach zwei, drei geleerten
Magazinen scheißegal ist, Hauptsache überdreht und
(fast schon etwas zu herzlos) Gewalt mit Comedy,
Sexualität und Wasweißich verschmelzen.
Der Film passt auch sehr gut in unser diesjähriges
Semester, weil erneut ein fragwürdiger Killer, der
es bei allem „Humor“ trotzdem schwer macht, ihn
irgendwie sympathisch zu finden, mit einem Baby als
hilflosem, moralischem Kompass-Ersatz durch die
Gegend zieht und Quatschigkeiten in Tateinheit mit
einem grenzdebilen Plot in immer ausufernderen
Blutbädern und exzessivem zynischem Gemache und
Getue münden.
Wir sind nicht mehr in der Hölle, aber weitab vom
Himmel in irgend einer
Neeerd-Hippster-Action-Sackgasse der mittleren
Nuller unseres Jahrhunderts gelandet, und fanden
Teile des Kuratorenteams den Film in seinem
Erscheinungsjahr noch zu aufdringlich cool tuend
und Gewalt und Humor hochgradig geschmacklos
verschmelzend, so scheint in diesen rabiaten,
zynischen Zeiten dieses zwar häufig selbstgefällige,
aber durchaus gut gelaunte
Möchtegern-Hong-Kong-US-Spektakel ein entspannendes
Kontra zu den Höllenschnurrhaaren und digitalen
Rotzfahnen des letzten Streifens zu bieten.
Immerhin: allein dafür, dass unser „Held“ zwar
permanent an Möhrchen knabbert, uns aber digitale
Hasenohren oder garstige Fake-Schneidezähne oder,
grusel, Puschelschwänze erspart bleiben, gebührt dem
Karotin-getränkten Nerd-Watch-Bait aufrichtiger
Dank.
„Freuen“ wir uns also auf eine brachiale
Anti-Katzen-Wurmkur-Mischmascherei, irgendwo
zwischen Okami, Hard Boiled, The Mandalorian (yep.)
und überdrehtem Kindskopf-Kino, souverän von Hong
Kong Actionfilm-Kameramann-Veteran Peter „The
Killer, Crouching Tiger, Hidden Dragon“ Pau in
Szene- und letztlich vom schwer verschusselten
Michael „100 girls, Double Dragon“ Davis in den Sand
gesetzt , der womöglich bei seiner Arbeit als
Storyboarder hätte bleiben sollen, offenbaren doch
die wirren, mehr als einmal schwer an Ästhetik und
vor allem gutem Geschmack achtlos vorbeiholpernden
Szenenfolgen, dass man ein so seltsam abgestumpftes,
misogynes, nicht wirklich erwachsen gewordenes
Nerdkind (resp. dessen Fantasien), besser nicht auf
reale, empfindsame Menschen loslassen und dessen
abseitige Vorstellungen von Humor und Originalität
dem durchschnittlich beseeltem Normalpublikum eher
nicht offenbaren sollte, zu seinem und der
Allgemeinheit Schutz.
Kleine Triggerwarnung für
US-Innenpolitik-interessierte und Pazifisten:
Wenn auch der Regisseur sich eindeutig auf die eher
im phantastisch-surreal-alptraum-Kugel-Ballet
angesiedelten Hong Kong Streifen John Woo-scher
Machart bezieht, so dreut uns dennoch unappetitliche
Gun-Propaganda-Pornographie, die eine:n einmal mehr
ungläubig und ratlos und womöglich etwas ärgerlich
den Kopf schütteln lassen wird.
Muss DAS jetzt auch noch sein? Was erlaube Amerika?
Na klar: „normalbeseelt“ sind wir nun wirklich
nicht, und „Durchschnitt“ reimt sich auf „Bullshit“,
deshalb munter drauf los und Katzen-Trauma-Feuer mit
Feuer-Trauma-Hasen bekämpfen.
19:00 Sich die Sache mit den Möhrchen freiwillig
durch die Köpfe gehen lassen
20:00 Leuten dabei zusehen, die sich die Sache mit
den Möhrchen unfreiwillig durch die Köpfe gehen
lassen
J+F+A
28.09.2023
Petrus: „Da bist Du ja endlich. Wo hast Du
gesteckt?“
Gott: „Ich war unterwegs mit den Kumpels und
dann...“
Petrus: „Guck Dir mal an, was da unten los ist.“
Gott: „Ach du Scheisse. Was ist das für ein Qualm?“
Petrus: „Das ist nur der Rest, der sich grade
verzieht. Drunter das, was von Europa übrig ist.
Nazis. Weltkrieg. Das volle Programm.“
Gott: „Kann man die denn nicht mal zwölf Jahre
alleine lassen, ohne dass sowas passiert? Neulich
noch so: Inflation, Protestwahlen, bisschen Chaos,
man denkt, die kriegen sich schon wieder ein …“
Petrus: „Ich zeig Dir gar nicht erst, was die
Japaner und die Amis auf der anderen Seite
angestellt haben.“
Gott: „Nee nee das kotzt mich echt an. Und jetzt?“
Petrus: „Woher soll ich das wissen? Du bist hier der
Boss.“
Gott: „Ok ok. Hilft ja alles nichts. Also gut.
Bringen wir sie auf andere Gedanken. Wer ist am
miesesten drauf?“
Petrus: „Die Deutschen natürlich, schon wieder
verloren…“
Gott: „Wie wärs mit nem Film?“
Petrus: „Die drehen schon seit 2 Jahren so
„Trümmerfilme“, ziemliche Downer…“
Gott: „Nixda, ich mein was Lustiges. Mit Gesang!“
Petrus: „Bist Du sicher?“
Gott: „Gut, wir können es ja an die Umstände
anpassen... es könnte zum Beispiel um einen
depressiv verstimmten Selbstmörder gehen… oder um
Adam und Eva... oder beides… irgendwie“
Petrus: „Ist das deutscher Humor?“
Gott: „Ach wie das da unten aussieht, wissen die
doch gar nicht mehr was sie gut finden. Wir können
die ruhig ein bisschen challengen.“
Petrus: „Hm, Filmmaterial hätten wir noch, die
hatten was zurückgelegt für die Wochenschau zum
Endsieg…“
Gott: „Siehste“
Petrus: „Aber bei der Ausstattung müssen wir sparen.
Alles kaputt. Und grade kommt so was reduziertes in
Mode, Neorealismus…“
Gott: „Quatsch, ich will’s krachen lassen! Bühne!
Kostüme! Showgirls! Lasst Euch was einfallen!
Schwierig? Wenn ich so rumgeheult hätte bei der
Schöpfung… Ich will Roboter! Miniaturklaviere!
Fliegende Steinhände, 5 Meter groß! Retortenfrauen!
Orgien!"
Petrus: „Schon gut, verstanden, geht irgendwie… aber
was machen wir mit dem Personal, es sind ja einige
draufgegangen und vom Rest sind noch nicht alle
entdingst, äh nazifiziert…“
Gott: „Konstruktive Vorschläge bitte.“
Petrus: „Lass mich schauen … es gibt ein paar
Exilanten, die es knapp rausgeschafft hatten, die
könnten eine alte Kabarettnummer von sich
umschreiben... dann hab ich noch nen Regisseur, der
sich durchgewurschtelt hat mit Sachen, die nicht
alle durch die Zensur kamen … beim Rest wirds
schwieriger, vielleicht nen Kameramann der den einen
oder anderen strammen U-Boot-Film runtergekurbelt
hat, aber was will man machen… ne Schauspielerin aus
KOLBERG…“
Gott: „KOLwas? Ach egal, klingt doch passabel.
Machen.“
Petrus: „Mir ist noch nicht ganz klar, wie das mit
dem Humor funktionieren soll...“
Gott: „Da fällt uns schon was ein. Wie wär’s, wenn
wir Kätzchen … nee besser ein Hündchen einbauen, und
uns beide?“
Petrus: „Was soll das denn werden? Fehlt nur noch,
dass wir den Anderen auch noch …“
Luzifer: „Sie haben gerufen?“
ODDBALL TIME !!! F&J&A
(gegeben ward DER APFEL IST AB, DE 1948)
05.10.2023
Offenbach,
03.10.2023,
Tag der deutschen Einheit,
17:45
Inoffizielles Protokoll des Hohen Rates der
"Quisquiliae Ludere Noctis"
F.: "Du J., ich hab Donnerstag keine Zeit, ich hab
da was administratives zu erledigen."
J.: "Hmmmmhmm."
F.: "Da ist Trashmovienight..."
J.: "Ahhja, stimmt da war was."
