2013
Mi, 16.02.2013
Aus der Einladung:
"Hochverehrtes Publikum, die erste Trashnite im
neuen Jahr ist gleichzeitig die letzte im alten
Semester – Grund genug, bleibende Eindrücke zu
schaffen!
Dabei helfen uns einmal mehr zwei japanische
Regisseure, als da wären der immer noch aktive und
notorisch bekannte TAKASHI MIIKE und der bereits
1983 an Leberzirrhose verstorbene und
ungerechterweise ziemlich vergessene SHUJI
TERAYAMA. Letzterer wurde bereits vor vielen
Jahren mit einem "Best of unglaubliche Kurzfilme"
Special bei der Trashnite gewürdigt und sei allen
an die Hand gegeben, die glauben, schon so
ziemlich alles gesehen zu haben. You're wrong!
FRUITS OF PASSION
Japan 1981
Allen, die uns des Populismus beschuldigen mögen,
ausgerechnet jetzt einen Film zu zeigen, in dem
Klaus Kinski unter anderem an ziemlich jung
aussehenden Japanerinnen herummanipuliert, denen
sei entgegnet: der ist schon ganz lang auf der
Liste! Die Frucht ist jetzt überreif und fällt ins
Publikum, welches sich mit einer kruden und schwer
verdaulichen Mischung aus Arthouse-Allüren,
politischem Drama, Kostümschinken, verschwitzen
Fieberträumen der nicht jugendfreien Art und sehr,
sehr bunten Sets konfroniert sieht.
Ganz grob geht es um eine fiese
Erniedrigungsphantasie, die ein dekadenter,
sexuell hyperaktiver Aristokrat (guess who) im
Hong Kong der 1920er Jahre auslebt. Das ist aber
ziemlich wurscht, denn Herrn Terayama ging es
einmal mehr darum, jedes seltsam poetische Bild
auf Zelluliod zu bannen, das in seinem nicht
gerade faulen Hirn herumspukte. Ein völliges
Rätsel bleibt, warum er ausgerechnet den ollen
Kinski – weit jenseits seiner besten Tage –
importierte, um in der ganzen Sache
herumzustolpern, sein Kinski-Ding durchzuziehen
und alles zu versauen. Kommt und spekuliert!
Frank
ZEBRAMAN (ゼブラーマン Zeburaman)
Japan, 2004
Regie: Takashi Miike
Sprechen wir einen Moment über Shinichi Ichikawa.
Der gute Mann hat ein unerfreuliches Leben.
Als Grundschullehrer (3. Klasse) kann er keine
nennenswerten pädagogischen Erfolge vorweisen.
Sein Sohn wird (als Spross eines unpopulären
Lehrers, siehe oben) von seinen Mitschülern
drangsaliert, seine Teenager-Tochter treibt sich
mit viel zu alten Männern herum und seine Frau
betrügt ihn nach „Stlich und Faden“.
Außerdem ist er Fan einer unpopulären 70'er
Superhelden-TV-Serie namens „Zebraman“, die schon
nach der 7. Episode abgesetzt wurde. Dieser Mann
ist kein Millionär, Kein Zeitungsreporter, nicht
mal ein verkiffter Biologiestudentenlümmel oder
ein cholerischer grünlicher Klotzkopf. Dieser Mann
verkleidet sich nicht als Fledermaus und hopst in
uninspirierten, farb- und humorlos gestrickten,
semi - faschistoiden Endlosfilmen von einst
talentierten Regiewunderkindern herum und tötet
(beim Versuch, Bösewichter „gewaltlos“ zur Strecke
zu bringen), Hundertschaften von ehrenwerten
Polizisten.
Dieser Mann verkleidet sich als Zebra, schließt
Freundschaft mit einem behinderten Jungen, der
seine Vorliebe für obskure 70er
Superheldenschmonzetten teilt, ach ja, und er
rettet die Welt vor einer außerirdischen Invasion.
Dieser Mann ist ein „good man“. Kein „bad-man“.
Und schon gar kein „Batman“.
Positives, verspieltes Mittnullerzeugs von
Trashnight-Regular Takashi Miike. Check it out!
Tztztz. Fledermausmann. Absurd.
Teil 2 wird im Laufe des Semesters folgen.
