2009
Mi, 21.01.
ALTERED STATES
Regie: Ken Russel, USA 1980
EDGE OF SANITY
Regie: Gerard Kikoine, UK 1988
Aus der Einladung:
"Die Handlung in Kurzform:
Forscher experimentiert mit Pilzen und verliert
den Faden.
Konnte Ken Russel bereits in seinen früheren
Werken wie DIE TEUFEL eine gewisse Neigung zu
psychedelischer Bildsprache nicht leugnen, so
entschloß er sich offenbar bei ALTERED STATES das
Crewcatering komplett auf Pilzomelett umzustellen,
die Studiotür von innen abzuschließen und den
Schlüssel aus dem Fenster zu werfen. Als Ergebnis
erwartet uns allerhand metaphysisches Brimborium,
ein beeindruckender Schwanengesang der analogen
Trickoptik, Oscar-nominiertes Sounddesign , der
hoffnungslos unterschätzte William Hurt in seiner
ersten Hauptrolle (und Drew Barrymores
Leinwanddebut).
Bei uns gibt es natürlich die Originalfassung in
Widescreen.
"Our altered states are as real as our waking
ones!"
Danach springen wir der Thematik entsprechend in
der Zeit sowohl vorwärts wie zurück; von einem
1980 in der Gegenwart handelnden Film zu einem
acht Jahre jüngeren, der in den 80ern des 19.
Jahrhunderts spielt, dabei expressionistische
Optik der 1920er mit Technicolorfarben der 1960er
Jahre und Wave-Look circa 1983 kombiniert; bitte
anschnallen!
Die Handlung in Kurzform:
Forscher experimentiert mit Pülverchen und
verliert den Faden.
Man kann Schmuddelfilmer Kikoine alles mögliche
vorwerfen, aber nicht, dass er es mit EDGE OF
SANITY nicht geschafft hätte, aus seinem
begrenzten Budget das letzte herauszuholen. Tolle
Kamera, üppige Sets und eine extrem spielfreudige
Besetzung, die mit diebischer Freude unter dem
Deckmäntelchen des moralisierenden
Jekyll+Hyde-Dramas einen Backstein aufs Gaspedal
legt und eine sex- und drogenverseuchte Trashbombe
zusammendeliriert. Anthony "Psycho" Perkins zeigt
drei Jahre vor seinem Tod noch mal was er wirklich
drauf hatte und erspielt sich hier einen ganz
dicken Trashnite-Award --- Pflichtprogramm!
Wir sehen natürlich die Unrated Originalfassung,
10 Minuten länger als die Erstveröffentlichung ;)
"A sick, unpleasant piece of trash with
Perkins at his worst."
Was um himmelswillen das alles mit dem
Semesterthema Dokumentarfilm zu tun hat – nun, das
erklären wir gerne am Mittwoch persönlich im
Rahmen unserer kostenlosen, anonymen
Drogenfilmberatung."
Mi, 22.04.
Aus der Einladung:
"Das hochoffizielle Sommersemesterthema des
Filmbereichs ist "Jetzt gibts was auf die Ohren",
und oh ja, dazu fällt uns etwas ein:
BLIND BEAST
von Yasuzo Masamura, Japan 1969
Wir ergänzen quasi die gerade gelaufene
Pink-Film-Reihe der Nipponconnection mit eigenem
Beitrag!
Blinder Bildhauer entführt SM-Fotomodell, um
vermittels Abtasten ihrer Konturen die ultimative
Skulptur schaffen zu können.
Als Drehbuchidee eigentlich eine Steilvorlage für
einen schmierigen, nipponesk-misogynen Softporno;
allerdings nimmt sich Regisseur Masamura die
Freiheit daraus ein einzigartiges Kammerspiel mit
bizarrer Optik zu zaubern. Fast ausschließlicher
Handlungsort ist das Atelier, welches ungefähr
aussieht wie der Fiebertraum eines sexuell
notleidenden Surrealisten mit Übergrößenfetisch.
In diesem entfaltet sich aus Hass und Anziehung
ein zerstörerischer sadomasochistischer Strudel,
der Oshimas sieben Jahre später entstandenen IM
REICH DER SINNE wie einen heiteren Bumsfilm
erscheinen lässt.