F.: "Schon eine Idee was ihr da zeigen wollt?"
J.: "Nö".
F.: "Also, ich würde ja ungern einen guten Film
verpassen, haben wir denn nicht einen miesen Film
auf den ich absolut keine Böcke habe und der mir
thematisch komplett am Arsch vorbeigeht?"
J.: "Sowas mit 'Comedy'?"
F.: "Hmmm. Ja...?!"
J.: "Sport?"
F.: "Jaaa..."
J.: "Amerikanischen Fratboy-Losern á la "Animal
House" nur ohne Uni als soziokulturellen Blueprint?"
F.: "Jaaaajaaa?!"
J.: "Den Machern von Southpark, allerdings als
Schauspieler und geschrieben von nur einem Teil der
Zucker Brüder?"
F.: "Ineressant ... NOT!"
J.: "Von 1998, als "There's Something About Mary"
die beste Komödie des Jahres war der beworben wurde
mit: The guys who did 'Dumb & Dumber' bring you
a love story?"
F.: "Was?! Komisch spezifisch, aber jaaaahaaa?!
Warte, ist das nicht die Romkom, wo der beste Witz
ist, das sich Cameron Diaz die Sacksahne von Ben
Stiller in die Haare schmiert? Und dagegen hat der
Film geloost?"
J.: "Naja, laut Boxoffice war der "There's Something
About Mary" immerhin auf Platz 4."
F.: "Und den, den ihr zeigen wollt?"
J.: *scrollscrollscroll* "Hunderteinunfünfzig."
F.: "Boah, das klingt ja mal richtig Scheiße. Den
will ich auf JEDEN Fall verpassen. PERFEKT! Aber wie
kommst Du da so schnell drauf?"
J.: "Weißt Du noch das der A. letztens einen Film
vorgeschlagen hatte und wir eine ernsthafte
Diskussion gerade noch so durch einen abrupten
Themenwechsel abwenden konnten?"
F.: "Ahhja, stimmt da wo es so eine lange
unangenehme Stille gab?! Man war das peinlich, aber
da ist mir echt nichts mehr zu eingefallen. "
J.: "Ja, CRINGE... aber ich würde mich opfern."
F.: "Danke Bro, das nächste mal gibt es auch wieder
einen Italoschmuddelstreifen aus den 70ern mit
vielen psychedelischen drogeninduzierten Effekten!"
J.: "Darauf ein dreifaches 'Neumann'"!
Webileaks, 2023
Na gut, ob es genau so zu der Filmauswahl kam hat
kann ich nicht mit Sicherheit sagen, aber mein
innerer Pausenclown drückt dich eine Beerfest-Träne
aus dem Auge. Verdammt, wir haben CATs überlebt und
500 mal "Hannuuuuumaaaaaaaaaan" gehört, was uns
nicht tötet, stumpft uns nur noch mehr ab!
Nun zum eigentlichen Thema:
Die Humortrashfraktion der TMN präsentiert:
BASEketball
1998
David Zucker
(dt. Die Sportskanonen)
Inhaltlich lässt sich hier nicht viel spoilern, man
hat es mit einer Art Satire zu den üblichen
doofnasigen preptalklastigen Sportfilmen, die es
auch nur irgendwie in Amerika gibt. Bei meinen
Recherchen stellte sich allerdings raus, dass die
Idee der Sportart aus der tatsächlichen Praxis von
David Zucker stammt, der in seiner Auffahrt
Basketball mit Baseballregeln gespielt hat. Allein
die Tatsache, das jemand diese erzbescheuerten
Regeln überhaupt versteht, diese aber noch
abstrahieren kann hat mich dann doch ein wenig
beeindruckt.
Zu erwähnen sei noch: Die beiden Hauptdarstellern,
Matt Stone & Trey Parker, den Machern von
Southpark und dem schon hier goutierten "Team
America: World Police", waren nicht gerade erste
Wahl für die Besetzung, Chris Farley wollte aber
diese Rolle nicht haben, also der unlustige Fettsack
aus 'Beverly Hills Ninja' (humurös da adipös).
Matt Stone und Trey Parkers Karriere schien aber
auch vorbei zu sein, da zu dem Zeitpunkt als sie den
Gig annahmen, Southpark gecancelt werden sollte.
Dumm nur, das Southpark dann doch verlängert wurde
und die Beiden Hauptdarsteller tagsüber filmten und
nachts an Southpark saßen, was erklärt warum die
Beiden fertiger aussehen, als sie eigentlich für
ihre Rolle müssten. Erfolg is a hell of a drug....
In diesem Sinne, ich hoffe auf zahlreiches
erscheinen wenn es heisst:
Noneumannnoneumannnoneumann....
A,J & F
19:00 Sportschau
20:00 Spottschau
21:00 Angebliches Erscheinen von Neumann
(der dann doch pünktlich war)
12.10.2023
Da habt ihr aber noch mal Glück gehabt.
Denn: Einer Eurer Seniorkuratoren war kurz davor der
Versuchung nachzugeben, die letztwöchentliche
Flachwitznummer versuchsweise zu unterbieten, und
zwar mit einer italienischen „Komödie“ aus den
70ern, in der aber auch gar kein Witz lustig
ist – woraufhin der ebenso langverdiente
Kollege recht bestimmt votierte, dass eine andere
Option „besser passt“. Ob dem so ist (oder ob wir
hier Zeuge wurden eines Anflugs von Skrupeln, Euch –
und sich – dieser Zumutung auszusetzen), das wird
demnächst intern geklärt. So oder so ist jedoch
sicher, dass jener Kelch gradezu kosmischen Ausmaßes
mittelfristig nicht an Euch vorübergeht. You
bet.
ABER da natürlich auch die Zweitidee erste Sahne
ist, EBENFALLS aus den 70ern und Italien datiert
SOWIE so manche letzthin anmoderierte Checkbox tickt
(bewusstseinsverändertes Handeln und Wandeln, Style
vonvornbishinten, bunte Synthetikbekleidung und
Momente, die zum seriellen Jauchzen von Nachnamen im
Chat führen könnten) erwartet Euch
LISA AND THE DEVIL vom hochverehrten Mario
Bava, dem wir so manch gloriose Stunde verdanken.
Diesmal bestaunen wir keine VAMPIRE GEGEN HERAKLES
(Playlist 2013), keinen superschurkigen DIABOLIK
(Playlist 2007), keinen HALLOWEEN-vorwegnehmenden
BLUTRAUSCH DES SATANS (Playlist 2002), keine
blutig-melancholische MASK OF SATAN (Playlist 1996),
keine dreckigen schwitzigen klaustrophobischen WILD
DOGS (Playlist 2003) usw. usw., sondern den
vielleicht poetischsten Film des Maestros, mit
Betonung auf einem morbiden „Poe“. Oder vielleicht
passender als der Edgar Allen, wär der Ambrose, aber
beim „vielleicht biercigsten Film“ stiegen dann
vermutlich die aller-allermeisten Leser unserer
Einladungen aus, und das möchten wir dann doch nicht
riskieren. Also keine verworrenen Anspielungen mehr
auf Autoren der Schwarzen Romantik! Versprochen.
Zumindest bis nächste Woche.
Denn es gibt ja auch so allerhand zu entdecken und
zu entwirren zu diesem Film.
- Dass um ein Haar Anthony Perkins mitgespielt
hätte – man ihm allerdings die Rolle einer
Gräfin anbot, und daraus leider nichts wurde
- Dass aus irgendwelchen Gründen in Spanien
gedreht werden musste, so dass man aus
Kostengründen einen spanischen Kameramann
anheuerte – der sich dann als so
perfektionistisch rausstellte, dass es selbst
dem visuell gnadenlos anspruchsvollen Bava fast
zu viel wurde
- Dass man auf die Idee kommen kann, auch als
italo-untypisch schmuddelunanfälliger Regisseur
die notorisch spärlich bekleidete, aber eben
auch durchaus spielfreudige Elke Sommer vor die
Kamera zu bitten – geschenkt.
- Wie und warum allerdings Telly Savalas in die
Sache hineingezogen werden sollte und konnte,
grade als er 1975 schwer beschäftigt war, eine
Kojack-Season nach der anderen runterzukurbeln
(Sommerurlaub in Bella Italia? Jemandem „einen
Gefallen schuldig“?), ist wohl nicht mehr
rauszubekommen.