Jörg"
Mi, 24.04.2013
Aus der Einladung:
"Liebe Filmfreundinnen,
liebe Filmfreunde,
ausnahmsweise am vierten Mittwoch im Monat laden
wir Euch in die Kapelle des Isenburger Schlosses.
Wie immer um 19:45.
Ehrlicherweise kennen wir das Thema des gerade
gestarteten Semesters nicht, aber es gibt
zweieinhalb gute Gründe gleich mit einem
Regisseurs-Double-Feature loszulegen:
1. Passen die Filme von Jesus "Jess" Franco zu
ALLEN Themen die es überhaupt geben kann,
2. Verließ Jess uns Anfang des Jahres nach 82
vermutlich recht unterhaltsamen Lebensjahren, in
denen er an rund 200 Filmen mitwirkte (give or
take some).
2,5. Regisseursdoblefeature hatten wir noch
nicht, glaube ich (wer mir anhand unserer Playlist
das Gegenteil beweisen kann, bekommt eine schöne
Portion Filmverstärker).
Let's roll:
SUCCUBUS alias NECROMOMICON alias GETRÄUMTE
SÜNDEN
stammt aus dem Jahr 1966 und ist proppenvoll mit
allem was die 60s Schwingen ließ: flotten
Klamotten (von Karl Lagerfeld, of all people), Sex
hinter Aquarien, experimenteller Kamera und
reichlich Löchern im Drehbuch, die mit Drogen
bestens gestopft wurden.
Nur teilweise durch Faulheit begründet verweise
ich auf eine kurze und warmherige Rezension, die
ausreichend Interesse wecken dürfte:
http://thisisquietcool.blogspot.de/2009/11/jess-francos-succubus-necronomicon-1968.html
Dann heisst es tief durchatmen für einen
Zeitsprung von 22 Jahren vorwärts, in denen es für
den ollen Jess leider nicht immer bergauf ging...
FACELESS
ist einer jener schwierigen Fälle, bei denen ein
Teil der Voraussetzungen einen Hit versprechen,
andere hingegen das genaue Gegenteil - zum
Beispiel das "All-Star-Syndrome", welches so
manchen Film zielsicher in den Abgrund führte.
Erschwerenderweise versammeln sich hier keine
echten Stars, sondern ausschließlich solche, die
ihren Zeit weit überschritten hatten bzw.
tragischerweise nie erreicht… Bereit? Da wären
unter anderem
- Chris "H-Bombe" Mitchum, der nutzlose Sohn des
legendären Robert Mitchum,
- Caroline "Star Crash" Munro, die Schaupielerin
wurde weil "I went to art school in Brighton but
I was not very good at it. I just did not know
what to do",
- Helmut "Salon Kitty" Berger, der nach einem
vielversprechenden Start als Visconti-Mime seine
Karriere mit einem Naziporno-Ausflug ruinierte,
- Brigitte Lahaie, die von belgischem Hardcore
in den 70ern zu vertrippten Jean-Rollin-Filmen
crossgradete,
- Stephane Audan, die ihre Karriere von einem
Tatort-Auftritt 1973 über "Käfig voller Narren
2" bis in dieses Desaster führte,
- Telly "Lolli" Savalas, dem hier vermutlich
graue Haare gewachsen wären, tja, wenn…
Eher eine tragische Randnotiz sind die
Gnadenbrot-Rollen für zwei Franco-Veteranen
(Howard "Dr. Orloff" Vernon und Lina "Macumba
Sexual" Romay, die in Francos Filmuniversum
einen Platz hat seit sie die 1970 tragisch
verstorbene Soledad Miranda als meistbeschäftigte
Acrice ersetzen musste)…
Abgesehen von all diesen Insider-Wundern erwartet
uns ein echter Splatter-Stinker mit recht hohem
WTF-Faktor. Bei allen Schwächen und Dummheiten
aber immer noch 10x charmanter als die
allermeisten zeitgenössischen Schlachtplatten.
Check it out!
See ya,
Frank & Jörg"
(Aufführung wurde kurzfristig aus HfG-Gründen
verschoben auf den 22. Mai)
Mi, 26.06.2013
Aus der Einladung:
"Liebe Trashgeneigten,
nach erneuten Verzögerungen die nächste Trashnite
eines holprigen Semesters! Als Wiedergutmachung
fürs Warten und besonders für all jene, die beim
letzten Mal geradezu epische technische Probleme
miterleben mussten und dennoch am Ball blieben,
hier nun ein tiefer Griff in die Schatzkiste.