Im steten Halbdunkel spielend wird die Bedeutung
des Sehens (für die Protagonisten, nicht für
Zuschauer!) zugunsten der anderen Sinne reduziert:
siehe Semestherthema! Auch deshalb natürlich
japanische Originalfassung mit engl. UT,
ungeschnittene Fassung, Widescreen.
Trashnite-Prädikat: Weird ++
KUNG FU KANNIBALEN aka WIR
KOMMEN UND WERDEN EUCH FRESSEN
von Tsui Hark, Hong Kong 1980
Der Abenteurer und Kopfgeldjäger "Der Falke" hat
sich an die Fersen des angeblichen Mörders Ching
Lung geheftet und diesen in das Gebiet von Tong,
jenseits des Flusses geführt. Die dort herrschende
Hungersnot hat die Bevölkerung zu einer kreativen
Frischfleischgewinnung gebracht...
Ausnahmsweise mal keine Schwindelei der deutschen
Titelausdenker: hier gibt es wirklich Kung Fu UND
Kannibalen, und zwar reichlich von beidem! Tsui
Hark konnte in seinem Erstlingsfilm zeigen, wie
man aus einem reismattendünnen Budget durch wilde
Kameraführung, radikalen Schnitt und extrem
unattraktive Nebendarsteller einen handfesten
Bahnhofskinokracher macht.
Besonders hervorzuheben ist die atemberaubende
deutsche Synchro, welche den Film hinsichtlich des
Semsterthemas gleich zum doppelten Treffer macht."
Ein 1a Start ins neue Semester, und einmal mehr
durften wir Debütanten und Debütantinnen begrüßen
und trotz zunehmend morscher Technik im
Filmbereich in die wunderbare Welt des Schundfilms
einführen.
Mi, 20.05.
Aus der Einladung:
TERROR AT THE OPERA
von Dario Argento, Italien 1987
Schon lange haben wir keinen Film des Altmeisters
mehr gezeigt, und seine neueren Produktionen
werden es aufgrund zunehmender Jämmerlichkeit
möglicherweise nicht mal mehr in unser Programm
schaffen. OPERA allerdings hat durchaus eine
Aufführung verdient, ist er doch eines der letzten
Paradebeispiele für Argentos konsequenten Ansatz
"Scheiss auf die Logik, solange es gut aussieht".
So geraten wir also in einen wirren und
gewalttätigen Plot dessen visuelle Fliehkraft
nicht nur den Zuschauer schwindlig macht, sondern
auch so manchen Filmcharakter in einen blutigen
Abgrund schleudert. OPERA hat eine extrem
komplizierte Veröffentlichungsgeschichte und
schaffte es zumeist nur in entweder lausiger
Qualität oder verstümmelter Form auf Video und
DVD. Daher haben wir für Euch die bestmögliche
Version importiert, damit ihr einen anschaulichen
Blick ins Gehirnkästchen eines krankhaften, aber
stilsicheren Sadisten werfen könnt (wir meinen den
Regisseur). Und oh ja, gesungen wird auch!
Trashnite-Rating: Klassiker ++
OPERA ist die 333. Aufführung in der
Trashnitegeschichte! Das muss gefeiert werden. Wir
nahmen uns daher vor, im Anschluss einen Film zu
zeigen wie er gegensätzlicher nicht sein könnte.
Nach langer, harter und selbstloser Recherche
steht fest: wir schaffen es!
SOUL VENGEANCE
von Jaamaa Fanaka, USA 1975
Die Fallhöhe zwischen Argentos üppiger, gut
budgetierten Super-35mm Orgie und Fanakas
schundigem Ghettodrama lässt sich eigentlich nur
mit einem Fallschirm schadlos überstehen, aber wir
stehen Euch bei! WELCOME HOME, BROTHER CHARLES
(Alternativtitel) erzählt von eben jenem Charles,
der von fiesen weissen Bullen nicht nur in den
Knast getrickst wird, sondern obendrein durch
skandalöse Polizeigewalt auf das schwerste an
seinem kleinen Soul Brother verletzt wird. Durch
eine im Knast erlernte Mischung aus afrikanischer
Voodoo-Power und Mutation (?) kann er jedoch das
daraus erwachsende Handikap ins Gegenteil
verkehren und auf sehr spezielle Weise Rache an
seinen Peinigern nehmen... Gerüchteweise war der
Film bei seiner Veröffentlichung noch expliziter,
allerdings lässt sich dies nicht mehr verifizieren
und ist möglicherweise begründet im Mißbrauch
kontrollierter Substanzen durch damalige
Spätvorstellungsbesucher in irgendwelchen
Abrisskinos. Nie sah Amerika schäbiger und mehr
nach dritter Welt aus als in SOUL VENGEANCE, und
alles ist echt!