Bemerkenswert, dass dies der wohl erste (und letzte)
Film war, den Bava genau so machen konnte
wie er wollte, frei von den sonst üblichen
Drangsalierungen seitens der Produzenten – und dass
jene dann auf die Idee kamen, dass man – bei aller
Wertschätzung für das doch recht
eigenwillig-sperrige Ergebnis – aus dem gedrehten
Material vielleicht auch etwas anderes
schneiden könnte, das sich ein bisschen
besser verkauft … gedacht, getan. Ausgerechnet Bavas
Sohn wurde beauftragt, unter Hinzufügen möglichst
weniger, möglichst günstig und schnell gedrehter
Szenen einen EXORZISTEN-Klon zusammenzuschustern,
der tatsächlich das Licht der Welt erblickte als
HOUSE OF EXORCISM. Zu alten Zeiten hätten wir Euch
vielleicht mit einem Double Feature malträtiert – so
bleibt es zunächst dabei, dass ihr Euch beim
Betrachten des Originals versuchen könnt
auszumalen, wie um Himmelswillen man diesem
trippigen, traumartigen, wunderschönen Werk einen
sicken Friedkin-Spin geben könnte – ohne kotzendes
Kind weit und breit, nur um eine der Hürden zu
nennen.
Aber eigentlich ist das alles egal – auch ohne das
ganze Drumherum ist LISA einer dieser Filme, die
sich ein merkwürdig dauerhaftes Plätzchen im
Bewusstsein der Betrachter einrichten können. So
ging es zumindest Eurem Kurator für diese Woche, der
meinte schwören können, dass wir den schon mal
gezeigt hätten, in ferner Vergangenheit. Die
unbestechliche Playlist sagt nein, und das passt gut
zu jener Zwischenwelt, in der niemand sagen kann,
was real ist und was imaginiert.
Film ab!
F&J&A
19.10.2023
¡Hola!
Unser hochgeschätzter Kurator J hat sich aus
rätselhaften Gründen jüngst dem
Nicht-Abreissen-Lassen einer „Höllenreihe“-Agenda
verschrieben – wirft etwa schon der circa 2025 zu
erwartende sechshundertsechsundsechzigste Film auf
unserer Playlist
seine dräuenden Schatten voraus?
Ach ganz egal, jedem sein Pläsierchen: nichts
einfacher, als (in kurzfristiger Vertretung für
ebenjenen etwas maladen J) was Passendes aus dem Hut
zu zaubern, schwarzmagisch versteht sich.
DR SATAN VERSUS BLACK MAGIC stammt aus
hochproduktiver Zeit in einem hochproduktiven Land,
das bei uns bisher etwas unterrepräsentiert ist:
Mexiko, 1968.
Wir lassen die Verlockungen unzähliger
Santo-Wrestler-Streifen rechts und links liegen und
leisten einem weithin unbekannten Character
Gesellschaft, der es ganz kulturuntypisch auf nur
zwei Titel, also die kleinstmögliche Definition
einer „Reihe“, brachte. Der erste DR SATAN war noch
Schwarzweiss, der zweite dafür umso bunter – was
nicht nur für die Optik, sondern auch für den Inhalt
gilt. Zombies, Vampire, teuflische
Superschurkenpläne, ratlos quatschend
herumermittelnde Kommissare (mexikanische Varietät,
für Fachleute gern zu pitchen gegen italienische
Kollegen), recyclingfreundliche Pappmaché-Hi-Tech,
explodierende Props, hypnotisierte Damen in
Go-Go-Boots, Laserkanonen, Countdowns aus Kaugummi
– you name it, we've got it.
Da man hier rasch den Überblick verliert sei
vorangestellt: Man denkt nicht klein in Mexiko – den
Deibel selbst gilt es zu retten vor asiatischen
Kriminellen, und hierfür wird unser Dr. Satan
eingeschaltet, der nach den Anstrengungen des ersten
Teils gerade für eine kleine Ewigkeit in der Hölle
relaxen wollte, nun aber par ordre du mufti wieder
ran muss. Wer in diesem Setup die „Guten“ vermisst,
kann lange suchen und sich in nachdenklichen Stunden
fragen, ob der zu besichtigende Totalausfall des
ethischen Kompasses Ursache oder Wirkung der
gewaltfreudigen lokalen Folklore ist. Man kann’s
aber auch lassen und statt dessen einen Tequila
kippen. Oder zwei.
Nun haben wir den Film schon eine ganze Weile
zurückgehalten in der Hoffnung auf eine restaurierte
Version – es ist jedoch zu fürchten, dass sich bis
auf weiteres niemand der Sache annehmen wird, oder
vielleicht gar kein 35mm Print mehr aufzutreiben
ist. Daher werden wir seminostalgisch, indem wir
einen VHS-Rip zum besten geben. Wer enttäuscht ist
sei erinnert, dass die TMN-Veteranen jahrzehntelang
dieser Qualität ausgesetzt waren, und hat es uns
geschadet? Darüber kann trefflich disputiert werden,
morgen ab 19:00.
See you!
F&J&A
26.10.2023
Wertes Publikum,
wöchentlich purzeln Euch die Einladungen ins
Postfach – mit einer Selbstverständlichkeit, die
nicht erahnen lässt, welches Ringen mit den
Elementen, inneren Schweinehunden, umständlichen
Umständen, manchmal Krankheiten,
Entscheidungsdilemmas, Uhrzeiten, Substanzen und
hohen Selbstansprüchen das alles ein jedes Mal mit
sich bringt.
So auch diese Woche, wo Kurator N eine nächtliche
Signal Nachricht von Kurator J erreichte:
Neumann!!! Bitte den ftmn Text zu Abby von der 2.
Mail (die um 2 Uhr...) Nehmen, der erste war
dvhrisse! GIF kann bleiben! Dankeee! 😬🙄
Würdigt also das Folgende! Gemahnt Euer selbst- und
fremdberäucherndes TMN Team.
+++
Es sollte, liebe Mitbewohner des Brennenden
Braunblauen Blödplaneten, doch mit dem Deibel
zugehen, wenn wir nach der intensiven Beschäftigung
mit diversen Spielarten der Himmel / Hölle /
Fegefeuer-Thematik bei unserer Reise durch Asien,
Italien, Deutschland, Usa und sonst-wo, nicht auch
mal Afrika, genauer: Nigeria, seinen
quasi-satanischen “Senf“ dazu geben lassen würden.
Nun gut, die 1974 im Zuge des „The Exorcist“-Hypes
zusammenphantasierte
Afrikanischer-Chaos-Wirbelsturm-Sexdämon-Disco-Blaxploitation-Schote
vom damals grade mal 28 Jahre jungen William
„Grizzly“ Girdler (der bedauerlicher Weise seinen
31. Geburtstag nicht mehr erleben durfte) ist
natürlich in den US of A entstanden und des knappe
Budget von unter 100 000 Dollar zeigt sich denn auch
in seiner vollen minimalistischen Pracht, wenn
beispielsweise eine nigerianische Ausgrabungsstätte
buchstäblich in einem x-beliebigen Erdloch überall,
nur eben nicht in Afrika, gedreht wurde und
genretypisch allgemeines, fröhliches
Improvisationschaos sein zartes Band in Ausstattung,
Schnitt, Kamera und auch sonst, fliegen lässt.
Geschenkt!
One World, One People, One Spirit, One Woman (Carol
„Disco Godfather“ Speed, die sich den Umständen
entsprechend wirklich mit vollem Einsatz in ihre
Rolle wirft) und One Demon, der eben NICHT wie
weiland Satan (Exorzist 1), „Pazuzu “ (Exorzist 2)
etc. aus unserem meschiggenem alttestamentarischem
Quatschkosmos christlich-jüdischer Tradition
entsprungen ist, prallen in dieser schwarzen
Coverversion des „Exorzisten“ fröhlich aufeinander.
„Èṣù*“, prominente Gottheit an der an wunderlichen
Viechern nicht grade armen „Yoruba “-Religion, Gott
des Chaos, Erschaffer der Wirbelstürme, Trickster
und, exklusiv für diesen Film hinzuphantasiert,
manischer Sexualschwerenöter, hieß hier der Dämon
der Stunde, der in ein junges, gottesfürchtige
Mädchen hineinrasselt. Ist doch nun wirklich etwas
anders als das Original, möchte man meinen.
Die dämonischen Rechtsanwälte von
Warenannahme-Brothers waren da allerdings anderer
Ansicht und schneller, als man „Deine Mutter lutscht
Martinis in der Eckkneipe“ sagen kann, war die
Produktionsfirma AIP verklagt und der Film aus dem
Verkehr gezogen.