Dieser dürfte reichlich Stoff zum Nachdenken für
die bevorstehende lange Semesterferienpause
bieten. Also nicht verpassen:
ROBO VAMPIRE
Hongkong 1988
Regie: "Joe Livingstone"
Bereits am 5.7.1993 (!) zeigten wir dieses
Machwerk in der Trashnite, und das gehört noch zu
den am wenigsten erstaunlichen Fakten rund um den
Film.
Seinerzeit war die olle ausgeleierte VHS aus der
Videothek noch ein unerklärliches Mirakel, über
das keine weiteren Informationen aufzutreiben
waren. Außer Fassungslosigkeit ward einem nichts
an die Hand gegeben. Kurz darauf wurde das
Internet erfunden, und kaum 20 Jahre später finden
sich zahllose Kritiken und meist hoffnungslose
Versuche, Handlung und das Ausmaß des Scheiterns
dieses (völlig ernst gemeinten!)
Sci-Fi-Drogenthriller-Fantasy-Actiondingsbums
wiederzugeben.
Sagenhaft die Chuzpe, mit der Produzent Tomas
Tang hier die Abfallprodukte diverser
gescheiterter Filmprojekte zu einem neuen Produkt
zusammenrührt. Ein Erfolgsrezept, welches er
übrigens in einigen anderen von uns geschätzen
Produktionen bis zur Vervollkommnung entwickelte,
bis er leider eines Tages bei einem Brand seines
Büros ums Leben kam. Nach der Entdeckung von ROBO
VAMPIRE durchforsteten wir die Videotheken nach
weiteren Produktionen, die sich bezeichnenderweise
meist in der billigsten Kategorie ganz unten im
Regal fanden… einige der bizarrsten Trashnites
waren dank Titeln wie COUNTER DESTROY die
erfreuliche Folge.
Sein Stil war klar der Zeit voraus, hat er doch
einen enorm desorientierenden Effekt, der erst in
jüngster Vergangenheit von dubiosen Designerdrogen
wieder erreicht wird.
Wer sich nicht vorstellen kann, dass man eine
Mischung aus ROBOCOP, A CHINESE GHOST STORY,
Söldner-, Kung-Fu- und Vampirfilm hinbekommen
kann, muss sich hier eines besseren belehren
lassen. Alle anderen lernen auch noch was dazu.
Zum Beispiel, dass hier definitiv das schlechteste
Stunt-Double aller Zeiten zum Einsatz kommt.
Hierzu zitieren wir einen fiktiven, aber sehr
realistischen Dialog, den sich die Kollegen der
"encyclopedia obscura" ausgedacht haben:
...Meanwhile, the priest is talking to some
guy who is somehow connected to the drug boss.
The priest thinks that the ambush earlier must
have been the result of treachery, and suggest
that all the drug dealers involved in the
operation must be terminated. This was of course
not what the scene originally was about, but an
excuse to insert a scene where drug dealers are
killed in the other movie, which has no robots,
vampires, ghosts or kung-fu people and is
therefore infinitely inferior.
Some people we've never seen before bust into
a church to confront a priest about some
disappeared drugs. So not only was the added
dialogue in movie #1 a flimsy excuse to cut to
movie #2, the altered lines also failed to
actually be relevant to what they were supposed
to set up. Also, the plot temporarily moves from
Asia to Mexico or Puerto Rico or Colombia or
something. The thugs accidentally find the
missing drugs inside a crucifix, but when
they're about to kill the priest, a blonde woman
we've never seen before appears and blasts away
on her machine gun before jumping out the window
and serving us the most obvious stunt double
ever.
I can only imagine how the casting agent
presented this situation to the director:
Livingstone: So, Sarah, we're shooting the
church stunt today, could you get the stunt
woman ready for make-up?
Sarah: Yeah, about that... She kinda isn't
here, so we had to get someone else.
Livingstone: Well, does she look like the
actress she's standing in for? Sarah: Uh, she's
not as much a 'she' as she is a... em... 'he'.
Livingstone: What? Everybody is going to
notice if a big burly stunt guy suddenly takes
over!