Atemberaubend! Ungefähr so, wie den Kopf in eine
Mülltonne zu stecken, die hinter einem billigen
Fischladen in einem miesen Viertel schon sehr
lange in der Sonne steht...
Trashnite-Rating: Grindig +++
Mi, 17.06.
Aus der Einladung:
zügig gehts durchs Semester und nächsten Mittwoch
um 19:45 in Raum 09 (da um 20:00 die Schule
abgeschlossen wird) dürft Ihr schon der vorletzten
offiziellen TMN beiwohnen. Gradezu sklavisch
streng an das Semesterthema des Filmbereichs "Ton
- unser Klangkumpel in allen Lebenslagen"
andockend, eröffnen wir unser Familien-Drama
Double-Feature mit
Takashi Miikes
HAPPINESS OF THE KATAKURIS
Japan 2001, OmEU
Extremist Miike gibt sich familiär: erleben wir
die gebeutelte Familie Katakuris bei ihrem
Versuch, durch das Betreiben einer kleinen,
bescheidenen Pension irgendwo im ramschigen
Hinterland ihre diversen familiären Probleme durch
konstruktives, gemeinsames Arbeiten und Leben zu
meistern. Dumm nur, dass schon der erste Gast in
der ersten Nacht binnen Minutenfrist als Leiche
endet und er weiß Gott nicht der einzige bleiben
wird. Wird es der Familie gelingen, durch
konsequentes Verbuddeln der immer inflationärer
auftauchenden Leichen die Behörden zu täuschen und
als Familie zu bestehen? Wieviele famose
Bollywoodeske Gesangs-und Tanzeinlagen von
deutlich NICHT ausgebildeten Sängern und Tänzern,
wieviele aus heiterem Himmel über den verblüfften
Zuschauer hereinbprasselnde Knetanimationen,
wieviel Herz und Blut benötigt das perfekte Happy
End? Oder gibts diesmal keins? Wir reden hier
immerhin von Miike, der auch mal gerne während
eines Bulle/Yakuza-Shootouts die ERDE explodieren
lässt.
Lasst euch vom Meister des
Musical-Splatter-Knetanimations-Tanz-Romantik-Familiendramawahnsinns
das Herz rühren...
(based on "The Quite Family", Korea 1998 -
gleiches Thema, kein Gesang, keine Animation. So
there.)
Trashnite-Rating: Miike. Miike, Miike.
Kaum haben wir unsere nach soviel Melodram mit
Rotz und Wasser verklebten Körperöffnungen mit
Sake gespült, da bricht schon das Grauen aus dem
Weltall (?) über eine andere, gesanglich nicht
minder untalentierte Familie herein:
ROBOT MONSTER
"Regie": Phil Tucker
USA 1953
a.k.a. Monsters from the Moon, The Monster from
Mars
Strahlen aus dem All, vom Mars, dem Mond oder
sonstwo, sorgen für Untergangsstimmung und
atomkriegsartige Zustände. Sechs Menschlein
überleben in typischer
Endzeitkatastrophen-Schicksalsgemeinschaftler-Mannschaftsaufstellung
(Ein Professor, seine Frau, Tochter Alice, Göre
Johnny, Schwester Carla und
Charles-Atlas-Lookalike Roy als Nachwuchs-Hühne).
Als Drahtzieher der ganzen Misere schicken die
unterirdisch miserabel ausgestatteten
Außerirdischen "Ro-Man" (eine Art vorgezogene
Terminator-Prototype zur Erde) um sicherzustellen
dass es auch nicht ein Menschlein überlebt hat.
Die Sache. Mit den Strahlen.