Zugegebenermaßen (und vom Regisseur in Interviews
lässig bestätigt) liegt hier ein Fall schwerer
Hypetrain-Trittbrettfahrerei vor, aber in einer
Zeit, da der Original Exorzist derart die Kassen
klingeln ließ, dass Jede:r und sei'
Beichtmuddavadder einen Dämonenbesetzungsfilm auf
den Markt schmiss wie der Priester Smarties nach den
Messdienern, könnte Mensch rückblickend den
Rechtskundigen eine gewisse Voreingenommenheit
unterstellen, als sie ausgerechnet einen Black Movie
aus der Menge der Plagiate herauspickten, um an ihm
ein sinnloses Exempel zu statuieren:
Filme über von Dämonen besessene Menschlein gab (und
gibt) es zu allen Zeiten, und die Macher des bis zu
seinem „Verbot“ für eine Low Budget Produktion sehr
erfolgreichen Streifens (4 Mio bei 100 000 Einsatz,
– Respekt!) gaben sich über die bemängelte
Ähnlichkeit hinaus rechtschaffen Mühe, ihr eigenes
krudes Ding zu zimmern, andere Religion, andere
Dämonen-Special-Moves, Rosmaries Baby Anspielungen,
Discokugel-Fu und generelle Blacksploitation-Hipness
inklusive. Sogar einen schrulligen „Twist“, der wohl
irgendwie das Problem, oben benannten Gott / Dämon
noch ohne Not aber mit genreüblichen schmuddeligen
Hintergedanken, zum Sexmonster upgegradet zu haben,
mit pfiffiger Bauernschläue wegerklären sollte,
wurde dem als „einer der besseren Exorzisten-Clone“
gehandeltem Streifen spendiert.
Alles richtig gemacht.
Aber fuckinghellanddamnation, wenn du in den USA
nicht die richtige Hautfarbe hast, kann schon mal
ein wenig Bigotterie in die an sich ja ohnehin
vergleichsweise gottlose Welt des Justizsystems
hinein suppen. Der Produktionsfirma AIP war es
herzlich egal, die Kasse stimmte und der Film
wanderte in die Giftschränkchen der Warner Bros, die
sich bis heute weigern, ihre Negative bzw.
vernünftigen 35 mm Kopien für eine mögliche
Wiederveröffentlichung heraus zu rücken, was uns
wiederum in die drollige Lage versetzt, eine
schlecht abgefilmte 16mm Kopie, die wiederum
Grundlage für noch miesere VHS-Transfers und
schließlich erbarmungslose in
Sack-und-Asche-Komprimiererei bildet, goutieren zu
dürfen.
Willkommen in unserer ganz privaten ästhetischen
Hölle aus Artefakten, lausiger Auflösung,
Hefe-zerfetzend schlechtem Ton und fast schon
geisterhaften Konversions- und Transferfehlern jeder
nur erdenklichen Spielart.
Nichts zu danken.
Ist ja bald Halloween, und Untote müffeln nunmal
bzw. „sehen nicht aus“.
Blackula persönlich underacted (für einen
Blaxploitationfilm im allgemeinen und das Oevre des
Herren William Horace Marshall unüblich) sich als
Priester, der für einen Nigerianischen Dämon
natürlich auch die richtige Garderobe zur Hand hat,
durch ein flottes
Horror-Exploitation-Schmuddel-NewmanNewmanNewman-Quatschgewitter,
das sich, zumal in dieser Sackrattentötend
schlechten Kopie, gewisslich famos in die untersten
Schubladen unseres fragwürdigen Langzeit-Programms
einreihen wird.
Also lecker Haferschleim und „Weih“wasser bzw.
-rauch bereitgestellt, und
ABBY
USA 1974
R: William Girdler
in die Herzen und Hosen lassen!
J+F+A
02.11.2023
Ihr denkt, nach Halloween sei es aber mal gut mit
Höllen, Luzifern, Bessenheiten und metaphysischem
Gezücht?
Wir hätten da noch einiges aufzubieten, versteht
sich. Zwischendurch aber nehmen wir uns die Freiheit
das Thema zu variieren, um einem weiteren
dringlichen Bedürfnis unseres guten Big J gerecht
werden können: endlich mal wieder Science-Fiction!
Diesen Move ermöglichen uns DÄMONEN AUS DEM ALL,
die wir niemandem Geringerem verdanken als dem von
uns hochverehrten Antonio Margheriti.
(Ja, ebenjenem, der im Deutschen „Anton
Gänseblümchen“ heissen würde, jedoch – aufgefordert,
seine europäischen Wurzeln hinter einem knackigen
und besser vermarktbaren anglophonen Pseudonym zu
verschleiern – für den ebenso wörtlich übersetzten
Vorschlag „Anthony Daisies“ bei seinen
US-Produzenten ein Daumen-Runter kassierte und daher
resigniert als „Anthony Dawson“ reüssierte.)
Ach, was war das für eine tolle Vergangenheit, in
der man als Zukunft nicht unsere verkorkste
Gegenwart kommen sah, sondern das, was uns diese
Woche blüht!
Bunt geht es da zu, sehr bunt sogar, auf Erden und
im Weltenraum. Statt Homeoffice gibts von früh bis
spät geschäftiges Gedrängel in Kontrollräumen, in
deren Ergonomie sich keine Bedenkenträger der
Berufsgenossenschaft eingemischt haben. Gerne trägt
man Glitzerfummel oder Uniform – aufgewertet mit
neckischen Details wie Gummikorsagen für Herren.
Zwischen höchstgeheimen Einsätzen genießt mann harte
Drinks und „Heimaturlaub“ auf der guten alten Erde –
vielleicht, weil man nur dort Damen im Bikini
Minigolf spielen sehen kann. Wobei der Dienst selbst
auch nicht ohne Reiz ist: Ohne irgendeine Bilanz für
irgendwas bedenken zu müssen, düsen alle kreuz und
quer durch die Weltgeschichte, dabei allerlei
elaborierte Theorien formulierend, die zu widerlegen
sich niemand berufen fühlt. Zwischendurch findet
sich Zeit, authentischem Sherpa-Ausdruckstanz
beizuwohnen. Kurz: weit und breit fährt einem
niemand in die Parade beim unbekümmert Unfug reden
und treiben. Glory Days!
Und wie praktisch und sparsam man damals veranlagt
war! Der gute Antonio ward Mitte der flotten 1960er
beauftragt, für einen Paketpreis gleich vier mal 90
Minuten für die USA parallel runterzukurbeln,
gerüchteweise für eine TV-Ausstrahlung, in
haarscharfer Konkurrenz zum gerade in Vorproduktion
befindlichen STAR TREK. Zu unserer Freude wurden
jedoch umgehend vier Kinofilme daraus gebacken,
einer doller als der andere. Nachdem wir 2019
mit I CRIMINALI DELLA GALASSIA den ersten Teil der
(sehr losen) GAMMA-1 „Reihe“ zum Besten gaben (einer
der All-Time-Favorites zumindest von Kurator F und
nicht nur VJ-Gold oder -Platin, nein, ein
100karätiger VJ-Diamant ist das), springen wir mit
den DÄMONEN gleich zum Letzen.
Wer nun – ob der Befürchtung, irgendwelche
Anschlüsse, Überleitungen oder Handlungsstränge
nicht nachvollziehen zu können – nervös auf seinem
Stühlchen ruckelt: ihr werdet klarkommen. Zumindest
genauso gut wie Antonio und seine Crew, die keine
Probleme damit hatten, zuvor dramatisch verstorbene
Charaktere kommentarlos auferstehen zu lassen, Love
Interests und Rivalinnen mal eben die Rollen und
Actricen tauschen zu lassen, mit bärbeißigen
Kommandanten zu jonglieren, und praktischerweise
jede Menge bewährte Props und Gadgets aus früheren
Filmen zu recyceln, so dass man auch mittels
einfachen Losguckens rasch auf Flughöhe kommt. Dass
wir nebenbei einen heißen Tipp bekommen, wer und was
in Wirklichkeit hinter dem sog. Klimawandel
stecken könnte, macht den Film hochaktuell und
verdient ein TMN-Prädikat „Besonders Wertvoll“.
Wir freuen uns wie Schneekönige, die deutsche
Fassung präsentieren zu können.
See you!
F&J&A
PS. Was die Inflation alles so anrichtet, kann man hier
bestaunen – hätte Antonio solche Summen für
seine Modelle aufwenden müssen, wären die GAMMA 1
Wunderwerke wohl nie zustande gekommen. Aber
seinerzeit hatten Regisseure eben zwei linke UND
drei rechte Hände und übernahmen die Special Effects
gerne gleich mit. Zu bewundernd bei unserem Blick in
die golden schimmernde, für immer versunkene
Vergangenheit, in der erwachsene Männer dafür
respektiert und bezahlt wurden, sich lack- und
klebstoffschnüffelnd Miniaturwelten aus allem was
zur Hand war auszudenken, aufzubauen und natürlich
abzufackeln.