Sarah: In fact, he's quite a bit shorter than
her. I think it will work out, though, as soon
as the interpreter has managed to explain what
he's supposed to do.
Livingstone: He's a Mexican?!
Sarah: No, no, he's Asian.
Livingstone: Oh god, please tell me his skin
color is at least close to white!
Sarah: Actually, he's one of those dark ones.
Livingstone: Jesus Christ, just give him a
damned wig and get him ready. I'll see what I
can do.
Sarah: Yeah, that's another thing. We can't
find the long blonde wig, so we'll have to
settle for a short grey one. And the interpreter
isn't completely sure, but he thinks the stunt
guy refuses to shave his moustache. The name of
the casting agent has been altered in the above
dramatization, not just because I want to
protect her privacy, but also because this movie
has no end credits.
Überzeugt? Bonus: wir zeigen die ORIGINAL VHS
Kassette, die bereits vor 20 Jahren in der
Trashnite lief!
Superbonus: es handelt sich um die deutsche
Synchro, die eine Meta-Ebene einzieht, die sich
gewaschen hat. You won't believe it.
Als wäre das alles noch nicht genug, schieben wir
das amerikanische Pendant in Bezug auf das Level
der Lücke zwischen Anspruch und Umsetzung
hinterher, das sich da nennt
R.O.T.O.R.
USA 1989
Regie: Cullen Blaine
R.O.T.O.R. is bad beyond any scale known to
man. Its so epically bad that its AWESOME. It’s
like discovering Troll 2 again. Everything about
it is just painfully awful but you can’t help
but smile the entire time. I mean when one scene
shows an alarm clock going off at 5:00 am and
then not more then 1/1000 of a second later the
clock says 4:50…you know you’re in for a good
time.
In diesem Sinne!
Frank & Jörg"
Mi, 23.10.2013
Aus der Einladung:
"Wir zünden diesmal ein anglo-italienisches
psychedelisches Feuerwerk, mit original Stoff aus
den 60ern!
WONDERWALL
England 1968
"The first thing that comes to mind, a few
minutes after finishing the film, is 'This must be
what it's like to do peyote, throw up, and then
spend two hours staring at your vomit and
marveling at how wondrous and beautiful your
former lunch now looks….' " Ein lang verlorenes
"Meisterwerk", so sehen es zumindest einige
Kritiker.
In die Handlung rund um einen verklemmten
Professor, der ein Loch in einer Wand entdeckt
durch welches er seine Hippie-Nachbarin beobachten
kann, ist nicht so viel Energie geflossen – um so
mehr in die visuelle Ausgestaltung dessen, was er
zu sehen bekommt! Doppelter Nutzen als
bewußtseinserweiternder Filmspaß und lehrreiche
Zeitmaschine mit Einstellung auf das Swinging
London. Wir sehen und hören eine nagelneue
restaurierte Fassung in voller Pracht!
FEMINA RIDENS
Italien 1969
If there’s one thing I always appreciate,
it’s a movie that completely fucks with audience
expectations.
In der (lateinisch) "lachenden Frau" (im
englischen Sprachraum aber lieber übersetzt mit
"The Frightened Woman") haben wir es wiederum mit
einem Mann zu tun, der sich an einer fremden Dame
delektieren möchte.
Da es sich allerdings um einen Streifen aus der
deliriösesten Phase des italienischen Kinos
handelt, kommt einiges so ganz anders als
erwartet. In Punkto Stilsicherheit, Design und
Coolness wird hier gegenüber den englischen
Kollegen sogar noch so manches Schippchen
draufgelegt, was den Film zu einem echten
Schmuckstück aus dem Trasnite-Tresor macht.
Elegante Regie, Schauspieler in Höchstform,
verquerer Plot und feiner Soundtrack – persönliche
Empfehlung!
See you
Frank & Jörg"
Mi, 20.11.2013
Aus der Einladung:
"Liebe Filmfreundinnen, liebe Filmfreunde, weiter
geht's mit unserem Wintersemesterprogramm und dem
doch eher dankbaren Thema "Surrealismus"!
BLUEBERRY
Frankreich/Mexiko 2004
Manche Stinker reifen in aller Ruhe vor sich hin
wie ein Handkäs – 10 Jahre nach Veröffentlichung
ist nun bei BLUEBERRY die Stunde der Verkostung
gekommen. Warum Jörg Euch diese Produktion ans
Herz legt, erzählt er Euch am Mittwoch in der
Kapelle höchstpersönlich.