Nun haben wir im Laufe unserer über 300
Aufführungen ja wirklich schon so manches zu
Zelluloid geronnenes Hungerbudget bestaunen
dürfen, Phil Tuckers Endzeitdrama unterbietet
jedoch alles bisher gesehene mit links bzw. dem
billigsten Alien-Kostüm der Filmgeschichte,
Seifenblasen als Special Effects, sparsamster
Handlung und nur einem halben Haus für die ganze
Familie weil sonst zu teuer. Sogar die
Geschwindigkeit des Filmverlaufs ist
energiesparend, um nicht zu sagen surreal
verlangsamt.
Und: Nicht mal die auf dem Kinoplakat beworbenen
3d-Effekte haben es auf die DVD geschafft. Dafür
1a neuer Transfer vom Originalnegativ. Wir sagen:
BRING IT ON Fünfziger!
Trashnite-Rating: Verblüffend +++
Mittwoch, 01.07.2009
Sonderveranstaltung: FREAX vs. Filmklub vs.
Trashnite
Aus der Einladung:
"Hochverehrtes Publikum,
am Mittwoch erwartet Euch eine erstaunliche
Sonderveranstaltung an der HfG, wird doch
erstmalig das Offenbacher Schundfilmurgesteinduo
FREAX in die ehrwürdigen Hallen (genauer: die
Cafeteria im dritten Stock) eingeladen um
selbige nach allen Regeln der Kunst zumindest
visuell zu besudeln.
Wems nichts sagt, dem sei einerseits mit
Kopfschütteln angesichts solch pophistorischer
Bildungslücken begegnet, andererseits ein
nützlicher Link an die Hand gegeben
und drittens angeraten vorbeizukommen um
erfahrungstechnisch deutlich Upzugraden. Und
zwar pünktlich (19:30), durstig (Bierverkauf!)
und vorsichtshalber mit Windel (wg. Fäkalhumor
und beeumelungsbedingter Einpullergefahr).
Sensationellerweise wird das Ganze finanziert
aus dem Konjunkturpaket II, so dass der Eintritt
untypischerweise FREI ist! Wem dies als weiterer
Anreiz immer noch nicht genügt, der sei noch auf
das programmergänzende Kurzfilmbattle im zweiten
Teil hingewiesen, in welchem der notorische
HfG-Filmklub und die Trashnite mit in den Ring
steigen um zu zeigen was die Residents so auf
der Pfanne haben...
Und: der 1000. Besucher gewinnt einen
Jacko-Wecker!"
Gut besucht, gut gelaunt! Wir danken für den
Besuch.
Mittwoch, 04.11.2009
Aus der Einladung:
"Liebe Freundinnen und Freunde des irritierenden
Bewegtbildes,
am Mittwoch geht es endlich weiter bzw. los mit
der nächsten Semesterrunde, wie immer um 19:45 in
Raum 09 der HfG.
Wir sind wieder dabei auf Einladung von
Professorin Rotraut Pape, die uns mit dem
Semesterthema "Radikale Positionen in Film und
Video" die denkbar günstigste Platform bietet, ein
Programm für Fortgeschrittene zusammenzustellen!
VALERIE AND HER WEEK OF WONDERS
Originaltitel: Valerie a tyden divu.
Tschechoslowakei, 1970.
Regie: Jaromil Jires.
So mancher der von uns gezeigten Filme wurde von
der offiziellen Filmkritik allzu harsch
aufgenommen oder gar gänzlich ignoriert. Dies ist
bei Valerie nicht der Fall, weswegen wir die
geschätzten Kollegen von mitternachtskino.de
ausnahmsweise in voller Länge zitieren. Dies nicht
(nur) aus Faulheit, sondern weil wir uns
vollumfänglich anschließen können:
(HINWEIS: aus Copyrightgründen veröffentlichen
wir an dieser Stelle NICHT den leider nicht mehr
online stehenden schönen Originaltext).
Wer sich jetzt ärgert die Handlung zu kennen, sei
versichert, dass diese Mail im visuellen Strudel
in Vergessenheit gerät. Word!