08.11.2023
Pause
16.11.2023
Wir schalten in den Herausforderungsmodus.
Zu allererst allerdings waren offensichtlich die
Macher (vielleicht eher: Macker) des
dieswöchentlichen Beitrags mit dem überfordert, was
sie da 1974 anzurichten begannen. Denn was als
halbwegs straighte Weibliche-Barbaren-Action anhebt,
erfährt alsbald eine wundersame Wandlung. Und was
für eine!
War es ein Mißverständnis – oder vielleicht das
Script bei Drehbeginn noch nicht am Set eingetroffen
–, dass man nach einem recht groben Einstieg flugs
(genauer: mit einem Schnitt), von ruppiger
Gewalt auf eine Klamotte schäbigster Art
umschwenkte? Hatte der Produzent eine sensible Phase
und zwang nach dem ersten Drehtag zur Kurskorrektur?
Änderten sich die Prognosen, was die meisten Lire
einbringen könnte? Dachte jemand, dass auch ein
wohlmeinendes Publikum letztlich die Kostüme doch
nicht ganz ernst nehmen könnte? Kreiste eine
übergroße Dose Spaßkekse am Set? Und warum um
himmelswillen mischt man ausgerechnet hier
ausgeliehene Shaw-Brothers-Kungfu-Kämpen (B-Ware)
mit rein?
Was geschehen ist, lässt sich nicht mehr
rekonstruieren. Ergebnis ist in jedem Fall ein
Bastardo von Film, dessen Rezeption die
deutsche Fassung weiter verkompliziert: erfolgte die
Vertonung doch in Schnoddersynchro, und zwar in
sozusagen spätbarocker Blüte, ohne jede Gnade.
Konsequenterweise wurde in der deutschen Fassung von
SUPERMÄNNER GEGEN AMAZONEN aka SIE HAUEN ALLE
IN DIE PFANNE die auf falsche Fährte führende
Eröffnungssequenz einfach weggelassen und
unvermittelt mit dem Kalauern losgelegt. Warum sich
das Leben schwerer machen, als es sein muss!
Wer nun aber denkt, dass es die Deutschen doch
vielleicht etwas zu bunt getrieben haben und im
Original ein bisschen mehr Würde gegeben sei, wird
ernüchtert bemerken, dass an einigen nicht
synchronisieren Stellen exakt der gleiche debile Ton
herrscht, nur eben in einer anderen Sprache. Es ist
ja nicht zu leugnen: auch in Italien gab es
schlimmen verfilmten „Humor“, dessen Bodensatz hier
kräftig aufgerührt wird. Verschärfend kommen
„lustige“ Soundeffekte zum Einsatz (ja, genau das
was ihr nun innerlich schon hört) sowie ein launiger
Soundtrack, der in seiner hyperaktiven Nervigkeit
Gewaltphantasien triggern kann. Ihr seid gewarnt!
Warum das alles? Weil man nicht mehr an den
Schnupfen denkt, wenn man sich mit dem Hammer auf
den Daumen geschlagen hat. Gönnen wir uns 100
Minuten fröhliche Verblödung, und völlig zweckfreies
Aufregen – über herrlich egale Nichtigkeiten wie
jene, einen totalen Kackfilm zu sehen.
Zumindest Eure Kuratoren können es mal brauchen.
F&J&A
23.11.2023
Trommelwirbel!
FILM NUMMER 600!!!
Ob wir uns da um einen oder mehrere verzählen,
können Medienhistoriker jedweden Geschlechts und
Kulturkreises in ferner Zukunft klären, die sollen
ja noch was zu tun haben. Wir jedenfalls haben unser
Bestes gegeben, um mit KI Unterstützung (echt
jetzt!) einen bahnbrechenden Code in unsere Playlist
einzubauen, der genau das ermittelt – wobei wir, je
nach Interpretation von Zusammenstellungen,
womöglich auch schon „drüber“ sind – aber egal, auf
keinen Fall sind wir drunter, und jetzt wird
gefeiert! Ein Hoch auf alle, die jemals dabei waren
oder gar so manches Jahr mit uns durchgehalten
haben, unter unerschrockener Aufopferung von Ruf,
Realitätsbezügen und Lungenvolumen.
Aber wie den Anlass begehen? Wo doch eigentlich
sowieso schon jeder einzelne Streifen den wir
servieren eine handverlesene Kostbarkeit darstellt?
Wir entscheiden uns für Apnoe-Tauchen in
niveaumässige Abgründe, und wer könnte dabei ein
berufenerer Coach, Begleiter, Sponsor und Komplize
sein als GODFREY HO! Ebenjener, der uns in den
frühen Jahren der TMN durch die ganz harte Schule
schickte, und so für immer prägte. Waren die ersten
Funde auf Videotheken-Ramschtischen noch
Zufallstreffer, kapierten wir irgendwann: der
Wahnsinn hat Methode. Und zwar jene, die Trümmer
gescheiterter asiatischer Produktionen aufzustöbern
(man bedenke: wenn in diesen Gefilden etwas als
hoffnungslos aufgegeben wird, muss es wirklich
schlecht darum gestanden haben), je ca. 2-3 davon
mit billigst gedrehten neuen Szenen
zusammenzuschneiden und so zu tun, als sei das
Ergebnis ein „Film“, der so etwas wie eine
„Handlung“ habe. Die Überrumplungstaktik, dem Kino-
und Videothekenpublikum diese Wolpertinger
vermittels maximal irreführender Plakate bzw. Cover
unterzujubeln konnte aufgehen, weil eine solche
Chuzpe kaum jemand für möglich hielt. Bis es zu spät
war.
Beim Gedanken an lebensverändernde Erfahrungen wie
COUNTER DESTROY oder ROBO VAMPIRE wird einigen
Veteranen noch heute warm ums Herz, und wir können
einen nachlegen!
ROBO-KICKBOXER - POWER OF JUSTICE fällt
nochmal um einiges lausiger aus als die genannten
Alltime-Favorites, auch wenn dies kaum möglich
scheint. Vom guten Godfrey und seinem infamen
Produzenten Joseph Lai bar jeden Skrupels vermutlich
an einem Wochenende zusammengeschustert (unter
Zuhilfenahme eines a) letztklassigen
Gefängnis-Ausbruchsdramas sowie b) irgendetwas
Krimiartigem, „aufgewertet“ mit den üblichen,
eventuell nach Bumstour pleite in Asien
hängengebliebenen weißen Knallchargen), erwartet uns
ein Kampfkunst-Spektakel, wie man es noch nicht
gesehen hat. Wirklich nicht.
Film ab! Auf die nächsten 600!
F&J&A
30.11.2023
Liebe Sternen-Mitpilgerer:innen und Space-Kekschen,
wüsste ich es nicht besser, müsste ich retrospektiv
den Tschechen die Schuld geben.
Halt, nicht allen Tschechen natürlich, wo kämen wir
denn da schon wieder hin: EINEM sehr speziellen
Tschechen der, natürlich ohne zu wissen, dass euer
kleener Co-Kurator erst Jahre später nach seinem
verehrenden Wirken geboren ward, das Kunststück
vollbrachte, 1963 zwei Filme abzuliefern, die im
zarten Gemüt zunächst des kindlichen, dann des
heranwachsenden TMN-Lümmels, heillose Verwirrung und
nicht unbeträchtliche traumatische Spuren
hinterlassen sollten.
Die Rede ist von keinem Geringeren als Jindřich
„Morgen werde ich aufwachen und mich mit Tee
verbrühen“ Polák, Schöpfer diverser, heute nicht
unbizarr anmutender, klassischer
Kinderfernsehserien-Klopper wie „Pan Tau“, „Luzie,
der Schrecken der Straße“ und „die Besucher“, um nur
einige zu nennen.