Sein Text hat mich leider nicht mehr rechtzeitig
erreicht, deshalb belasse ich es mit falsch aus
dem Gedächtnis zitierten Begründungen: "Total
bescheuert" aber auch "irgendwie ganz geil" von
einem "Trottel" gedreht, der auf halber Strecke
der Dreharbeiten etwas zu viel Kaktus genascht hat
(da werden wir immer hellhörig) und sich daher
entschloss, dem Streifen einen etwas anderen Drall
zu verpassen. Viele Kritiker waren entnervt von
der sogestalt begründeten 10minütigen CGI-Orgie,
aber die muss natürlich durch unseren berüchtigten
Glaubwürdigkeitstest für Drogenvisualisierungen.
Testet mit!
Hoppla! In allerletzter Sekunde erreicht mich
soeben Jörgs Darstellung der Dinge:
Der Satz „Im wesentlichen beibehalten wurde der
Name des Titel gebenden Hauptdarstellers“
beschreibt diesen entzückenden Psychedelischen
Western-Clusterfuckup, der nun so gar nichts mit
der gleichnamigen Comicserie des Autoren
Jean-Michel Charlier und des Comic-Künstlers Jean
„Moebius“ Giraud gemein hat, recht präzise.
Der von Indianern großgezogene Mike S. Blueberry
, gespielt von Vincent Casselle, durchlebt und
durchleidet eine mit zunehmender Dauer des Films
immer verworrener anmutende Transformation vom
klassischen Westernheld mit tragischer
Vergangenheit zu... ja, zu was eigentlich?
Regisseur Kounen, einigen von euch sicherlich
bekannt durch den etwas großmäuligen Off-Beat
Gangsterfilm „Doberman“ bzw. die erfolgreiche
Verfilmung des Werber-gone-batshit-crazy Romans
„99 Francs“, scheint mit jeder Minute, die der
Film andauert, weniger Interesse an seiner eigenen
klassisch-biederen Genre Rachestory zu haben und
bevorzugt es, mal mehr, mal weniger erfolgreich,
ein vage esoterisches, Drogen – und CGI getränktes
Westernpsychedelic-Selbstfindungspuzzel
zusammenzudelirieren dessen spektakuläres Finale
dann um so mehr dadurch überrascht, dass es den
längst in Sack und Asche erzählten,
vernachlässigten Plot zu einem schlüssigen Ende
zusammengeknibbelt bekommt.
Ursächlich dafür verantwortlich dürfte Kounens
während der Vorbereitung zu dem Film aufgeflammtes
Interesse an Ajyahuasca, Peyotel und ähnlichen
Substanzen gewesen sein, welches er in der
durchaus interessanten Dokumentation D'autres
mondes ein wenig disziplinierter und trashferner
erneut zum Thema machte und das diesen wirren
Genremix zumindest um einige Szenen bereichert,
die in einschlägigen Kreisen als ernstzunehmender
Versuch gewertet werden, die an sich nicht visuell
übertragbaren Bildwelten herber psychedelischer
Innerspacereisen auf die Leinwand zu bugsieren.
Mag der Film auch gewisse Längen aufweisen,
holperiges Schauspiel von überforderten Weltstars,
und bestürzend kitschig-unauthentisch wirkende
echten Shamanenperformances zu einer krude
Icherfahrungssuppe zusammenrühren die einen mehr
als einmal etwas ratlos in den Sitzen hängen
lässt: dreimal im Hirn geschüttelt UND gerührt,
kann man, etwas guten Willen vorausgesetzt,
erstaunliches aus dieser Westerntrashperle
herausfiltern und sich um so mehr auf den nächsten
Jodorowski-Film freuen
JR
„Looks like the West just swapped wild for
weird.“ (Jamie Russel, BBC)
Nach dem High kommt das Down, und zwar ein
amtlich tiefes, geradezu unterweltliches in Form
von
ERCOLE AL CENTRO DELLA TERRA
a.k.a. Hercules And The Haunted World
a.k.a. Hercules In The Haunted World
a.k.a. Hercules At The Center Of The Earth
a.k.a. Hercules vs the Vampire
a.k.a. Vampire gegen Herakles
Italien 1961
First things first. This is a flick about a
guy with lots of muscles who hates, and I mean
hates, clothes in any shape, form, or color if
they would cover his pectorals.