Die Pubertätsprobleme der heutigen Zeit sehen
hingegen etwas anders aus, wie wir im Folgefilm
erfahren können:
MACHINE GIRL
von Noboru Iguchi
Japan 2008
Unser (etwas kürzeres) Zitat hierzu stammt von
einer schweizer Filmseite:
"Den Schauspielern wird dabei abverlangt,
dass sie ihre Gesichter rot bespritzen lassen
und abenteuerliche Kämpfe in Gedärmen und
Blutlachen absolvieren. Mimik und
Schauspielkunst ist dagegen weniger gefragt. Das
macht eine Beurteilung schwierig, doch die
Akteure verdienen sicherlich Lob für die
Geradlinigkeit und Überzeugtheit, die sie an den
Tag legen. Nur so kommen Sätze wie "Wasch dir
dein Haar mit dem Blut deines Sohnes" richtig
herüber. Solche Texte müssen theatralisch und
mit Innbrunst gesprochen sein, sonst klappt es
nicht."
Genau! "
Fazit: Wir sind stolz auf das smarte Programm und
darauf, dass wir dem anwesenden Publikum
Erkenntnisgewinne über das weibliche Seelenleben
verschaffen konnten, war es doch (mit einer
äußerst charmanten Ausnahme!) rein männlich.
Mittwoch, 25.11.2009
Aus der Einladung:
"Liebe Connaisseure,
am Mitwoch laden wir – krankheitsbedingt leider um
eine Woche vespätet – zur November-Trashnite.
Im klaren Bewußtsein (na, weitgehend!) der zur
Zeit allgegenwärtigen Zombiefilmplage möchten wir
Euch zwei ganz besondere Exemplare vorstellen, die
ungleich viel mehr zu sagen haben als ein Dutzend
Mainstreamproduktionen (na logo!). Zudem passen
die Filme hervorragend zum Semesterthema “Radikale
Positionen in Film und Video”. Und eine sehr
unterhaltsame Kombination ist es auch!
PLAGUE OF THE ZOMBIES
UK 1966
Regie: John Gilling
Hier möchten wir uns ausnahmsweise selbst
ziteren, bzw. aus einem Artikel von Frank Neumann,
der 2010 im Fachbuch "Untot. Zombies in Film und
Theorie" erscheinen wird (hierzu mehr zu gegebener
Zeit):
“Während also (in den 1950er Jahren) in den
USA die Zombies zu lächerlichen Vogelscheuchen
degenerierten, entschloss man sich in den
englischen Hammer-Studios, den mächtigen
Archetypen ernst zu nehmen und in einem
humorlosen Horrorfilm einzusetzen. „The Plague
Of The Zombies“ (1966) knüpft inhaltlich eng an
Vorlagen aus den 1930er Jahren an. Ein
Großgrundbesitzer sieht sich mit streikenden
Bergmänner konfrontiert, welche gegen
lebensgefährliche Arbeitsbedingungen in seiner
Mine protestieren. Seine pragmatische Lösung
besteht darin, die Bevölkerung nach und nach
scheinbar an einer unbekannten Seuche sterben zu
lassen, um sie heimlich wiederzubeleben und in
bewährter Manier als Arbeitssklaven einzusetzen.
Ein junger Landarzt versucht die Vorgänge zu
ergründen; seine attraktive Frau hat jedoch
bereits das Augenmerk des dekadenten Adeligen
auf sich gezogen, was zu weiterer Unbill führt.
Ebenso klassisch wie die Story ist die
eingesetzte Technik: auf Reisen in die Südsee
erwarb der Graf das nötige Voodoo-Know-How.
Mit pittoresken Sets und Kostümen lenkt
Regisseur John Gilling die Erwartungen zunächst
in Richtung eines harmlosen romantischen
Gruselfilms, nur um im Windschatten scheinbar
bekannter Motive umso kompromissloser neue Wege
einzuschlagen. Interessanterweise wird die
Handlung aus fernen Ländern in die englische
Provinz verlegt. Das Vereinigte Konigreich
verlor zwischen 1945 und 1966 rund 25 Kolonien,
eine schmerzliche und widersprüchliche
Erfahrung, die dazu beigetragen haben mag, sich
auf vertraute Gefilde zu besinnen. Statt
idyllischer Verklärung anheim zu fallen (wie
etwa in deutschen Heimatfilm) fördert Gillings
Blick zurück jedoch lange schwärende und auch im
England der 1960er Jahre immer noch aktuelle
Konflikte zutage.