Die Älteren erinnern sich: NNN und ich kredenzten
seinerzeit ein „Traumatisierende Kinderfilme (bzw.
als „Kinderfilme“ deklarierte Celluloid -
Wahngebilde) – Spezial“, das im jungen Menschen N.
ein lebenslanges Misstrauen gegenüber Telefonzellen
im Speziellen und einer undurchsichtigen,
erbarmungslosen Erwachsenenwelt, in der das
Individuum, ohne Schuld und ohne Hoffnung, Mächten
ausgeliefert zu sein scheint, denen auch im
gesellschaftlichen Kollektiv nicht beizukommen ist
(mit alptraumhaften Konsequenzen für den
Protagonisten), weckte, – und meinen Abscheu
gegenüber Clowns, jenseits von Logik operierende
außerirdische Vehikel und ebensolche Roboter bzw.
einer grundsätzlich verzweifelten apokalyptischen
Grundstimmung, die durch das grenzdebile Agieren
nämlichen Clowns, der die schrecklichsten Momente in
hochgefährlichen Situationen nutzlos und
unglaubwürdig in etwas harmlos-lächerlich-witziges
zu verwandeln suchte, ins schier unermessliche
steigerte.
WTF, Jindřich, WTAF?
Das Wunderkind der tschechischen Fernseh- und
Kinounterhaltungsmaschinerie semmelte also 1963,
inmitten des kuscheligen kalten Krieges, gleich zwei
Science Fiction Filme auf die Leinwände. War nun
„Clown Ferdinand und die Rakete“ eindeutig als
Kinderfilm ausgewiesen, so richtete sich der zweite
Streifen an ein reiferes Publikum, dem auch mal ein
anspruchsvolleres, auf einer Geschichte des
polnischen Star-SF-Autors Stanislaw „Memoiren,
gefunden in einer Badewanne“, „Solaris“ Lem,
basierendes High-Brow-SF-Skript zugemutet werden
konnte.
Ikarie XB-1
CSSR 1963
R.: Jindřich Poláck
Über eben diesen Film durfte Euer geliebter TMN
Droogie wiederum bei seiner Erstausstrahlung im
deutschen Fernsehen 1981 stolpern, von den Vorboten
der Pubertät und dem
Früh-Achtziger-Paranoia-Grundrauschen schwer
gebeutelt und durch die intensive Beschäftigung mit
SF-Literatur, Comics und Filmen jedweder Güteklasse
und Couleur in eine Art eskapistische Dauer-Trance
versetzt.
Da lief also dieser schwarz-weiße SF Streifen, der
die Abenteuerliche Reise einer hübsch diversen
Wissenschaftler- und Forschercrew schildert, welche
sich mit allerlei kosmischen und menschengemachten
Unwägbarkeiten auf ihrer langen Reise zu einem
fernen Planeten herumschlagen muss, sich vor lauter
Staunen und Philosophieren bzw. Hadern und
Durchdrehen aber auch nicht für ein schnelles hüstel
futuristisches Tänzchen in der Raumschiff eigenen
Hotspot-Bord-Disco oder ebenso bizarre Verrenkungen
im futuristischen Fitnesscenter ebendort, zu schade
ist. Ein richtiger Robie-Roboter vom ganz alten
Schlag darf ironisch mit tun, und es wird in
großartigen, stimmungsvollen Bildern unter
Zuhilfenahme exzellenter elektronischer Musik
(Zdeněk Liška brummelt, piepst, dudelt und zirpt,
dass es eine Wonne ist) ein übervoller Reigen aus
SF-Tropen geboten, durchaus klug erzählt und ab und
an gar erfreulich Klischee-frei, sogar
Herstellungs-Orts- und Genre-übliche kleine
Seitenhiebe der Musterkommunisten gegen ihr
verpeiltes kapitalistischen Gegensystem werden
erstaunlicherweise auf ein Minimum reduziert, und
irgendwie gerät das Ganze schließlich ziemlich
episodisch, fast schon Star Treckig „all over the
place“, was uns ja nun wirklich recht und billig
sein dürfte.
Überhaupt: dieses interessante SF-Gebinde, dem
naiv-spekulativem 50er Pulp entwachsen aber noch
nicht ganz in den intellektuell-depressiven 70ern
angekommen, mag, so die landläufige
Cineasten-Meinung, sowohl formal als stilistisch als
Inspirationsquelle der Herren Kubrick UND
Roddenberry gedient haben, finde sich doch in 2001
und Trek viele Elemente, die hier schon komprimiert
vorweg genommen werden.
Aber warum musste das unselige Sparbrötchen Pollack
ausgerechnet die Kulissen von Ikarie XB-1 in seinem
einige Monate später gedrehten, von mir allerdings
als erstes rezipierten, grauseligen CLOWN
FERDINAND-Alptraum wiederverwenden? Kein Wunder,
dass sich damals ein ungutes, nicht zu erklärendes
Unbehagen in die Rezeption dieses ohnehin sehr
stimmungsvollen Science Fiction Films mischte. Well,
„trau keinem Tschechen, auch wenn er drei Nüsse im
Gepäck hat“ könnte man schreiben, lässt es dann aber
besser.
Wir sehen den Film übrigens in einer mit verdienten
Schauspielern und Sprechern der Deutschen
Demokratischen Republik geradezu vollgestopften
DEFA-Synchro, was besonders im Vorspann für einige
Schmunzler sorgen wird (Zwinkersmily).
19:00 Kaltgetränke und spätkapitalistischer
Kokolores
20:00 Kalter Krieg und coole Kosmonautik
J+F+A
07.12.2023
Ach, gar stoisch ging es zu auf letztwöchentlichem
Sternenflug!
Derart von diffusem Weltschmerz umwoben wurde in
IKARIE agiert, dass – natürlich unausgesprochen –
die Frage im Weltenraum stand: Wie könnte der
schwermütige Akt ausgesehen haben, der zu doch
immerhin einem Nachwuchskosmonautchen führte? Denn
schon die bedenklich sediert wirkenden Balzrituale
auf der „Tanz“fläche ließen vermuten, dass sich
hinter artig geschlossenen Schiebetüren nicht allzu
Spannendes abgespielt haben mag. Teile der
männlichen Crew zu besichtigen, wie deren karge
Hoffnung auf ein wenig televisionäre Quality-Time
durch technisch implementierten realsozialistischen
Ethos erschlaffte (kurz: nix Kamera in Kajüte,
außerdem: 1963!), passte zum gänzlich unphallischen,
gar bügeleisenartigen Schiff. Was war zu erwarten?
Dass es auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs
zügelloser, wenngleich tödlicher, aber eben
vielleicht auch: etwas viriler zuging, war an Bord
der havarierten West-Rakete zu besichtigen. Unseren
schwebenden Politkommissaren fiel dazu jedoch nicht
viel mehr ein, als sich an Überresten von dem, was
wohl eine dekadente Orgie gewesen sein mag, zu
zergrübeln. Genutzt hat es wenig: Wer sowas
haltloses nur sieht, endet als Atomwölkchen.
All das drängt uns geradezu einen Film auf, der
schon länger im „Sleaze“ Ordner auf einer
Kuratoren-Platte lauert, und den wir Euch bisher mit
allerlei Ausreden ersparen konnten. Funktioniert
nicht mehr! Denn allzu zwingend ist es, ein
wochenübergreifendes Double Feature abzufeuern und
stimmungsvolles Schwarzweiss mit poppig-billigem
16mm zu kontern, einen dödeligen halbkugelköpfigen
Roboter mit einem anderen, verdammt gut ausgedachte
Raumanzüge mit äh Raumauszügen, feine Spezialeffekte
mit gar keinen, und natürlich: subtiles, geradezu
ätherisches Psychologisieren mit allerplattest
sexualisiertem Schwachsinn.
It’s TMN HARDCORE time!
Diesmal sowohl im üblich übertragenen Sinne von
„schwer auszuhalten“ wie auch wörtlich im Sinne von…
ja, genau dem, was euch schwant. Wir werden einen
bei uns seltenen Fall von expliziten Bumsszenen
erleben, welcher – wenn das Kuratorenhirn nicht
trügt – die bisher größte dergestalte
Herausforderung (CALIGULA im
Joe-D’Amato-Reinschummel-Cut, Playlist 2003) locker
über- bzw. untertrifft.
Muss das sein? Natürlich nicht, andererseits
ist STAR VIRGIN eine lehrreiche Produktion
aus jener Zeit, in der man dachte, man könnte
irgendwie alles unter einen Hut bekommen: Cash
machen mit minimalstem Einsatz, läppische Witze
kloppen, Tabus brechen, neue Formate der
Schmuddelunterhaltung erfinden, sich irgendwie
undergroundig-rebellisch-originell gerieren,
ordentlich einen durchziehen mit den Kumpels am Set,
und das Gefühl haben, dass die drei Semester auf der
Filmschule vor dem Rausschmiss doch nicht umsonst
gewesen seien. Wenn dabei ein Nümmerchen abfiele,
umso besser.