Schon länger haben wir keinen Film vom
hochverehrten Mario Bava gezeigt, was wir hier in
aller Form wettmachen. 1960 entwickelte er mit
seinem Erstling Maschera del Demonio bereits einen
unverwechselbaren Punch – keiner konnte allerdings
ahnen, dass er erst in Farbe und Cinemascope so
richtig in Schwung kommen würde!
Aus dem Stand hebt Bava das Sandalenfilmgenre
ungefähr so mühelos auf ein neues Niveau wie sein
Protagonist mit kühlschrankgroßen Felsbrocken um
sich wirft. Fast glaubwürdig kommt das rüber durch
die Besetzung des Ercole mit Reg Park,
a bodybuilder of some noteriety, having been
beat out by none other than Steve Reeves in 1950
for the Mr. Universe title, Reg came back and
took the title outright in 1951, 1958, and 1965.
The man knew how to work!! We're talkin' Mr.
Universe here! Damn!
Unglaubwürdigen Quellen zufolge entstanden in den
60ern mehrere hundert Filme in Italien, die antike
Mythologien in Drehbücher umschliffen, aber keiner
sieht aus wie dieser. Wort.
Bava elevates this into something like
psychedelic poetry, dammit.
Jedem einzelnen Werk von Bava sieht man an, dass
er mit unerschütterlicher Leidenschaft Filmemacher
war, der das Licht erst ausmachte wenn er etwas
verzauberndes und verblüffendes im Kasten hatte.
Zudem war er ein verdammt talentierter Handwerker,
der sich auch noch die Spezial- und Kameraeffekte
selbst ausdachte und aus ein paar Lire
Wunderwelten erschuf.
You can actually have sunrise and sunset all
in the same shot and get away with it if you're
Mario Bava!
Geölte Muskeln, Pappmachémonster, Primärfarben
und Geflacker:
... it's the Grateful Dead at the Fillmore
West, it's early Pink Floyd at the UFO Club.
It's pure, unadulaterated movie magic for
Chrissakes.
Und wer glaubt, dass fliegende Zombie-Vampire
eher so klingen als ob die frühestens ab den
Nuller-Jahren erfunden worden wären wird auch
eines besseren belehrt!
Herc has to kick a whole lot of dead ass in
the end…
Oh, und Christopher Lee spielt auch noch mit. Bei
unserem Rating schließen wir uns dem für heute
letzten aus dem Netz geräuberten Zitat an:
Excellent Hercules film -- the best
of all!
See you! Frank & Jörg"
Mi, 18.12.2013
Aus der Einladung:
"Hochverehrtes Publikum,
am Mittwoch geht es in die letzte Runde für dieses
Jahr, und da ihr Euch in den Feiertagen schön
erholen könnt, servieren wir 2x Überlänge! Los
geht es mit
MACBETH
von Roman Polanski, 1971*
Sollte ein Kumpel von Euch am letzten Wochenende
eine Zeitmaschine erfunden haben und ihr mit dem
Gedanken spielen, mal so in die Zeit um 1050
reinzuspazieren - tut es erst, wenn ihr diesen
Film gesehen habt! Es könnte sein, dass ihr das
Rädchen doch lieber auf eine andere Epoche
einstellt.
Das frühe Mittelalter zeigt sich hier als eine
dermaßen trostlose, verregnete, feuchtkalte,
brutale und abgrundtief verkommene Angelegenheit,
dass man sich wundert, wie zum Teufel überhaupt
irgendjemand übrig blieb, um sich weiter durch die
kommenden Epochen zu schleppen. Die Damen und
Herren von der schottischen Tourismusbehörde haben
vermutlich den Schreck ihres Lebens bekommen, als
sie Polanskis Schlamm- und blutverkrusterer
Version des ollen Shakespearedramas ansichtig
wurden. Binnen zweieinhalb Stunden bekommt man
reichlich Argumente geliefert, den nördlichen Teil
der britannischen Insel tunlichst zu meiden, und
wenn heute Alkohol und Fastfood für die kürzeste
Lebenserwartung in der EU verantwortlich sind –
damals lags an anderen Sachen. Und die bekommen
wir alle zu sehen! Bände sprechen die ratlosen
Reaktionen der Jugendschutzbehörden (FSK 16, ab 15
in UK, ab 18 in Irland), vermutlich weil es kein
adäquates Rating für "niederschmetternde,
lakonische Grausamkeit" gibt. In dieser Kategorie
läge MACBETH so bei "ab 25".