Das kolonialistische Motiv ist noch virulent,
tritt aber zurück zugunsten eines bitteren
Klassentableaus, welches lediglich durch die
zeitliche Einordnung ins 19. Jahrhundert leicht
entschärft scheint. Tatsächlich schafft Gilling
aber ein beißend antikapitalistisches Szenario,
in welchem ein aufgeklärtes, zahlenmäßig
hoffnungslos unterlegenes Bürgertum aufgerieben
wird zwischen skrupelloser Elite und
abgestumpfter Arbeiterschaft. Letzere wird
zwecks konsequenter Profitmaximierung zu einer
ohnmächtigen unterirdischen Existenz degradiert
und so im doppelten Sinne zum Subproletariat,
während die Aristokratie sich damit unterhält
Bürgertöchter in sonambule Sexsklavinnen
umzufunktionieren.
Die Untoten früherer Filme entfalteten ihren
Schrecken bereits durch ihre bloße Existenz.
Starrer Blick, vernachlässigtes Äußeres und
fehlende Interaktionsmöglichkeiten schockierten
als Negation gesellschaftlicher Konventionen.
Gilling verlässt sich vor dem Hintergrund des
Wandels sozialer Codes nicht mehr auf diese
Wirkung, sondern entwickelt seine Zombies weiter
zu agressiv handelnden Opponenten. Er erhöht das
Tempo gegenüber früheren Filmen des Genres
deutlich und begnügt sich nicht mit unheilvoll
drohender Atmosphäre. Action, Mord und Totschlag
werden zu tragenden Elementen und nicht alle
Sympathieträger erleben das Ende des Films bei
lebendigem Leibe. Gillings Untote sind ebenso
alptraumhaft wie die Grundlage ihrer Existenz:
gewissenlose Profitgier. In seiner grimmigen
Härte kann „Plague Of The Zombies“ als erster
echter Vorläufer des modernen Zombiefilms
gelten.”
Trashnite-Rating: Superstreifen!
Und modern, ja sogar postmodern wirds im
Anschluss:
OTTO, OR: UP WITH DEAD PEOPLE
BRD 2008
Regie: Bruce La Bruce
Wir sind nun etwas fauler und zitieren
auszugsweise filmtipps.at :
“Der Kanadier Bruce LaBruce gilt als eine der
schillerndsten Figuren des schwulen
Underground-Films. Mit OTTO hat sich der Experte
für avantgardistische Gay-Porns mit
linksrevolutionärem Inhalt selbst übertroffen:
Berührendes Drama, Coming of Age-Geschichte,
Hardcore, Experimentalfilm, Lovestory und nicht
zuletzt bizarrer Zombie-Film-im-Film. (...) Die
Handlung ist in Berlin angesiedelt, das von
einer schwulen Zombie-Epidemie heimgesucht wird.
Der titelgebende Otto, ein gut aussehender
Gothic-Boy, hadert schwer mit seiner untoten
Existenz (...) Zufällig stolpert unser schwuler
Zombie-Boy einer Avantgarde-Filmemacherin über
den Weg, die ihn kurzerhand für die Hauptrolle
in ihrem antikapitalistischen
Gay-Porno-Zombie-Movie "Up with dead People"
besetzt. Der Film im Film handelt von einem
Zombieaufstand, angeführt von Fritz, dem "Gay
Che Guevara of the Undead", der seine Opfer
infiziert, ins Grab fickt und ihre Eingeweide
frisst - nicht immer in dieser Reihenfolge.”
Musik: Throbbing Gristle, Coco Rosie et al.
Trashnite-Rating: weird ****
cu, Frank + Jörg"
Schmachvollerweise hatten wir es diesmal
verbummelt, die HfG zu verplakatieren und wurden
mit mäßigen Besucherzahlen abgestraft. Die
Anwesenden wurden jedoch mit einem unvergeßlichen
Programm belohnt, und sei es nur die Erkenntnis
wie prätentiös und unbeholfen der Herr La Bruce
durch seine Apokalypse taumelt. Umso schöner die
Erinnerung an die gute alte Hammer-Zeit!
Es gab 7 Trashnites in 2009!
<< 2008
2010 >>
|