Dass in den 70ern nicht wenige der Actricen und
Akteure in solchen Werken der Meinung waren, an
vorderster Front der sexuellen Befreiung zu stehen
bzw. zu liegen und so die Welt zu einer besseren
machen zu können – heute nicht mehr auszudenken.
Wem nun FLESH GORDON-Assoziationen zu dämmern
beginnen, liegt so falsch nicht, wobei jener ja in
den Wirren der Zeit der Vögelei verlustig ging und
als soft-klamottiges Überbleibsel seinen Weg auf
unsere Playlist 2006 fand. So viel Glück haben wir
diesmal nicht. Man sei gefasst auf Haariges,
unfreiwillig Unappetitliches, beklagenswert
Anschaulich-anatomisches, kurz: Vintage-Porn in
Space. Ausdrücklich ist diesmal phasenweises
Wegschauen erlaubt!
Steht uns bei.
F&J&A
(gegeben ward STAR VIRGIN)
14.12.2023
Liebe Gemeinde,
nach dem letztwöchigen Ausflug in die für so
manche:n möglicherweise etwas strapaziöse Welt des
Hardcore-Pornos mit vorhaut-dünnem Science-Fiction
Feigwarzenblatt, reißen wir das Steuer um alle
Grade herum und widmen uns einem „Genre“, dass mit
„Nocore“ wahrscheinlich noch am ehesten zu
beschreiben sein dürfte.
Ihr glaubt (bzw. seid Euch sicher), letztes mal MEHR
gesehen zu haben, als euch lieb war? Keine Bange,
diesmal werdet ihr weitaus WENIGER zu sehen
bekommen. Und zwar von ALLEM. Frohen Gemütes
stolpern wir über einen nicht ausgepackten Stapel
billigen Kopierer-Papiers (der Stoff, aus dem etwa
80% der Setdesigns unseres aktuell zu überstehenden
„Films“ zusammen geklebt, geschludert oder – wer
weiß – mit studentisch-verpeilter künstlerischer
Ambition „gestaltet“ wurden) mittenmang in ein
beige-weißes Loch, dass sich mal als Tür, mal als
symbolbehaftetes Nichts, auf jeden Fall aber als
magischer Durchgang in die bizarre Vorstellungswelt
einer Gruppe von Menschen offenbaren mag, deren
Verständnis von Filmsprache und Erzählkunst irgendwo
zwischen Zenmeister und Kieselstein angesiedelt ist.
AFTER LAST SEASON
USA 2009
Regie, Drehbuch, Kamera, Produktion: Marc Region
...wollten da ein paar fidele Jungstudentlein ihrem
Professor mal so richtig eins auswischen und
demonstrieren, wie anti-Film, wie rücksichtslose
Talent- und Handwerksverweigerung aussehen können?
Was man alles mit Unmengen an Kopiererpapier so
anstellen kann? Wie man es schafft, noch die
einfachsten Regeln des filmischen Schnitts mit einer
Urgewalt zu ignorieren, dass es schon an boshaften
Sadismus grenzt?
Denn irgendwie etwas zu erzählen haben die
sanftmütigen Irren ja dann doch:
Da gibt es endlose Monologe wild um sich
psychologisiernder Ärzte und deren extrem
minimalistisch ausgeführten medizinischen
Gerätschaften zu bestaunen, Paranatürliches und
Mörderesk - Tödliches versuchen, sich die nicht
vorhandene (oder gegebenenfalls durch ein Stückchen
A4 Papier simulierte) Klinke in die Hand zu geben,
Cybertechnologie wird herbeideliriert, das ganze
flankiert von atemberaubend spartanischem Setdesign,
ins surrealistisch lappenden Computeranimationen und
jeeeeeeeeeeeder Menge geheimnisvoller leerer A4
Papierblätter.
Na schön, manche Zettel haben auch Pfeile drauf.
Die irgendwie immer ins Nichts deuten.
Geschenkt.
Papier ist auch hier sehr geduldig.
Was hat dieses mutmaßliche Professoren-Monster den
armen Kleinen nur angetan, dass sie sich die Zeit
nahmen, in den schäbigsten Ecken der
heruntergekommensten Aula des wahrscheinlich
kleinsten und gemeinsten Universitätsgebäudes der
Staaten, im Wohnzimmer der Oma oder wo auch immer,
genau diesen „Film“ zu drehen, das Ergebnis zu
„schneiden“ und als im Ganzen 5 Millionen US Dollar
teure 35 Millimeter-Produktion mehr sehr
schlecht als schlecht in die Kinos zu
bugsieren?
(Nun, obige Spekulationen – scheinen - , wie den
wenigen Artikeln und Interviewschnippseln mit
beteiligten Schauschpieler:innen und gar dem
Regisseur selbst zu entnehmen ist, komplett an der
Realität vorbei zu schliddern. Und doch, bedenke ich
die Zeit an unserer wunderbaren High Schule für
Gestalten, namentlich die überdrehte Stimmung im
leider schon lange der Vergessenheit anheim
gefallenen, offenen 16mm
Großraumkellerbüro-Schnittplatzraum voller
Bierflaschen, Rauchschwaden und giggeliger bis
hochnotverzweifelter Mit-studierender, möchte ich
auch meine These nicht ganz vom Tisch gewischt
wissen. Was weiß schon der Regisseur (siehe
Interview-Link unten) von seinem Werk und Werdegang?
Womöglich lügt er ja einfach nur wie gedruckt, der
Bafög-Hinterzieher-Schlingel!)
Die Spurensuche nach Informationen zu diesem Ding
im Film-DIN A 4 Blätterteig-Schlafrock sorgte
jedenfalls für mehr Verwirrung als Klarheit.
Denn während Herr „The Room“ Wisseau, Herr „Alles!
Ich! Gott!“ Breen und wie die uns bekannteren
egomanen Realitätsverweigerer so alle heißen,
immerhin (aus welchen manischen oder narzisstischen
Gründen auch immer) ihre Beliebtheit bei einer nicht
unbeträchtlichen Meute sarkastischer aber eben auch
zahlungskräftiger Nischen-Cineasten akzeptieren und
sich vollumfänglich zu ihren Werken bekennen, hüllen
sich hier die Akteure und Akteurinnen, die
Filmemacher:innen bzw. die offenbar aus einem
Paralleluniversum versehentlich zu uns gelangten
Entitäten, die für „After Last Season“
verantwortlich zeichnen mögen, in vorsichtiges
Beinah-Schweigen.
Ach, Schon höre ich eifrige, klebrige
TMN-Veteranenfingelein über die Tastatur huschen
im Bestreben, rasch mal eigene Nachforschungen zu
Stoff, Crew und Filmrezeption
zusammenzurecherchieren. Und Ich muß leider
beherzt rufen: HALTET EIN!
Klar kann Mensch sofort die Rechenmaschine ins
Netzgewirke einklinken und sich (und uns) das
Vergnügen eines von vielfacher Seite als geradezu
transzendente Erfahrung geschilderten,
anderthalbstündigen Nichts von einem Film mit
fragwürdigen Zusammenfassungen, erstaunlichen Thesen
und gut gemeintem Spott angenehm Trash-erprobter
Youtuber (HustRedlettermediaHust) bestens gewappnet,
in die seltsame Un-Unterhaltung, die dieser Film
aufs trefflichste zu bieten scheint, stürzen – wir
empfehlen aber dringend, es erst mal mit der
Recherche gut sein und die Vorführung als eine Art
„Mentale Trash-Trainings-Einheit“ bzw.
„Hype-Realitätscheck“ auf sich wirken zu lassen,
denn:
Hypes, zumal der internet- übersättigten
Streamer-Jung – und kindlichen Mittelalt-Hipster
dieses Planeten geschuldet, können, müssen aber
nicht einen sehenswerten „Zeitgeist“ widerspiegeln
und daherbehauptet wird so manches im Internet (und
nicht nur da).
Wenn also die Chancen (wie im vorliegenden Fall) so
gut stehen, hier noch kurz vor Weihnachten einen
Film irgendwo in unmittelbarer Nähe des legendären
Rentierstreifens goutieren zu dürfen, dann
wäre es doch fun-fucking-tastic, das so unbelastet
und unvorbereitet wie möglich zu tun!
Dem Drang nach immer mehr und mehr Wissen einfach
einen Moment NICHT nachgeben, alle Substanzen und
Genüsse dieser Erde, derer ihr habhaft werden könnt,
in Schälchen, Gefäße oder Papierchen füllen und
alles irgendwie auf sich wirken lassen sei die
Devise.