Nun ist es ja nicht überraschend, dass sich ein
Regisseur klassischen Stoff vornimmt, aber
Polanskis Zugang ist bitterer motiviert als einem
lieb sein kann. Nur zwei Jahre vor Drehbeginn
wurde seine schwangere Frau samt einigen seiner
Freunde im leider wahrsten Sinne des Wortes
abgeschlachtet - die Täter manipuliert und
angetrieben vom charismatischen, aber wahnsinnigen
Charles Manson. In diesem Kontext ist die Handlung
um einen größenwahnsinnigen, von Visionen
gesteuerten König, der seine Herrschaft mit Mord
begründet hat und aufrecht erhält, schon ziemlich
starker Tobak. Polanski stritt zwar stets diese
direkten Bezüge ab, woher er allerdings sonst die
Motivation gezogen haben könnte, dieses Ding hier
abzuliefern liess er offen.
Erstaunlicherweise gibt es trotz dieser
Warnhinweise dennoch reichtlich Gründe, MACBETH
anzusehen - teilweise sind diese sogar identisch
mit jenen! Dazu kommen eine exquisite Kamera,
Spitzenschaupieler, und ein ganz eigener düsterer,
psychedelischer Sog.
Wer also Schwerter klappern hören möchte, kann
sich überbudgetierte Zwergenfilmchen sparen (sorry
Peter "Bad Taste" Jackson, wir haben Dich geliebt)
und sich den echten Stoff reinziehen. Englisch mit
englischen Untertiteln, versteht sich.
Wenn wir unsere zitternden Hände dann mit einem
schönen Scotch beruhigt haben, bleiben wir in
Küstennähe und nähern uns einer weiteren
mythischen Gestalt, nämlich
POPEYE
von Robert Altman, 1980
Kennt ihr die Comics? Man könnte sagen: egal!
Vielleicht ist dann alles noch ein bisschen
surrealer. Oder gerade andersrum?
Ein früher Vorläufer der Comicverfilmungen, von
dem es meines Wissens noch kein 3D-Remake gibt -
wohl aus gutem Grund! Ein Desaster epischen
Ausmaßes und ein möglicherweise etwas
problematischer Karrierestart für Robin Williams,
der hier – in seinem ersten Film, also noch bevor
es eine vernünftige Ausrede gab, Star-Probleme zu
haben – bereits dermaßen dem Kokain zugetan war,
dass nur die Flucht ins Overacting blieb.
A balding, muttering, one-eyed sailor with a
seemingly stroke-induced speech impediment, a
filthy, chewed-up corncob pipe jammed in the
corner of his slack mouth at all times (even
while asleep), freakishly swollen forearms and
possibly rickets (or at least severe hip
dysplasia)? This was leading man material?
Someone evidently thought so…
An seiner Seite sehen wir Shelley Duvall,
fresh off of being psychologically tortured
by Stanley Kubrick on The Shining, would appear
as Olive Oyl, by her own reluctant admission the
“role she was born to play.” … And while many
films were made under the influence of coke, few
show it as clearly as Popeye.
Watching the movie is like being in a room
with thirty people all snorting lines and
yelling half-baked epiphanies at each other,
flitting from subject to subject and mood to
mood on a moment's notice.
Therefore, Popeye is, on a moment's notice, a
broad Marx Brothers-esque comedy, a romance, a
song-and-dance show, a leaden ensemble drama, a
period piece, an intellectual homage to the old
cartoons, an interior monologue, and a
swashbuckling adventure. What it is through all
of these is a fucking mess. I can't think of any
kid who would enjoy it.
See you! Frank + Jörg
* Produziert wurde MACBETH übrigens
unerklärlicherweise von Hugh "Playboy" Hefner;
hier prallten Welten auf eine Art und Weise
zusammen, die nur in den 70ern möglich war.
Es gab 6 Trashnites in 2013!
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