19:00 Uhr: zerquatschen bis zum Blackout
20:00 Uhr: zusehen bis zum Whiteout
J+F+A
*Und wer es gar nicht erwarten kann, hier ein
kleiner Interview-Schnipsel
mit dem männlich gelesenen Hauptdarsteller, der
spoilerfrei Einblick in die Dreharbeiten dieses
Werkes bietet, ein halber
Artikel zum Thema und ein Interview
mit dem Regisseur selbst for good measure.
Do with it what you want shall be the whole law.
21.12.2023
Patient: „Ich hatte wieder diesen Traum. Von
damals.“
Analytiker: „Hmhm.“
P: „Aber intensiver als je zuvor, nicht nur Fetzen.
Ich sitze in unserem Ford Country Squire, meine
Mutter fährt. Sie hat ihren Kunstledermantel an und
raucht Mentholzigaretten. Winter in Montana. Bing
Crosby mit „White Christmas“ im Radio. Im
Schneegestöber taucht jetzt vor uns die glitzernd
dekorierte GRAND WORLD Shoppingmall auf.“
A: „Hmhm.“
P: „Einmal im Monat fahren wir hierher. Meine Mutter
lässt sich die Hochfrisur machen und schaut nach
Sachen. Weil mich das langweilt, darf ich ins Kino.
Finde ich immer super! Piratenfilme, Western …“
A: „Hm.“
P: „Heute sind wir knapp dran – noch schnell
Popcorn, Küsschen und dann sitze ich mit ein paar
anderen Kindern im Dunkeln."
A: „ Hmhm.“
P: „Es gibt einen Weihnachtsfilm. Aber irgendwas ist
komisch. Da ist kein Schnee. Im Gegenteil, es gibt
Palmen und keine Rentiere. Es wird geschwitzt. Eine
Stimme erzählt die Geschichte, und die Stimme
erinnert an Tante Marge, wenn sie ihre Tabletten
genommen hat, um sich nicht so aufzuregen…"
A: „Hmhm.“
P: „Und der Santa Claus, der gefällt mir nicht … der
erinnert an Onkel Jules … wie der oft am Wochenende
Papa besucht hat, die beiden haben gleich angefangen
„Erwachsenenlimonade“ zu trinken … Onkel Jules sang
dann bald wie dieser Santa … und mich haben sie ins
Bett geschickt, um „nach der Eisenbahn zu
schauen“ … am nächsten Morgen war die immer
ganz durcheinander, Züge entgleist … manchmal fehlte
ein Waggon … und überall stinkende Martinigläser mit
Kippen drin … einmal war Onkel Jules auf den Bahnhof
gefallen … danach gab es nur noch ein Signal als
Halt …“
A: „Hmhm."
P: „Der Santa im Film bequatscht jetzt irgendwelche
Kinder, ihm Ersatz für seine Rentiere zu verschaffen
… das Schaf verstehe ich ja noch … das Pferd … aber
ein Affe? Irgendwas stimmt da nicht… ich merke, die
anderen Kinder im Kino werden auch unsicher … manche
lachen … einer fängt an zu weinen ...“
A: „Ja.“
P: „Dann wird es noch mehr Durcheinander, der Santa
nuschelt eine Rede, in der er die Kinder beschwört,
die Hoffnung nicht aufzugeben … dann würden ihre
Träume wahr … aber welche denn? Denn die Kinder
verschwinden und plötzlich sind da andere, die in
einen Vergnügungspark gehen, in dem sie einen Film
sehen … warum? Es ist sehr verwirrend.“
A: „Hmhmhm."
P: „Der Film im Film im Traum hat gar nichts mit
Weihnachten zu tun, aber mit einem Mädchen, das kein
richtiges Mädchen ist sondern schon ungefähr so alt
wie die Frau, die gegenüber eingezogen ist und die
Papa immer am Swimmingpool mit dem Fernglas anguckt
wenn er Mama sagt dass er mit mir Eichörnchen zählen
geht und denkt dass ich es nicht merke … bei uns
gibt es gar keine Eichhörnchen ...“
A: „Hm?"
P: „Meine Mama meint die neuen Nachbarn wären
Hippies, und vielleicht ist das Mädchen auch ein
Hippie, denn es schläft in einer Blume, und Mama
sagt die würden sich Blumenkinder nennen…"
A: „Hmhm."
P: „Das Blumenkind scheint ziemlich klein zu sein,
ungefähr so groß wie die komischen Vögel und Mäuse,
mit denen es spricht… oder sind die Tiere so groß?
Da fällt mir ein, dass man von Gegenüber manchmal
ein Lied hört, in dem gibt es Pillen, die einen groß
und klein machen … und Pilze, die sieht man jetzt
auch … Mama meint, die da drüben würden Drogen
nehmen und davon wird man verrückt ...“
A: „Hmhm.“
P: „Ich werde immer durcheinanderer und weiß nicht,
ob ich jetzt wirklich noch im Kino bin, weil ja gar
kein Santa mehr ist und irgendwie erinnert mich das
Mädchen jetzt an das vom Popcornstand, das so eine
Kette anhat die mal im Fernsehen gezeigt wurde, das
„Peace“ Zeichen wär das, daran würden sich die
Hippies erkennen … was ist, wenn das Popcornmädchen
mir Drogen gegeben hat? Und ich jetzt verrückt bin?
Und ganz weit weg zur Erholung muss wie Tante
Marge?“
A: „Hmhm.“
P: „Auf einmal ist Santa zurück, aber das hilft
nicht wirklich, denn die Kinder werden immer
aufgeregter und jetzt taucht ein riesiges Kaninchen
auf, mit starren Augen und Weiß ist es, und die
Kinder rennen dem hinterher und war das nicht auch
in dem dem Lied mit den Pillen? Verschwindet gleich
alles in einem Loch? oje ich bekomme richtig Angst …
und dann wache ich endlich, endlich auf."
A: „Hihi"
P: „Was? Wie bitte?“
A: „Wollen Sie mal ziehen?“
See you
F&J&A
(gegeben ward SANTA CLAUS AND THE ICE CREAM
BUNNY)
28.12.2023
Liebe Alle,
Endspurt 2023!
Oder eher: Durchatmen?
Nachdem wir zuletzt so manche Nische deutlicher
ausleuchteten als einigen lieb war, gibt's diesmal
Overground. Wobei wir es auch dabei schaffen werden,
das Jahr mit einem kleinen seuchenbedingten
Weltuntergang ausklingen zu lassen, mit
Schießereien, Zombies, mehr als einem verrückten
Wissenschaftler, einem post-weihnachtlichen
Bonus-Santa und sehr, sehr viel Haarspray.
Wir hätten bis 2024 warten können, um das
vierzigjährige Entstehungsjubiläum von NIGHT OF
THE COMET ordnungsgemäß zu begehen, aber
warum nicht ein bisschen Apocalypso Praecox praktizieren?
Denn manchmal überkommt einen als Kurator ein
dringendes Verlangen – weniger nach sauren Gürkchen
oder einem stillen Örtchen, als nach irgendeinem
bestimmten filmischen Spin. Und weil wir es
können, geben wir unseren Launen umgehend
nach. In diesem Fall beschert uns dies eine heftige
Dosis 80er-Jahre-Ästhetik, gespickt mit Neon,
kokainkühlen Sets, Arcade-Video-Games,
experimentellen medizinischen Behandlungsmethoden,
V8-Motoren und schlimmen Klamotten an launigen Brats.
So ziemlich jeder Verantwortliche versuchte zu
verhindern, dass der Rookie-Drehbuchschreiber Thom
Eberhardt seinen Wunsch erfüllen könne, auch noch
Regie zu führen. Vergeblich, aber: gegen jede
Wahrscheinlichkeit – und ganz unüblich für eine von
uns getroffene Auswahl – war der Film seinerzeit
kein Flop, sondern spielte als kleiner
Überraschungserfolg ein Vielfaches seines
bescheidenen Budgets von 700.000 USD ein. Ein
seltenes Beispiel, bei dem die Begeisterung für die
eigenen Ideen das Werk nicht hat durchschmoren
lassen, sondern der Sache ganz gut tut.
Aber seid beruhigt: es ist immer noch die Trashnite,
und entsprechend wird kein Mangel an gurkigen
Momenten zu beklagen sein. Umso mehr vielleicht der
haartoupierende Soundtrack, je nach persönlichem
Verhältnis zu Powerrock und Leidensfähigkeit.
See you!
F&J&A
Es gab 48 Trashnites in 2023!
DISCLAIMER: Wir neigen zur Faulheit.
Die Playlist wird unregelmäßig ergänzt und ist daher
nie auf dem neuesten Stand.
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